Hamburg. Seit zwei Jahrzehnten thront das erfolgreiche Musical im Stage Theater im Hafen – schon bei der Premiere war es ein kleines Wunder.

„Von Geburt an beginnt das Erlebnis, wenn wir uns zur Sonne drehen. Es gibt mehr zu sehen als man je sehen kann“: Mit diesen Versen begann am 2. Dezember 2001 Hamburgs erfolgreichstes Musical. „Der König der Löwen“ erhob sein majestätisches Haupt im Stage Theater im Hafen, und sein Gebrüll ist immer noch nicht verklungen.

Dass Simba und Nala, Mufasa und Scar und Timon und Pumba an diesem Donnerstag ihren 20. Geburtstag feiern dürfen, ist bei allem Erfolg ein kleines Wunder, ganz unabhängig von den Umständen, die seit Frühjahr 2020 für Kultur und Unterhaltung herrschen.

König der Löwen: Premiere während Musicalkrise

Als „Der König der Löwen“ seinerzeit Premiere in der Hansestadt feierte, sprach man auch international von einer „Musicalkrise“. Nach dem großen Popularitätsschub, den das Genre in den 80er-Jahren auch in Hamburg mit Produktionen wie „Cats“ und „Das Phantom der Oper“ erfuhr, gingen die Zuschauerzahlen um die Jahrtausendwende spürbar zurück. Im Londoner Westend strichen innerhalb weniger Monate gleich mehrere Dauerbrenner wie „Cats“, „Starlight Express“ und „Buddy“ die Segel, neue Stücke liefen oft nicht mal ein Jahr.

Das 1994 eröffnete Stage Theater im Hafen.
Das 1994 eröffnete Stage Theater im Hafen. © dpa picture alliance / Bildagentur-online/Joko

Auch in Hamburg war 2001 für „Cats“ (lief fast 15 Jahre), „Das Phantom der Oper“ (elf Jahre) und „Buddy“ (sechs Jahre) endgültig Feierabend, „Mozart“ siechte kurze Zeit später schnell dahin. Musical-Gigant Stella ging in die Insolvenz und die Spielstätten wie das Operettenhaus und die Neue Flora übernahm der damalige Konkurrent Stage Entertainment.

„Der König der Löwen“: Kritiker waren hingerissen

Die Musicallandschaft erschien trostlos wie der Elefantenfriedhof, auf dem im „König der Löwen“ kichernde Hyänen auf Beute lauern. Dennoch sah Stage Entertainment die Sonne golden über der Savanne aufgehen. Eine neue Zeitrechnung zeichnete sich seit der Uraufführung von „The Lion King“ 1997 am Broadway und 1999 in London ab. Die klassischen Schinken eines Andrew Lloyd Webber und Cameron Mackintosh waren nicht mehr gefragt, sondern Musicals mit einem viel breiteren Zielpublikum, mit dem Unterhaltungsgiganten Disney, seinen Kinohits und berühmten Filmmelodien als Markenkern. Damals wie heute ist „Der König der Löwen“ einer der erfolgreichsten Zeichentrickfilme aller Zeiten. Nur drei Jahre brauchte Simba vom Sprung ins Kino 1994 auf die Musicalbühne 1997.

„Seid bereit für die Zeit eures Lebens. Seid bereit für den größten der Coups. Die goldene Ära schleicht näher und näher. Und was springt für uns raus?“, sang man bei Stage im Chor mit dem Löwen-Thronräuber Scar. Bereits Wochen vor der Premiere waren mehr als 50.000 Tickets verkauft. „Seid bereit!“ Ganz nebenbei wurde auch noch die Nachwuchsschmiede Stage School in Hamburg gegründet. Kritiker und Publikum waren hingerissen von den immer noch einzigartigen fantasievollen Kostümen und Figuren der Musicaladaption, von den dramatischen und berührenden Momenten der Handlung und den weltbekannten Melodien von Elton John und Tim Rice: „Hakuna Matata“, „Der ewige Kreis“ und „Kann es wirklich Liebe sein“ sind die bekanntesten.

König der Löwen: 14 Millionen Zuschauer in Hamburg

Und die Beliebtheit von Simbas Reise zu seinem eigenen Ich ist ungebrochen, sowohl auf der Bühne als auch im Kino. Als Disney 2019 eine computergerendertes Neuverfilmung von „Der König der Löwen“ veröffentlichte, rannten die Menschen wie eine panische Gnu-Herde in die Säle. Sie trieben das seelisch etwas sterile, technisch aber beeindruckende Leinwand-Wunderwerk an den Kinokassen sogar noch weit über das deutlich charmantere Original von 1994 hinaus.

Und in Hamburg? Bislang haben in Hamburg über 14 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer 7700 Vorstellungen besucht. Als sich Scar in einer Vorstellung letzte Woche von Haushofmeister-Vogel Zazu ein Lied wünschte, sang der „Atemlos durch die Nacht“. Scar verbat sich das empört, aber Zazu entgegnete lakonisch: „Wir sind doch eh nicht ausgebucht“. Dabei war der Saal sehr gut besucht, von Dürre an den Kassen, bedingt durch pandemische Umstände, 2G-Regeln oder ausbleibende Touristen war wenig zu spüren.

Musical "Der König der Löwen" ist nicht aus der Zeit gefallen

Über die Jahre ist das Musical nicht aus der Zeit gefallen und wurde inhaltlich und technisch aktualisiert. Dafür mussten alleine für Zazus Federkleid 130.000 handgeschnittene, -geklebte und bemalte Stofffedern erneuert werden, für die Aufführungen 25.000 Kunstgrasbüschel ersetzt, die Bühnenmaschinerie komplett ausgetauscht und die Beleuchtung komplett auf LED umgestellt werden.

Im Originalzustand sind nur noch der Königsfelsen, der Rafikibaum, der Canyon und der Sternenhimmel. Dort wirkten in zwei Jahrzehnten 279 Darstellerinnen und Darsteller aus über 40 Nationen. Der belgische Schau- und Puppenspieler Joachim Benoit ist als Zazu von Anbeginn dabei. Er steht sinnbildlich für die Botschaft von „Der König der Löwen“: „Im ewigen Kreis dreht sich unser Leben.“

„Der König der Löwen“ täglich außer Mo, Stage Theater im Hafen, Karten ab 69,90 unter www.stage-entertainment.de