Hamburg und Schleswig-Holstein ziehen die Notbremse: Der HSH-Aufsichtsrat soll sich von Dirk Jens Nonnenmacher trennen.

Hamburg/Kiel. Am Ende waren es einfach zu viele Skandale und Ungereimtheiten: HSH-Nordbank-Chef Dirk Jens Nonnenmacher muss seinen Posten räumen. Nach den Bespitzelungsvorwürfen gegen den 47- Jährigen verständigten sich die Landesregierungen von Hamburg und Schleswig-Holstein am Dienstag auf die Abberufung des Managers. Dieser reagierte nach Angaben eines Banksprechers enttäuscht.

Aufsichtsratschef Hilmar Kopper, der bisher immer seine Hand über Nonnenmacher gehalten hatte, erklärte sich nach Senatsangaben bereit, die Abberufung auch umzusetzen. Nach Angaben der Bank wird der Aufsichtsrat das weitere Vorgehen in seiner nächsten ordentlichen Sitzung am 2. Dezember erörtern – Nonnenmacher selbst bleibe bis auf weiteres im Amt.

In einer Mitarbeiter-Information schrieb Nonnenmacher, er werde seine Aufgaben „bis auf weiteres in vollem Umfang erfüllen“. Der Manager sei allerdings über die Art und Weise des Demissionsgesuchs „enttäuscht“, zitierte „Focus Online“ einen Banksprecher.

+++ So beschleunigte GAL-Politiker Jens Kerstan den Fall Nonnenmachers +++

„Senat und Landesregierung haben heute den Aufsichtsratsvorsitzenden Hilmar Kopper gebeten, die erforderlichen Schritte einzuleiten, um eine Trennung von Professor Nonnenmacher zu erreichen und den Vorstandsvorsitz der HSH Nordbank AG neu zu besetzen“, heißt es in der gemeinsamen Erklärung der Länder. „Beide Regierungen betrachten diesen Schritt als notwendig, um verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen“, ließen die Regierungschefs von Hamburg und Schleswig-Holstein, Christoph Ahlhaus und Peter Harry Carstensen (beide CDU), ihre Sprecher mitteilen. Sie selbst äußerten sich nicht. Kopper habe bei einem Gespräch mit Ahlhaus den Auftrag zur Ablösung Nonnenmachers entgegengenommen und zugesichert, diesen auch umzusetzen, sagte Hamburgs Senatssprecherin Kristin Breuer. Über mögliche Abfindungen für Nonnenmacher wollte sich sie sich nicht äußern: „Dazu kann ich Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt nichts sagen.“ Ebenfalls nichts sagen wollten Breuer und Schleswig-Holsteins Regierungssprecher Knut Peters über den Zeitpunkt der Abberufung. Es gebe einen Zeitrahmen, sagte Breuer: „Aber den werden wir nicht kommunizieren“.

Hamburg und Schleswig-Holstein halten gemeinsam 85,5 Prozent an der Bank. Hätte Kopper sich geweigert, Nonnenmacher abzuberufen, hätten die Länder über eine außerordentliche Anteilseignerversammlung den Rauswurf des Bankmanagers erzwingen können. Nonnenmacher steht seit Monaten in der Kritik. Mehrere Staatsanwaltschaften ermitteln zudem gegen ihn. Die Politik gesteht dem Mathematikprofessor zwar zu, die angeschlagene Bank nach der schweren Finanzkrise recht schnell wieder in ruhigeres Fahrwasser gebracht zu haben. Dennoch wollten vor allem die kleineren Koalitionspartner in Hamburg und Kiel – Grüne und FDP – das Verhalten Nonnenmachers nicht mehr akzeptieren. Das Fass zum Überlaufen brachten Vorwürfe, Nonnenmacher habe Mitarbeiter und Politiker durch die Sicherheitsfirma Prevent AG bespitzeln lassen. Die FDP in Schleswig-Holstein und die GAL in Hamburg reagierten erleichtert auf die Entscheidung. In der Bank sei eine Situation von Misstrauen, Furcht und Angst entstanden, sagte FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki. Der Tageszeitung „Die Welt“ (Mittwoch) sagte Kubicki, er wünsche sich einen Abgang Nonnenmachers ohne Abfindung. „Aus meiner Sicht gibt es genügend Anhaltspunkte für eine fristlose Verdachtskündigung.“ GAL-Fraktionschef Jens Kerstan betonte: „Mit dem personellen Wechsel ist der Bank nun ein Neubeginn möglich.“ Die Landesregierungen haben Nonnenmacher laut Breuer nicht direkt über seine Ablösung informiert. Dies laufe über den Aufsichtsrat. Nonnenmacher hatte sich noch am Montag im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss in Kiel heftig gegen die gegen ihn erhobenen Vorwürfe gewehrt. Gleichzeitig kündigte er aber auf Anraten seines Anwalts an, sich gar nicht mehr zu Bespitzelungsaffären und Abhörskandalen zu äußern. Die Opposition in beiden Ländern begrüßte die Abberufung, sparte aber nicht mit Kritik an den Landesregierungen. „Jeder Euro, den Herr Nonnenmacher jetzt mitnimmt, geht auf das Konto von Herrn Carstensen und (Schleswig-Holsteins Finanzminister Rainer) Wiegard“, sagte Kiels SPD-Fraktionschef Ralf Stegner. Sein Hamburger Kollege Michael Neumann betonte: „Der kleinere Regierungspartner korrigiert gemeinsam mit der Opposition den Kurs der Regierung. Das sagt viel über den Zustand der Hamburger Landesregierung aus.“ = Die Affären bei der HSH Nordbank haben auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) auf den Plan gerufen. Eine Sprecherin bestätigte einen Bericht des „Flensburger Tageblatts“, wonach es seit Monaten eine Sonderprüfung gibt. „Im vorliegenden Fall gibt es Hinweise auf besonders schwerwiegende Vorfälle, die möglicherweise aufgrund von organisatorischen Mängeln in Ihrem Haus unentdeckt geblieben sind“, zitiert das Blatt aus einem Schreiben der Bafin. Ergebnisse lägen noch nicht vor.