Durchbruch beim Kulturgipfel um kurz vor Mitternacht. Hamburgs Kultursenator Reinhard Stuth hatte zuvor für Verwirrung gesorgt.
Hamburg. Bürgermeister Christoph Ahlhaus (CDU) verkündete die gute Nachricht um kurz vor Mitternacht: Das Altonaer Museum muss nun doch nicht zum 1. Januar schließen, wie es der Senat ursprünglich geplant hatte, um die Ausgaben für die Museen um 3,4 Millionen Euro zu reduzieren. Die historischen Museen der Stadt aber müssen im Gegenzug bis April 2011 ein neues Konzept für ihren Betrieb vorlegen. Auch bei den Bücherhallen soll nicht so intensiv gespart werden wie ursprünglich vom Senat gefordert. Die Sparauflagen für die Kultur sollen insgesamt zeitlich gestreckt werden, lauten die wichtigsten Ergebnisse des sogenannten Kuturgipfels gestern Abend im Gästehaus des Senats.
"Herr Ahlhaus ist sehr willens, zu handhabbaren Ergebnissen zu kommen", hatte Joachim Lux, der Intendant des Thalia-Theaters, schon in einer Verhandlungspause am späten Abend gelobt. Die Stimmung sei "nicht so schlecht, einerseits sachlich, andererseits leidenschaftlich". Und: "Die wechselseitigen Schmähungen sind vom Tisch."
+++ Die Debatte um die Kultur-Sparpläne des Hamburger Senats +++
Wochenlang hatten die Proteste gegen den Sparkurs des schwarz-grünen Senats einen immer schärferen Ton angenommen. Im Brennpunkt standen die Schließung des Altonaer Museums und die Kürzung der Zuwendung an das Schauspielhaus um 1,2 Millionen Euro. Auf Einladung des Bürgermeisters hatten sich die Spitzen der Hamburger Kultureinrichtungen um 20 Uhr zu Kürbissuppe, Kaffee und Gebäck eingefunden. Außer dem Bürgermeister nahmen die Senatoren Christa Goetsch (Schule), Anja Hajduk (Stadtentwicklung, beide GAL), Carsten Frigge (Finanzen) und Reinhard Stuth (Kultur, beide CDU) teil.
Vor der Villa an der Außenalster hatten Demonstranten ihre Forderungen zum Auftakt deutlich gemacht: Mit Laternen und einem Plakat protestierte eine Gruppe gegen die Schließung von Bücherhallen. Vom Schwanenwik näherte sich ein Zug von rund 30 Schauspielhaus- und Museumsmitarbeitern. Sie begleiteten den Geschäftsführer des Schauspielhauses, Jack Kurfess, zum Gästehaus. "Es ist wunderbar, auf diese Weise geleitet zu werden", sagt er. "Da kann man eigentlich optimistisch sein."
Herzlich wurde Kurfess von Torkild Hinrichsen, dem Direktor des Altonaer Museums, begrüßt und posierte mit ihm vor den Fotografen und Kamerateams. Hinrichsen, der in dieser Woche wegen einer Interview-Äußerung zu Stuth abgemahnt worden war, sagte nichts.
Ahlhaus (CDU) stieg einige Meter vor dem Gästehaus aus dem Auto und stellte sich den Demonstranten, die ihn mit einem Pfeifkonzert empfingen. "Ich erwarte mir gute und konstruktive Gespräche und dann auch gute Ergebnisse für den Kulturstandort Hamburg. Man geht immer ergebnisoffen in Gespräche, sonst machen sie ja keinen Sinn", sagte der Bürgermeister. Stadtentwicklungssenatorin Anja Hajduk (GAL) wurde etwas deutlicher: "Ziel des Ganzen ist es, gemeinsam Lösungen zu finden, Verständnis für verschiedene Argumente zu wecken."
Unmittelbar vor Beginn des Gipfels hatte die Bürgerschaftsdebatte die Risse im schwarz-grünen Bündnis in der Frage des Altonaer Museums offenbart. Gerade noch hatte die GAL-Kulturpolitikerin Eva Gümbel ihre hohen Erwartungen an den Dialog zwischen Senat und den Kulturschaffenden herausgestrichen und erwartungsvoll gesagt, dass "man anders herauskommt, als man hineingeht", da machte Kultursenator Reinhard Stuth (CDU) mit seiner Rede deutlich, dass für ihn die Schließung außer Frage stehe.
Aber der Reihe nach: Die Koalitionsfraktionen CDU und GAL hatten, wie berichtet, einen Antrag eingereicht, in dem sie den Senat auffordern, "kurzfristig ein Konzept für den Standort des Altonaer Museums" vorzulegen. "Soll das heißen, dass das Museum nicht geschlossen werden soll?", fragte der Linken-Kulturpolitiker Norbert Hackbusch.
"Wir legen uns vor dem Kulturgipfel nicht fest auf Schließung oder nicht", erläuterte die CDU-Kulturpolitikerin Brigitta Martens. "Der Antrag lässt die Situation offen", sagte auch die GALierin Gümbel. Offenbar sollte der Antrag ein deutliches Signal für einen Kompromiss sein.
Dann kam Stuth. "Viele finden das Altonaer Museum wenig attraktiv", sagte der Senator und erinnerte an die niedrigen Besucherzahlen. Seit 2005 sei über neue Konzepte gerade in den historischen Museen selbst diskutiert worden, ohne dass brauchbare Ergebnisse vorlägen. "Ich wünschte mir ein modernes, entstaubtes und attraktives Museum, aber dafür sehe ich keine Realisierungschance", sagte Stuth. Es gebe "gute fachliche Gründe", die für die Verlagerung der Altonaer Sammlung sprächen - etwa in das Museum für Hamburgische Geschichte. Lang anhaltender Beifall der CDU-Fraktion, aber eisiges Schweigen bei den Grünen war die Reaktion auf Stuths Rede. "Herr Stuth hat nicht klar erklärt, dass das Museum geschlossen werden muss", versuchte der Altonaer CDU-Abgeordnete Robert Heinemann die Wogen zu glätten. Er sehe "gute Chancen, am Ende ein Konzept zu haben, das zu etwas Besserem taugt". Stuth ließ sich danach schnell zum Gästehaus des Senats fahren.