Der Kultursenator will das Altonaer Museum schließen und sorgte damit für Verwirrung auf dem Kulturgipfel am Mittwochabend im Gästehaus.
Hamburg. Um kurz nach 19 Uhr stellt das Servicepersonal des Senatsgästehauses an der Außenalster noch schnell die letzten Kaffeetassen auf den Tisch. Für 28 Personen ist im Konferenzraum eingedeckt. Auf einem kleinen Nebentisch stehen die Suppentassen bereit. Es gibt Kürbissuppe.
Der mit Spannung erwartete Kulturgipfel, auf dem die Kulturschaffenden mit den Politikern über die vom Senat geplanten Kürzungen im Kulturetat diskutieren wollen, kann beginnen. Im Brennpunkt: die Schließung des Altonaer Museums und die 1,2-Millionen-Euro-Kürzung der staatlichen Zuwendung an das Schauspielhaus.
Auf der Straße vor dem Gästehaus treffen die ersten Demonstranten ein. Es ist bereits dunkel, es regnet. Und es ist kalt. Im Gegensatz dazu ist die Stimmung der Demonstranten aufgeheizt. Mit Laternen und einem Plakat gegen die Schließung von Bücherhallen postieren sie sich vor dem Eingang. Sie bleiben nicht die einzigen Protestler.
Vom Schwanenwik nähert sich ein Zug von rund 30 Schauspielhaus- und Museumsmitarbeitern. Sie begleiten den Geschäftsführer des Schauspielhauses, Jack Kurfess, zum Gästehaus. „Es ist wunderbar, auf diese Weise geleitet zu werden“, sagt er. „Da kann man eigentlich optimistisch sein.“
Herzlich wird Kurfess von Torkild Hinrichsen, dem Direktor des Altonaer Museums, begrüßt und posiert mit ihm vor den Fotografen und Kamerateams. Hinrichsen, der in dieser Woche wegen einer Interview-Äußerung zu Stuth abgemahnt worden war, sagte nichts. Zu den Verhandlungen wollte er sich vorab nicht äußern.
Bürgermeister Christoph Ahlhaus (CDU) steigt einige Meter vor dem Gästehaus aus und stellt sich den Demonstranten, die ihn mit einem Pfeifkonzert empfangen. „Ich erwarte mir gute und konstruktive Gespräche und dann auch gute Ergebnisse für den Kulturstandort Hamburg. Man geht immer ergebnisoffen in Gespräche, sonst machen sie ja keinen Sinn“, sagt der Bürgermeister.
Stadtentwicklungssenatorin Anja Hajduk (GAL) wird etwas deutlicher: „Ziel des Ganzen ist es, gemeinsam Lösungen zu finden, Verständnis für verschiedene Argumente zu wecken.“ Kirsten Baumann, Direktorin des Museums der Arbeit und designierter Alleinvorstand der Stiftung historische Museen Hamburg, macht sich selbst Mut: „Ich muss glauben, dass das Altonaer Museum noch gerettet werden kann. Die größte Sorge habe ich um die Zukunft der Stiftung.“
Nun warten alle Beteiligten noch auf Kultursenator Reinhard Stuth (CDU). Als er um 20.16 Uhr am Gästehaus eintrifft, wird er ausgebuht und ausgepfiffen. Mit gesenktem Kopf und schnellen Schrittes verschwindet er ohne ein Wort im Gästehaus.
Unmittelbar vor Beginn des Kulturgipfels hatte die Bürgerschaftsdebatte die Risse im schwarz-grünen Bündnis in der Frage des Altonaer Museums offenbart. Gerade noch hatte die GAL-Kulturpolitikerin Eva Gümbel ihre hohen Erwartungen an den Dialog zwischen Senat und den Kulturschaffenden herausgestrichen und erwartungsvoll gesagt, dass „man anders herauskommt, als man hineingeht“, da machte Kultursenator Reinhard Stuth (CDU) mit seiner Rede deutlich, dass für ihn die Schließung außer Frage steht. Aber der Reihe nach: Die Koalitionsfraktionen CDU und GAL hatten, wie berichtet, einen Antrag eingereicht, in dem sie den Senat auffordern, „kurzfristig ein Konzept für den Standort des Altonaer Museums“ vorzulegen. „Soll das heißen, dass das Museum nicht geschlossen werden soll?“, fragte der Linken-Kulturpolitiker Norbert Hackbusch.
„Wir legen uns vor dem Kulturgipfel nicht fest auf Schließung oder nicht“, erläuterte die CDU-Kulturpolitikerin Brigitta Martens. „Der Antrag lässt die Situation offen“, sagte auch die GALierin Gümbel. Offenbar sollte der Antrag ein Signal des Kompromisses sein.
Dann kam Stuth. „Viele finden das Altonaer Museum wenig attraktiv“, sagte der Senator und erinnerte an die niedrigen Besucherzahlen. Seit 2005 sei über neue Konzepte gerade in den historischen Museen selbst diskutiert worden, ohne dass brauchbare Ergebnisse vorlägen. „Ich wünschte mir ein modernes, entstaubtes und attraktives Museum, aber dafür sehe ich keine Realisierungschance“, sagte Stuth.
Es gebe „gute fachliche Gründe“, die für die Verlagerung der Altonaer Sammlung sprächen – zum Beispiel in das Museum für Hamburgische Geschichte. „Der Standort liegt nur einen Kilometer von der Altonaer Stadtteilgrenze entfernt“, warb der Senator.
Lang anhaltender Beifall der CDU-Fraktion, aber eisiges Schweigen bei den Grünen war die Reaktion auf Stuths Rede. „Die Rede von Herrn Stuth war eine Ohrfeige für Frau Gümbel und die GAL“, fasste Hackbusch zusammen. „Herr Stuth hat nicht klar erklärt, dass das Museum geschlossen werden muss“, versuchte der Altonaer CDU-Abgeordnete Robert Heinemann die Wogen zu glätten. Er sehe „gute Chancen, am Ende ein Konzept zu haben, das zu etwas Besserem taugt“. Der Antrag wurde mit den Stimmen von CDU und GAL angenommen.
Stuth und Finanzsenator Carsten Frigge (CDU) ließen sich danach schnell zum Gästehaus des Senats fahren.