Der Senat berät über historische Ausgabenkürzungen. Zwist über Wissenschaftsstiftung. Das Altonaer Museum steht vor der Schließung.
Hamburg. Wenn die Damen und Herren, die sich gestern um 10 Uhr im Rathaus versammelten, denn vorhatten, Geschichte zu schreiben, haben sie den passenden Raum ausgewählt. Denn über den Bürgermeistersaal wacht Clio, die Muse der Geschichtsschreibung. Lebensgroß thront die schwarze Figur über dem Kamin, und so manch einem der 34 Teilnehmer der dreitägigen Sparklausur - Senatoren, Staatsräte, Vertreter von CDU und GAL - war die Bürde, etwas Besonderes vollbringen zu müssen, vor Beginn anzumerken.
Um 510 Millionen Euro sollen sie die Ausgaben der Stadt kürzen - pro Jahr. So ein Sparpaket, eines der größten in der Geschichte der Stadt, provoziert Ärger. Nur eine Stunde vor der Sitzung wurde eine Volksinitiative für kostenfreie Kitas angemeldet (Seite 10), und vor dem Rathaus protestierten Polizisten und Eltern gegen mögliche Sparpläne. "Harte Tage" habe man vor sich, sagte Bürgermeister Christoph Ahlhaus (CDU) und bekannte, "dass eine große Verantwortung auf uns lastet".
+++ Das ist die komplette Streichliste des Finanzsenators +++
+++ Erste Proteste gab es bereits am Montag +++
Auch GAL-Fraktionschef Jens Kerstan wirkte angestrengt: "Wir wollen ein gerechtes und ausgewogenes Paket präsentieren, ohne im Bereich Bildung, Wissenschaft und auch Kultur zu große Grausamkeiten begehen zu müssen." Das und die frühkindliche Bildung seien für die Grünen wichtige "Zukunftsthemen". In der rund neunstündigen Sitzung kam es nach Abendblatt-Informationen prompt zu einem Zwist über die Wissenschaftsstiftung: Die GAL soll eine Kürzung der Mittel um 1,5 Millionen Euro abgelehnt haben, die Sparliste der Wissenschaftsbehörde muss nachverhandelt werden.
Während Ahlhaus die harte Linie von Finanzsenator Carsten Frigge (CDU) unterstützte und das Sparvolumen nicht infrage stellte, hoffte Kerstan vor der Sitzung noch, dass mögliche Steuermehreinnahmen "uns vielleicht etwas Zeit verschaffen, durch Umbau der Verwaltung die Summe zu erbringen und nicht so sehr bei den Bürgern streichen zu müssen". Die Vorschläge der Frigge-Kommission zum Verwaltungsumbau sollen heute diskutiert werden. Kerstan zufolge soll dann auch eine mögliche Verkleinerung der Bürgerschaft und die Abschaffung der Deputationen ein Thema sein.
Gestern wurden alle Einzelpläne des Haushalts einmal durchgegangen. Nur der größte Einzeletat - der der Behörde für Soziales, Gesundheit und Verbraucherschutz - kommt im Wesentlichen erst heute dran. Große Streitposten wurden erst einmal verschoben. So ist nach Abendblatt-Informationen noch keine Entscheidung darüber gefallen, ob Museen geschlossen oder zusammengelegt werden.
Als wahrscheinlich gilt unter anderem die Schließung des Altonaer Museums. Kultursenator Reinhard Stuth (CDU) erhielt den Auftrag, noch einmal nachrechnen zu lassen, welche Konsequenzen eine Neustrukturierung der Museen hätte. Dagegen spielte ein Aufreger der vergangenen Tage offensichtlich keine Rolle: Ahlhaus hatte öffentlich darüber nachgedacht, ob nach dem Rücktritt von Schauspielhausintendant Friedrich Schirmer nicht ein Generalintendant für die beiden großen Staatsbühnen ausreiche.
Umstritten soll hingegen weiterhin der Sparbeitrag der Bezirke sein. Derzeit zeichnet sich unter anderem ab, dass der schulärztliche Dienst gestrichen und in die Regie der Krankenkassen übergeben wird. Dagegen sind die Elternschulen offensichtlich gerettet. Auch der "Verkehrskasper" der Polizei und die Jugendverkehrsschule werden ihre Arbeit fortsetzen können. In Zukunft wird jedoch Schulsenatorin Christa Goetsch (GAL) die gut zehn Stellen aus dem Etat der Schulbehörde finanzieren. Und noch eine Sparmaßnahme ist abgewendet worden: Die beiden Hubschrauber und das Personal bleiben der Polizei erhalten.