Die Volksinitiative “Kita-HH“ will die Kita-Gebühren kippen. Es gibt scharfe Proteste vor der heutigen Sparklausur des Hamburger Senats.
Hamburg. Dem Hamburger Senat droht nach der erfolgreichen Initiative gegen die Primarschule ein neuer Volksentscheid. Der Landeselternausschuss Kindertagesbetreuung Hamburg (LEA), der die Interessen von Eltern an 990 Kitas vertritt, will heute unmittelbar vor Beginn der mit Spannung erwarteten Sparklausur des Senats im Rathaus die Volksinitiative "Kita-HH" anmelden. Sie fordert einen Rechtsanspruch auf eine kostenfreie sechsstündige Betreuung für Kinder vom vollendeten zweiten Lebensjahr bis zum Schuleintritt. Nur für darüber hinausgehende Betreuung sollen die Familien an den Kosten beteiligt werden. Außerdem sollen generell keine Pauschalbeiträge wie das kürzlich eingeführte Essensgeld mehr erhoben werden dürfen.
Im ersten Schritt benötigt die Volksinitiative nun 10.000 Unterschriften. Kommen diese Stimmen zusammen, kann ein Volksbegehren angemeldet werden. Ist auch das erfolgreich, folgt der Volksentscheid.
+++ Das müssen Eltern in Hamburg künftig bezahlen +++
"Wir erhoffen uns eine breite Diskussion über den Stellenwert der frühkindlichen Bildung in dieser Stadt", sagte LEA-Sprecherin Claudia Wackendorff. Im vorschulischen Bereich finde die entscheidende Prägung der Kinder statt. Gerade in einer Stadt wie Hamburg, in der 43 Prozent der Unter-15-Jährigen einen Migrationshintergrund haben, müsse diese Eingangsstufe zum Bildungsbereich gestärkt werden.
"Die letzten Äußerungen von Bürgermeister Christoph Ahlhaus lassen allerdings keine Zweifel daran, dass er und sein Senat keine weiteren Investitionen in die frühkindliche Bildung vornehmen werden", kritisierte der LEA. Ahlhaus hatte in seiner Regierungserklärung betont, dass für die Rücknahme der umstrittenen Kita-Gebühren-Erhöhung "kein Raum" sei. Die Elternbeiträge waren zuletzt um bis zu 100 Euro pro Kind und Monat erhöht worden.
Dagegen hatte der LEA im Juni im Rahmen einer Volkspetition 32.922 Unterschriften eingereicht (erforderlich waren 10 000). Daraufhin hätte sich die Bürgerschaft mit dem Thema beschäftigen müssen - was aber noch nicht geschehen ist. Nun folgt die Volksinitiative. "Ich bedaure den Schritt des LEA sehr", sagte Sozialsenator Dietrich Wersich (CDU). "Die Forderungen sind völlig maßlos und würden mehr als 200 Millionen Euro jedes Jahr zusätzlich kosten." Das würde andere Bereiche in Hamburg über Gebühr belasten.
Noch vor der heute beginnenden dreitägigen Sparklausur, auf der der Senat Ausgabenkürzungen um 510 Millionen Euro beschließen will, hagelt es Proteste. So ruft die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) für heute um "fünf vor zwölf" zum Protest vor dem Rathaus auf. Sie befürchtet die weitere Zusammenlegung von Polizeikommissariaten, die Reduzierung der Bürgernahen Beamten und die Auflösung der Polizeihubschrauberstaffel. Der "Sparorgie des Senats" würden etwa 400 Stellen zum Opfer fallen, heißt es.
In offenen Briefen an Bürgermeister Ahlhaus hatten Uni-Präsident Dieter Lenzen sowie Richterverein, Anwaltsverein und Rechtsanwaltskammer vor Einsparungen in ihren Bereichen gewarnt. Die Gewerkschaft Ver.di ruft unter dem Motto "Gerecht geht anders" für den 30. September zu einer Menschenkette auf. Und Schauspielhausintendant Friedrich Schirmer war bereits aus Protest gegen mögliche Sparauflagen zurückgetreten.