Seit Montag berät Schwarz-Grün im Rathaus über das größte Sparpaket in der Geschichte der Hansestadt. Der Protest in der Stadt formiert sich.

Hamburg. Die angesichts der desolaten Haushaltslage in Hamburg befürchteten massiven Kürzungen nehmen konkrete Formen an. Der schwarz-grüne Senat traf sich am Montag im Rathaus zu seiner Haushaltsklausur, um das größte Sparpaket in der Geschichte der Hansestadt zu schnüren. Bis einschließlich Mittwoch wollen die Ressortchefs nach Möglichkeiten suchen, um den Doppelhaushalt 2011/2012 um jährlich rund 560 Millionen Euro zu entlasten. Neben den bereits angekündigten massiven Kürzungen beim Weihnachtsgeld für die Beschäftigten der Stadt soll in beinahe allen Bereichen gestrichen werden. Ansonsten stiege das strukturelle Defizit nach Berechnungen von Finanzsenator Carsten Frigge (CDU) bis 2014 auf rund 1,02 Milliarden Euro.

Heftige Kritik kam bereits von der Opposition und den Gewerkschaften. „Ich bin zuversichtlich, dass es uns gelingen wird, unsere Konsolidierungsbemühungen bis zum Mittwoch zu einem guten Ergebnis zu bringen“, sagte Frigge am Montag. Gleichzeitig verteidigte er den Sparkurs der Landesregierung, der auch Leistungskürzungen vorsieht. „Die Haushaltslage lässt uns keine andere Möglichkeit, als diesen Weg energisch zu beschreiten, und ich bin sicher, dass wir zu vernünftigen und nachhaltigen Ergebnissen kommen.“ Der schwarz-grüne Senat muss bis Mittwoch noch rund 260 Millionen Euro im Haushalt einsparen. In der Vergangenheit hatte die Landesregierung bereits festgelegt, dass durch Einsparungen beim Weihnachtsgeld für Beamte rund 100 Millionen Euro reinkommen sollen. Weitere 100 Millionen Euro sollen Kürzungen in der Verwaltung bringen, und um nochmals 100 Millionen Euro sollen Zusatzzahlungen der städtischen Betriebe und der Verzicht auf bereits angemeldete Mehrausgaben bei den Behörden den Haushalt entlasten.

+++ Das ist die komplette Streichliste des Finanzsenators +++

+++ Erste Proteste gab es bereits am Montag +++

Scharfe Kritik kam von der SPD-Fraktion. Sie hält den aktuellen Haushalt der Hansestadt für verfassungswidrig und stützt sich dabei auf eine Expertise des Finanzverfassungsrechtlers Professor Arndt Schmehl von der Universität Hamburg. Außerdem verlangen die Sozialdemokraten vom Senat, seine Angaben beim Stabilitätsrat zur Vermeidung von Haushaltsnotlagen richtig zu stellen. Einzelheiten will die SPD-Fraktion an diesem Dienstag erläutern. Ebenfalls kritisch äußerten sich die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) und der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK). Nach einer Protestaktion vor Beginn der Haushaltsklausur drohte Hamburgs DPolG- Chef Joachim Lenders: „Dies ist die Auftaktveranstaltung für einen „heißen Herbst“, den ich diesem Senat unmissverständlich hiermit ankündige, wenn er von seinen diffusen Sparorgien bei der Inneren Sicherheit nicht abrückt.“

Schon jetzt schiebe die Polizei fast eine Million Überstunden vor sich her, kritisierte Hamburgs BDK-Vorsitzender André Schulz. Er warf dem Senat vor, falsche Schwerpunkte zu setzen. „Anstatt auf die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt zu schauen und sozial gerechte Entscheidungen zu treffen, wird krampfhaft an Leuchtturmprojekten festgehalten.“ So bedeuteten die Einsparungen beim Weihnachtsgeld für jeden Polizisten eine Gehaltskürzung von mehr als fünf Prozent. Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Hamburg rief zum Protest auf. "Wir werden alles dafür tun, die angekündigte Kürzung bzw. Streichung des Weihnachtsgelds für Beamte zu verhindern", kündigte Klaus Bullan, Vorsitzender der GEW Hamburg an.

Trotz der enormen Verschuldung Hamburgs von knapp 24 Milliarden Euro hat der Senat in den vergangenen Jahren die jährlichen Ausgaben stetig gesteigert. Allein von 2005 bis 2010 um 1,5 Milliarden Euro. Das ging so lange gut, wie die Steuereinnahmen mithielten, 2007 und 2008 gab es sogar keine Neuverschuldung. Dennoch tat sich bereits in 2008, als Schwarz-Grün antrat, eine Schere auf: Während die Ausgaben um rekordverdächtige 650 Millionen Euro gesteigert, Hunderte neue Mitarbeiter eingestellt und viele neue Projekte angeschoben wurden, wurde die einsetzende Finanzkrise ignoriert. Als 2009 die Steuereinnahmen dramatisch einbrachen, steckte die Stadt in der Zwickmühle.

Um ihre auch 2009 und 2010 weiter gesteigerten Ausgaben decken zu können, plant die Stadt für dieses Jahr eine Rekordneuverschuldung von knapp 2,2 Milliarden Euro. Innerhalb dieser Summe hat Finanzsenator Carsten Frigge (CDU) ein "strukturelles Defizit" von 510 Millionen Euro identifiziert. Soll heißen: Selbst wenn sich die Einnahmen wieder stabilisieren, sind die laufenden Ausgaben Jahr für Jahr gut eine halbe Milliarde Euro zu hoch.