Der umstrittene Politiker hatte behauptet, dass die Ermittler bei der Hausdurchsuchung am 11. März Stimmzettel mitgenommen haben.
Hamburg. Im Streit um verschwundene Wahlzettel geht die Hamburger Staatsanwaltschaft in die Offensive gegen den SPD-Politiker Bülent Ciftlik. Dieser hatte behauptet, dass die Ermittler bei der Hausdurchsuchung am 11. März Stimmzettel der Vorstandswahlen seines Heimatdistrikts Flottbek/Othmarschen mitgenommen haben. Laut Oberstaatsanwalt Wilhelm Möllers entspreche dies nicht den Tatsachen. "Wir haben die Stimmzettel im Kofferraum von Herrn Ciftliks Wagen gefunden. Aber wir haben sie nicht beschlagnahmt, weil diese für das Verfahren gegen ihn absolut ohne Bedeutung sind."
In dem Verfahren geht es um den Vorwurf der "Verleumdung gegen Personen des politischen Lebens". Dem einstigen Hoffnungsträger der Hamburger Sozialdemokraten wird vorgeworfen, LKA-Vermerke gefälscht zu haben. In denen wurden die SPD-Bürgerschaftsabgeordneten Mathias Petersen und Thomas Böwer, die innerparteilich als Gegenspieler Ciftliks gelten, bezichtigt, ihn bei der Justiz wegen der Vermittlung einer Scheinehe angeschwärzt zu haben. Eben wegen dieses Vorwurfs durchsuchten Ermittler 2009 erstmals die Wohnung Ciftliks, der in wenigen Wochen deswegen vor Gericht steht.
Laut Oberstaatsanwalt Möllers entdeckten die Ermittler die Stimmzettel im Rahmen der Hausdurchsuchung im Kofferraum des Audi A3 Sportback von Ciftlik. "Sie wurden aber lediglich fotografisch dokumentiert und anschließend im Kofferraum belassen", sagt Möllers. Demnach lagen darin mehrere lose Stapel der Wahlpapiere. Die Aufschrift lautete: "Stimmzettel Einzelwahl Distriktvorsitzender. Name: Andreas Bernau." Sie waren mit "Ja", "Nein" und "Enthaltung" markiert. Auf einem Stimmzettel war das "Ja" für Bernau angekreuzt, der die Wahl gewonnen hatte. Ciftlik wollte sich dazu gestern nicht äußern.
Der neue Distriktvorstand der SPD Flottbek/Othmarschen will heute entscheiden, ob die Wahlen wiederholt werden sollen, weil die Unterlagen nach wie vor verschwunden sind. Das letzte Wort hätte eine Mitgliederversammlung, die die Neuwahl beschließen müsste. Aus Sicht des SPD-Landesverbands ist die Vorstandswahl gültig, weil niemand sie angefochten hat.
Wegen der gegen ihn gerichteten Ermittlungen hatte Ciftlik nicht erneut als Distriktvorsitzender kandidiert. Auch sein Bürgerschaftsmandat lässt der SPD-Politiker im Übrigen vorerst ruhen. Nach der Wahl hatte sein Nachfolger Andreas Bernau Ciftlik gebeten, die Wahlunterlagen in das Altonaer SPD-Kreisbüro zu bringen. Dort sind sie aber nie angekommen. Politische Konsequenzen wird das Verschwinden der Stimmzettel aber nicht haben: Für SPD-Kreischefin Melanie Schlotzhauer handelt es sich um einen Fall aus der Kategorie "dumm gelaufen. Ciftlik war am 24. Februar 2008 in die Bürgerschaft gewählt worden. Er hatte sich in seinem Wahlkreis durch die hohe Zahl von Erststimmen durchgesetzt. Seinen Posten als Parteisprecher hat er inzwischen aufgegeben.