Anwalt reicht nach offensichtlicher Fälschung von LKA-Schreiben Strafanzeige ein. Es geht um drei Aktenvermerke.
Die Schlammschlacht in der SPD hat ein weiteres staatsanwaltliches Ermittlungsverfahren zur Folge. Nachdem bei der "Mopo" und der "taz" offenbar gefälschte LKA-Schreiben aufgetaucht sind, die Ex-Parteichef Mathias Petersen und den Sozialexperten Thomas Böwer als Denunzianten präsentieren, haben die Ermittler ihre Arbeit aufgenommen. "Wir müssen klären, woher die fraglichen Aktenvermerke stammen", sagt Oberstaatsanwalt Wilhelm Möllers. In den Vermerken heißt es, Petersen und Böwer hätten den damaligen Parteisprecher Bülent Ciftlik bei der Polizei beschuldigt, Scheinehen vermittelt zu haben (wir berichteten).
Ein Verfahren gegen Ciftlik wegen Beihilfe zur Schließung einer Scheinehe läuft tatsächlich. Nur: Es kam aufgrund einer Anzeige von Amts wegen zustande. Die Ausländerbehörde war im Fall einer Eheschließung zwischen einer Deutschen und einem Türken auf Unstimmigkeiten gestoßen. Im Verlauf der Ermittlungen geriet dann Ciftlik als vermeintlicher Vermittler in den Fokus der Beamten. Was der oder die Unbekannte mit den am Mittwoch verschickten Briefen an die Zeitungen bezwecken wollte(n), ist bislang noch rätselhaft. Fakt ist: Der Fälscher ging auf den ersten Blick höchst professionell vor: Die Schreiben - drei "Aktennotizen", in denen Beamte des Staatsschutzes notiert haben, dass sie aus Gesprächen mit Böwer und Petersen erfahren hätten, dass Ciftlik Scheinehen vermittele - tragen den Stempel der Staatsschutzabteilung der Polizei. Auch ein Aktenzeichen ist vermerkt: Es ist dasjenige, das die Beamten verwendet hatten, als sie vergeblich in der Stimmenklau-Affäre in SPD-Kreisen ermittelt hatten. Zwei der drei angeblich aus Mai 2009 stammenden Schriftstücke tragen die Unterschrift des Ex-Staatsschützers S. Der aber - und das muss der Fälscher übersehen haben - ist bereits Ende 2008 aus dem Dienst ausgeschieden und seitdem Pensionär.
Mathias Petersen und Thomas Böwer haben über den Rechtsanwalt Rolf-Dieter Klooß Strafanzeige gegen unbekannt wegen des Verdachts der Urkundenfälschung eingereicht. Petersen sagte: "Ein ungeheuerlicher Vorgang. Wir werden als Denunzianten hingestellt." Gegenspieler Ciftlik wollte sich nicht zu den Vorfällen äußern.
Seine Nachfolgerin in der Rolle des Parteisprechers, Landesgeschäftsführerin Karin Timmermann, sagte am Freitag: "Das Fälschen von Dokumenten ist kriminell. Es müssen umgehend alle notwendigen Schritte eingeleitet werden, die zur Aufklärung dienen. Die Öffentlichkeit und die SPD müssen wissen, was Sache ist. Sollten Mitglieder der Hamburger SPD sich in dieser Sache etwas zuschulden kommen lassen haben, wird dies klare und schnelle Konsequenzen haben."
Fast drei Jahre nach der Stimmzettel-Affäre um die Spitzenkandidatur für die Bürgerschaftswahl 2008 hat der Zwist in der SPD mit dem Fälschungsskandal einen neuen Höhepunkt erreicht. Damals waren fast 1000 Stimmzettel gestohlen worden. Der gesamte SPD-Vorstand war zurückgetreten.