Der Prozess gegen den wegen Vermittlung einer Scheinehe angeklagten SPD-Abgeordneten wird mit ersten Vernehmungen von Zeugen fortgesetzt.

Hamburg. Im Prozess gegen den wegen Vermittlung einer Scheinehe angeklagten SPD-Bürgerschaftsabgeordneten Bülent Ciftlik sind erste Zeugen vernommen worden. Am Mittwochvormittag sagten vor dem Amtsgericht Hamburg St. Georg ein Mitarbeiter der Innenbehörde und eine ermittelnde Polizeibeamte aus. Beide bestätigten im Wesentlichen bereits aus den Akten bekannte Geschehnisse. Die widersprüchlichen Aussagen zwischen den Angeklagten konnten sie jedoch nicht klären. Der Prozess wird am 31. Mai fortgesetzt.

Die Staatsanwaltschaft wirft Ciftlik vor, seine Ex-Freundin in der Zeit nach Juli 2007 überredet zu haben, einen türkischen Bekannten zu heiraten, damit der heute 39-Jährige eine Aufenthaltserlaubnis erhält. Als Gegenleistung für die Hochzeit - sie war wenige Tage nach der Bürgerschaftswahl im Februar 2008 - habe der Bekannte 3000 Euro an die Frau bezahlt, die das Geld wiederum an Ciftlik als Kredit für seinen Wahlkampf weitergeleitet habe. Während der frühere Sprecher der SPD Hamburg die Anschuldigungen vehement zurückweist, hat dessen damalige Freundin bereits ein umfangreiches Geständnis abgelegt.

Die Anwälte beider Parteien versuchten erneut, die Glaubwürdigkeit des jeweils anderen Mandanten zu erschüttern. So forderte der Anwalt von Ciftliks Ex-Freundin, Akten eines alten Landgerichtsverfahren beizuziehen, laut denen Ciftlik angeblich die Unwahrheit gesagt haben soll. Damit wolle er das Lebensprinzip des 38-Jährigen, „Täuschen und Tricksen“, belegen. Den Hinweis von Ciftliks Verteidigung, dass das vorgeschaltete Amtsgericht damals keine Zweifel an Ciftliks Aussagen gehabt habe, wies der Anwalt zurück: „Wenn es ihm gelungen ist, eine Amtsrichterin hinters Licht zu führen“, zeige dies nur sein Geschick.

Das Gericht will beim nächsten Verhandlungstermin über den Antrag entscheiden, ebenso wie über die Forderung von Ciftliks Verteidigung, die Akten des vorläufig eingestellten Verfahrens gegen den SPD-Abgeordneten Metin Hakverdi hinzuzuziehen. Dieser war beschuldigt worden, Ciftliks Ex-Freundin und dessen türkischen Mann zur Absicherung ihrer Scheinehe als Anwalt rechtlich beraten zu haben. Nach Ansicht von Ciftliks Anwälten widerspricht Hakverdi in den Unterlagen wiederum den Aussagen von Ciftliks Ex-Freundin.

Die Zeugen gingen am Mittwoch zwar davon aus, dass es sich bei der Liaison zwischen der heute 33-Jährigen und dem türkischen Imbissbetreiber um eine Scheinehe handelte. Nicht klären konnten sie jedoch, wie Ciftlik in die Sache verwickelt ist. Die ermittelnde Polizeibeamtin verwies dabei auf Aussagen der angeklagten Ex-Freundin Ciftliks und bereits bekannte Unterlagen, die von Ciftliks Verteidigung jedoch als unwahr eingestuft werden.

Der Leiter des Einwohner-Zentralamtes, Ralph Bornhöft, sagte vor Gericht, Ciftlik selbst habe bei ihm bezüglich der Aufenthaltserlaubnis für den 39-Jährigen angefragt. Die Frage sei damals relevant gewesen, weil der türkische Mann zu diesem Zeitpunkt ausreisepflichtig gewesen sei. Der ehemalige SPD-Sprecher rechtfertigte dies als „politischen Alltag“ und erklärte: „In der zweitgrößten Stadt Deutschlands ist es normal, dass sich ein Abgeordneter mit einer Bürgeranfrage zu Aufenthaltstiteln oder Familienzusammenführungen an eine Behörde wendet.“ Der Behördenleiter bestätigte, dies sei keine Seltenheit: „Anfragen von Herrn Ciftliks waren nicht signifikant häufiger, aber seine Anfragen betrafen häufiger Menschen, die denselben Migrationshintergrund hatten wie er“, sagte er vor dem Amtsgericht.