Der umstrittene Politiker hat dafür gesorgt, dass die Vorstandswahlen seines Heimatdistrikts wahrscheinlich wiederholt werden.
Hamburg. Er ist der derzeit wohl umstrittenste SPD-Politiker: Jetzt hat Bülent Ciftlik dafür gesorgt, dass die Vorstandswahlen seines SPD-Heimatdistrikts Flottbek/Othmarschen wahrscheinlich wiederholt werden. Der Grund: Ciftlik hatte die Wahlunterlagen mit den Ergebnissen an sich genommen und sollte sie im Kreisbüro der SPD-Altona abliefern. Dort sind sie aber nie angekommen. Laut Ciftlik hat die Staatsanwaltschaft die Stimmzettel bei einer Hausdurchsuchung in seiner Wohnung mitgenommen. Dagegen behauptet die Anklagebehörde, nicht im Besitz der SPD-Schriftstücke zu sein.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Bürgerschaftsabgeordneten wegen des Verdachts der "Verleumdung gegen Personen des politischen Lebens" und hatte deswegen nach Beweismaterial gesucht. Ciftlik soll Polizeivermerke gefälscht haben, in denen die SPD-Abgeordneten Mathias Petersen und Thomas Böwer bezichtigt werden, Ciftlik bei der Justiz wegen der Vermittlung einer Scheinehe angeschwärzt zu haben. Wegen dieses Vorwurfs muss sich Bülent Ciftlik im April vor dem Amtsgericht St. Georg verantworten.
Bei den Neuwahlen im Distrikt Flottbek / Othmarschen hatte sich der 43 Jahre alte Stadtreinigungs-Mitarbeiter Andreas Bernau als neuer Vorsitzender durchgesetzt. Ciftlik, der den Distrikt bislang geführt hatte, verzichtete wegen der Ermittlungen gegen ihn auf eine erneute Kandidatur. Doch wie genau die weiteren Vorstandswahlen ausgegangen waren, war plötzlich wegen der fehlenden Unterlagen nicht mehr so ganz klar. "Inzwischen ist alles rekonstruiert", sagt die Altonaer SPD-Kreisvorsitzende Melanie Schlotzhauer. "Die Wahlen sind gültig. Niemand hat sie angefochten", sagt auch Parteisprecher Jörg Schmoll.
Und doch gibt es Überlegungen im Distrikt, die Wahlen zu wiederholen, um ganz sicherzugehen. Voraussetzung für eine Neuwahl wäre ein Beschluss der Mitgliederversammlung der Flottbeker und Othmarscher SPD. "Ich habe den Distriktvorstand gebeten, bis Mittwoch zu entscheiden, wie es weitergehen soll", sagt Kreischefin Schlotzhauer.
Es war Bernau, der Ciftlik gebeten hatte, nach den Wahlen die Unterlagen ins Kreisbüro zu bringen. Das Verschwinden der Wahlunterlagen wird für Ciftlik wohl keine politischen Konsequenzen haben. Für Schlotzhauer ist das ein Fall aus der Kategorie "dumm gelaufen". Ciftlik hatte im Zuge der gegen ihn gerichteten Ermittlungen bereits seinen Posten als Sprecher der Hamburger SPD aufgegeben. Sein Bürgerschaftsmandat lässt er bis zur gerichtlichen Klärung der Vorwürfe ruhen, die er alle bestreitet.