Eine unabhängige Kommission soll die Primarschule stoppen können. Doch die Volksinitiative “Wir wollen lernen“ stimmt nicht zu.
Hamburg. Die Verhandlungen über die Hamburger Schulreform sind an einem kritischen Punkt angelangt. Die dritte Gesprächsrunde im Rathaus brachte keinen Durchbruch zu einem Kompromiss zwischen der schwarz-grünen Koalition und der Volksinitiative "Wir wollen lernen". Dabei hat der Senat bei seinen Einigungsvorschlägen noch einmal nachgelegt, ohne dass die Reformgegner aber zugestimmt hätten. Schwarz-Grün ist jetzt bereit, eine unabhängige Expertenkommission einzurichten, die die Einführung der Primarschulen qualitativ überwacht. Die Kommission soll den zumindest vorläufigen Stopp der Reform empfehlen können, wenn festgelegte Qualitätskriterien nicht eingehalten werden. Bürgermeister Ole von Beust (CDU) und Christa Goetsch (GAL) erklärten sich während des vierstündigen Treffens bereit, eine solche Empfehlung für den Senat als bindend zu betrachten, wie es die Initiative gefordert hatte.
+++ IM STIMMUNGSTIEF +++
"Wir sind sehr weit gegangen - bis an den Rand des verfassungsmäßig Zulässigen", sagte GAL-Fraktionschef Jens Kerstan nach dem Ende der Verhandlungsrunde. "Wir sind bis ans Limit gegangen und hoffen, dass sich Beharrung und Erstarrung aufseiten der Initiative auflösen", ergänzte der CDU-Fraktionsvorsitzende Frank Schira. Schira und Kerstan sind der Auffassung, "dass der Ball ganz klar bei der Initiative liegt". Die Gruppe um den Rechtsanwalt Walter Scheuerl müsse sich entscheiden, so Kerstan, "ob sie einen Schulfrieden wünscht oder auf 100 Prozent ihrer Forderungen beharrt". Scheuerl reagierte gelassen. "Wir glauben nicht, dass dies das letzte Wort der Koalition war", sagte er.
In dem zentralen Punkt der Reform sind beide Seiten noch weit auseinander. Während die Initiative auf einer freiwilligen Einführung der Primarschule beharrt, ist für Schwarz-Grün die flächendeckende Umorganisation der Schulen unabdingbar. Scheuerl hatte in der vergangenen Woche angeboten, im Rahmen eines Schulversuchs sechs Jahre lang die Leistungen der Primarschulen mit dem bisherigen System zu vergleichen. "Das führt zu einer Dauerbaustelle an Schulen und ist nicht nur politisch, sondern auch organisatorisch schwierig", sagte Kerstan. "Jetzt eine Entscheidung zur flächendeckenden Einführung der Primarschule zu treffen ist mit der Volksinitiative nicht zu machen", konterte Scheuerl. Am kommenden Dienstag soll weiterverhandelt werden.