Die CDU/GAL-Koalition hat angeboten, die Primarschule zeitlich gestreckt einzuführen. Doch die Gegner haben große Bedenken.

Hamburg. Die schwarz-grüne Koalition und die Initiative „Wir wollen lernen“ sind sich auf der Suche nach einer Lösung im Hamburger Schulstreit zwar näher gekommen, haben aber noch keine Einigung erzielt. Die Regierungsparteien boten bei der zweiten Verhandlungsrunde an diesem Freitag an, die sechsjährige Primarschule zeitlich gestreckt einzuführen und die Qualität von einem parlamentarischen Sonderausschuss prüfen zu lassen. Der Sprecher der Initiative „Wir wollen lernen“, Walter Scheuerl, sprach im Anschluss allerdings von großen Bedenken. „Wir sind an dieser Stelle weit auseinander.“ Die Verhandlungspartner wollen sich am nächsten Mittwoch wieder treffen.

GAL-Fraktionschef Jens Kerstan, der CDU-Fraktionsvorsitzende Frank Schira und Scheuerl äußerten sich vorsichtig optimistisch. „Wir sind unter großem Druck, uns zu einigen“, sagte Schira und wies auf die Nöte vieler Eltern hin, die bald über die Schule für ihre Kinder entscheiden müssen. Scheuerl schlug vor, zunächst mit 25 Primarschulen, an denen alle Kinder gemeinsam sechs Jahre lang lernen, zu beginnen und im nächsten Jahr auf freiwilliger Basis 25 weitere dazuzunehmen. Das wären zusammen ein Viertel der Grundschulen. Eine zwangsweise flächendeckende Einführung lehnte er weiterhin ab.

Die Koalition mit Schulsenatorin Christa Goetsch (GAL) und Bürgermeister Ole von Beust (CDU) stellte ein neues Stufenmodell dagegen: Bis zum Schuljahr 2013/2014 werden demnach alle Grundschulen nach und nach zu Primarschulen.

ERGEBNISSE AKTUELLER UMFRAGEN ZUR SCHULREFORM

Kerstan betonte, das Verfahren dürfe nicht zu einer Dauerbaustelle werden. Eine Einigung, die Chaos auslöse, helfe nicht weiter. Kritik äußerte Scheuerl auch am Vorschlag, einen Parlamentsausschuss mit der Überprüfung des Prozesses zu beauftragen. Er forderte eine vom Parlament unabhängige Instanz. Dem hielten Schira und Kerstan entgegen, „die Entscheidungen müssen letztlich beim Parlament liegen“.

Beide Verhandlungsseiten bewerteten das Gesprächsklima bei diesem Treffen im Vergleich zum vergangenen Freitag deutlich besser. Die Standpunkte seien wesentlich klarer geworden. Der als Vermittler eingesetzte Unternehmer Michael Otto hatte vor dem Treffen darauf gehofft, dass beide Seiten aufeinander zugehen. Er rechnete mit weiteren Verhandlungen. Sollten die Gespräche am Ende scheitern, steht den Hamburgern ein Volksentscheid über die Schulpolitik bevor. Die Initiative „Wir wollen lernen“ hatte mehr als 180.000 Unterschriften gegen die Primarschule und für ein freies Elternwahlrecht beim Übergang auf eine weiterführende Schule gesammelt. Ergebnisse von Volksentscheiden in Hamburg sind für die Bürgerschaft verbindlich. (dpa/abendblatt.de)