Vertreter des Senats und Gegner der Primarschule kamen sich in der vierten Verhandlungsrunde inhaltlich erstmals deutlich näher.
Hamburg. Hamburgs „Schulkampf“ geht weiter, auch wenn sich die Kontrahenten am Dienstag in einer vierten Verhandlungsrunde erstmals näher kamen. „Wir haben Fortschritte gemacht. Beide Seiten haben sich bewegt“, lobte GAL-Fraktionschef Jens Kerstan das Treffen. Was denn da Substanzielles bewegt wurde, blieb allerdings geheim und auch ein Scheitern im Ringen um eine Lösung für den Hamburger Schulstreit scheint weiter möglich. Es werde weitere Gespräche geben, verkündeten die Verhandlungspartner. Ob die am Ende aber „von Erfolg gekrönt sein werden“, könne heute noch keiner sagen.
Doch die Zeit drängt. Kommt es bis zum 18. März in der Bürgerschaft nicht zu einem Beschluss über ein Änderungsgesetz zum Schulgesetz, wird die Initiative „Wir wollen lernen“ um den Rechtsanwalt Walter Scheuerl den Antrag auf einen Volksentscheid stellen. Die Initiative hatte 184.000 Unterschriften gegen das längere Lernen in sechsjährigen Primarschulen gesammelt und damit die Schulreform infrage gestellt.
Nach Ansicht der Linkspartei in der Hamburger Bürgerschaft droht ein „Schulreformchaos“, wenn CDU und GAL sich auf die von der Initiative geforderte „freiwillige, teilweise und zeitlich verzögerte Einführung der Primarschule“ einlassen. Für sie bleibe schleierhaft, „was denn da weiter verhandelt werden soll“, sagte Linken-Fraktionschefin Dora Heyenn. „Das traurige Schauspiel wird immer weiter in die Länge gezogen und geht erneut ergebnislos in die nächste Runde“, urteilte die Lehrerin.
Auch Mitglieder der GAL, die in Hamburg gemeinsam mit der CDU regiert, sind ungehalten. „Dass die Schulreform von einer Gruppe einflussreicher Hanseaten so vehement und folgenreich bekämpft wird, ist eine Schande“, meinte eine Elternvertreterin. Schulsenatorin Christa Goetsch (GAL) könne sich über die Umsetzung ihres „Erfolgsprojekts“ absolut nicht mehr sicher sein.
Goetsch ist überzeugt, dass das derzeitige Schulsystem soziale Ungerechtigkeiten zementiert. Möglichst langes gemeinsames Lernen und individuelle Förderung seien die Antwort auf das Problem. Die sechsjährige Primarschule erschien der Grünen-Politikerin, die früher für neunjähriges gemeinsames Lernen geworben hatte, ein guter Kompromiss für eine schwarz-grüne Regierung zu sein.
Eine hartnäckige Protestinitiative um Scheuerl machte den Hamburger Koalitionären einen Strich durch die Rechnung und probe den Aufstand. Bei einem Volksbegehren im vergangenen Jahr konnten die Reformgegner, die um den Einfluss des Gymnasiums fürchten, überraschend viele Unterschriften präsentieren. Aufgeschreckt durch den drohenden Volksentscheid gab sich der Senat gesprächs- und kompromissbereit. Ob die Zeit für eine Einigung tatsächlich reicht, ist ungewiss. Selbst wenn es demnächst eine Einigung gibt, muss diese noch in Form gegossen werden. Dafür müsste das Parlament die „Reform der Reform“ in Windeseile beschließen.