Befürworter und Gegner der Primarschule äußern zwar Bereitschaft zur Einigung. Doch ein Volksentscheid scheint wahrscheinlicher.
Hamburg. Die Zukunft der Hamburger Schulreform ist unmittelbar vor der vierten Verhandlungsrunde von Primarschulgegnern und Senatsvertretern weiter ungewiss. Der Sprecher der Initiative „Wir wollen lernen“, Walter Scheuerl, sagte: „Wir setzen auf eine Verhandlungslösung.“ Er sei sicher, dass das Treffen am morgigen Dienstag nicht das letzte sein werde.
Nur noch ein einziger Termin werde für eine „komplette Einigung nicht ausreichen“, betonte Scheuerl. Gleichzeitig machte er deutlich, dass es einen „zeitlichen Rahmen“ gebe. Wenn die Bürgerschaft bis zum 18. März kein Änderungsgesetz zum Schulgesetz beschließe, müsse die Initiative den Antrag auf einen Volksentscheid stellen.
Der Hamburger SPD-Vorsitzende Olaf Scholz erklärte, CDU/GAL und die Initiative müssten jetzt „große Schritte auf einen Konsens hin machen“. Die Entscheidung über die Schulreform dürfe nicht auf eine spätere Legislaturperiode vertagt werden: „Es muss jetzt klar werden, wann was kommt.“
Bischöfin Maria Jepsen appellierte an den Senat und die Reformgegner, „ihre Bemühungen um Einigung zu verstärken“. Hamburg brauche einen dauerhaften Schulfrieden. Aus vielen Gesprächen wisse sie, dass es in der Stadt viele Befürworter des längeren gemeinsamen Lernens gebe. Aber auch die Sorgen der Eltern, die eine Verschlechterung des Bildungsstandards befürchteten, müssten ernst genommen werden.
Schulsenatorin Christa Goetsch (GAL) hatte wiederholt betont, wie sehr sie auf eine Einigung hoffe – vor allem im Interesse der Kinder und der Schulen. Allerdings müsse die Lösung „fachlich und pädagogisch vertretbar sein“. In vielen Punkten haben Goetsch und die schwarz-grünen Koalitionäre in den Gesprächen mit der Gruppe um Scheuerl ihre Schulreform bereits zurückgenommen.
So soll es ein Elternwahlrecht nach der sechsten Klasse über die Schulform geben. Auch eine Entschleunigung der Reform wurde angeboten. Eigentlich sollte die sechsjährige Primarschule in Hamburg flächendeckend zum neuen Schuljahr nach den Sommerferien an den Start gehen.
Scheuerl und seine Mitstreiter aber wollen von einer Primarschule als „Zwangsmodell“ weiterhin nichts wissen und haben bisher kaum Zugeständnisse gemacht. „Darum liegt der Ball jetzt auch bei der Initiative“, hatten die Fraktionsvorsitzenden von CDU und GAL, Frank Schira und Jens Kerstan, nach der dritten Verhandlungsrunde deutlich gemacht. Die Koalition habe weitgehende, substanzielle Vorschläge unterbreitet.
Bei einem Scheitern der Gespräche droht ein Volksentscheid über die von Schwarz-Grün beschlossene Schulreform, dessen Ergebnis verbindlich wäre. Die Initiative „Wir wollen lernen“ hatte bei einem Volksbegehren mehr als 184 000 Unterschriften gegen die Einführung der sechsjährigen Primarschule gesammelt.