Marmstorf. Seit 2017 meistert eine Genossenschaft viele Höhen und Tiefen. Wie es nach dem Richtfest mit dem Projekt an der Elfenwiese weitergeht.

  • Die Harburger Politik reservierte 2017 ein Baufeld an der Elfenwiese in Marmstorf für eine Baugemeinschaft
  • Den Zuschlag erhielt eine ehemalige WG aus dem Umfeld der Technischen Universität in Harburg
  • Bis zum Erstbezug der 24 Wohnungen unterschiedlicher Größe werden wohl acht lange Jahre vergangen sein

Ein Haus zu bauen, ist wie eine Achterbahnfahrt, sagen viele – und die meisten stimmen dieser These zu. Ein Haus mit vielen anderen gemeinsam zu bauen, bildet da keine Ausnahme; außer der vielleicht, dass diese Achterbahnfahrt noch mehr Kurven, Steigungen und Stürze hat als andere, und dass mitten in der Fahrt auch mal Leute aussteigen.

Sieben Jahre hat die Baugemeinschaft „Wohnen hoch drei“ für ihr Mehrgenerationenhaus mutig nach oben geschaut, entsetzt in die Tiefe geblickt und sich gut festgehalten, wenn wieder eine unerwartete Wendung kam. In der vergangenen Woche nun konnte an der Elfenwiese im Harburger Stadtteil Marmstorf endlich Richtfest gefeiert werden.

Wohnen an der Elfenwiese: 24 Wohnungen zwischen 42 und 108 Quadratmetern

„Wir sind auf der Zielgeraden“, freut sich Wiebke Hansen, aktuell Sprecherin der Baugemeinschaft. „In den ersten Monaten des nächsten Jahres können wir in die Wohnungen einziehen.“ Insgesamt 24 Wohnungen entstehen, von der 42-Quadratmeter-Single-Bude bis zur 108-Quadratmeter-Wohnung für eine fünfköpfige Familie. Wohnungen, die von der Größe her ideal für Paare wären, gibt es nicht.

Das erste Haus der Baugemeinschaft an der Elfenwiese steht. Die zukünftigen Bewohner und ihre Freunde feiern.
Das erste Haus der Baugemeinschaft an der Elfenwiese steht. Die zukünftigen Bewohner und ihre Freunde feiern. © HA | Lars Hansen

Nicht, dass keine Paare erwünscht wären: Das genossenschaftliche Wohnprojekt ist offen für alle Lebensentwürfe und Lebensrealitäten, „aber in den gesamten sieben Jahren hat sich unter den Baugenossen kein reines Paar gefunden“, sagt Hansen. „Also kein Paar, das nicht schon plante, zur Familie zu werden.“

Auch Wiebke Hansen und ihr Partner sind Eltern: „Mein Sohn wartet quasi schon sein Leben lang auf die Fertigstellung der Häuser“, sagt sie. „Er freut sich besonders darauf, hier ins Grüne zu ziehen.“

Aus einer WG an der Technischen Universität erwuchs die Baugemeinschaft

Das Wohnprojekt formierte sich Anfang 2017. Kern war eine Wohngemeinschaft im Umfeld der Harburger Technischen Universität. Bei der Aufstellung des Bebauungsplans für die Elfenwiese hatte die Politik beschlossen, eines der Baufelder für eine Baugemeinschaft zu reservieren.

Mein Sohn wartet quasi schon sein Leben lang auf die Fertigstellung der Häuser.
Wiebke Hansen - Genossin bei „Wohnen hoch Drei“

Die WG-Bewohner waren sofort Feuer und Flamme, sammelten weitere Interessenten und bewarben sich bei der Agentur für Baugemeinschaften. Sie bekamen den Zuschlag. Der Zug fuhr ab – und „Wohnen hoch drei“ saß drin. Es ging bergauf.

Achterbahnfahrt Bauen: Auf einen Höhenflug folgen schwindelerregende Tiefen

2019 begannen die Erschließungsarbeiten an der Elfenwiese. Gleichzeitig begannen die Wohnprojekt-Aspiranten umzufirmieren: Aus einer „Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ wurde eine Genossenschaft. Man war ganz oben an der Achterbahn angekommen, fuhr eine sanfte Kurve und genoss den Blick über Landschaft und Rummelplatz. Dann wurde der Zug gebremst.

Mit Korn und kernigen Worten wurde der Bau geweiht.
Mit Korn und kernigen Worten wurde der Bau geweiht. © HA | Lars Hansen

Im November 2019 wurde Klage gegen den Bebauungsplan für die Elfenwiese eingelegt. Ein Weiterplanen war erst einmal nicht möglich. Die Wohnen-hoch-drei-Genossen blickten in die schwindelerregende Tiefe.

Die Baugenehmigung kam 2021, mitten in der Corona-Zeit. Da hatten Lieferkettenprobleme und Fachkräftemangel das Bauen schon einmal kräftig verteuert, und die Finanzierung wurde mehrmals neu durchgerechnet. Der Zug ratterte über die Berg- und Tal-Strecke.

Mehr als 50 Menschen ziehen im ersten Quartal 2025 ein, davon etwa 20 Kinder

Dennoch war man zuversichtlich und fing an, das Gelände von Gestrüpp zu befreien. In großen Gruppen ackerten die Genossen auf der Wiese, das Ziel schon vor Augen: ein nachhaltiges, CO₂-freies und solidarisches Projekt in zwei miteinander verbundenen Häusern. Es ging bergauf.

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Dann wurde fast ohne Vorwarnung die Bundesförderung für energiesparendes Bauen gestrichen. In einer steilen Korkenzieherkurve zog es den Zug abwärts. Die Insassen hatten schon ihr Ende vor Augen.

Auch mehrere Gemeinschafts- und Begegnungsräume entstehen

Doch statt aufzuprallen, glitt der Zug plötzlich in die Waagerechte: Der Bund förderte wieder, wenn auch weniger als zuvor. Die Stadt Hamburg sprang ein und rettete damit so manches Wohnprojekt, auch dieses. So kommt „Wohnen hoch Drei“ jetzt auf die Zielgerade.

Gut 50 Menschen – der älteste 75, die jüngsten werden erst zur Welt kommen – ziehen im ersten Quartal 2025 ein. Etwa 20 sind im Kindesalter. Die beiden Häuser sind je drei Etagen hoch und in Massivholzbauweise errichtet. Außer den Wohnungen entstehen zahlreiche verschiedene Gemeinschafts- und Begegnungsräume und ein Co-Working-Space für Home-Office ohne Einsamkeit.

Anlässlich des Richtfestes gab es erstmals auch Führungen durch den Rohbau. Da Interesse war groß.
Anlässlich des Richtfestes gab es erstmals auch Führungen durch den Rohbau. Da Interesse war groß. © HA | Lars Hansen

„Zwei Wohnungen sind für Menschen mit besonderem Assistenzbedarf vorgesehen. Eine davon ist derzeit noch frei“, sagt Wiebke Hansen.

Fenster und Wände sind für einen geringen Wärmeverbrauch optimiert

Nicht nur soziale Aspekte sind beim Bau berücksichtigt. Die Holzbauweise bindet dauerhaft CO₂ und benötigt keine „graue Energie“ zur Herstellung des Materials. Fenster und Wände sind optimiert für einen geringen Wärmeverbrauch. Raumwärme und Warmwasser werden durch zwei Wärmepumpen bereitgestellt. Zusätzlich entzieht ein weiterer Wärmetauscher der gesammelten Raumabluft die Restwärme und führt die Energie erneut dem Heiz- und Warmwasserkreislauf zu.

Thema Baugemeinschaften

Material und Technik ermöglichen eine fossilfreie Energieversorgung und sorgen so für zukunftsfähiges, CO₂-freies Wohnen. Der Strom wird größtenteils selbst erzeugt. Die Genossenschaft Hamburg Energie hat die rund 700 m² Dachfläche langfristig gepachtet und installiert dort Fotovoltaik-Module. Deren Strom füllt zunächst die Speicherbatterien im Keller. Diese decken den Hausbedarf, der Überschuss wird ins Netz eingespeist.

Baugemeinschaft muss noch viele Detailfragen klären – einvernehmlich

Die Zielgerade ist erreicht. Ganz angekommen ist der Zug noch nicht. Die Bewohner müssen auf ihren wöchentlichen Versammlungen noch viele Detailfragen einvernehmlich klären. „Vor allem aber müssen wir alle langsam mal anfangen, zu packen und den Umzug vorzubereiten“, sagt Wiebke Hansen.