Harburg. Beschluss der Stadt aktuell nicht umsetzbar. Entwicklung droht steckenzubleiben. Warum geplantes großes Bauprojekt nicht startet.

Liefe alles nach Plan, so wäre die Technische Universität Hamburg (TUHH) seit 2023 in der politisch beschlossenen zweiten Wachstumsphase. Doch nach der erfolgreichen ersten Phase droht die Entwicklung steckenzubleiben. Der TUHH fehlen die Räumlichkeiten, um mehr Professoren, Institute und Studierende unterbringen zu können. Es konnte noch nicht einmal der Bedarf von 15.300 zusätzlichen Quadratmetern, der für den ersten Wachstumsschritt ermittelt wurde, gedeckt werden.

„In Summe konnten rund 12.600 Quadratmeter an zusätzlichen Flächen für die Weiterentwicklung der TUHH bereitgestellt werden“, antwortet die Behörde für Wissenschaft, Forschung, Gleichstellung und Bezirke, kurz BWFBG, auf Abendblatt-Anfrage. Wie es konkret weitergehen soll, steht offenbar bislang nur auf dem Papier: „Für die Raumkapazitäten der geplanten weiteren Entwicklungsphase liegt der Behörde ein Grobkonzept der TUHH vor. Die BWFGB steht mit der TUHH zu den Auswirkungen auf die Flächenbedarfe und eine darauf ausgerichtete räumliche Entwicklungsplanung eng im Austausch.“

Harburger Binnenhafen soll zweiter großer TU-Standort werden

Von Anbeginn steht fest, dass das Wachstum im Binnenhafen erfolgen soll. So fand in der ersten Phase der gesamte Flächenzuwachs ausschließlich im Hafencampus statt: Im November 2019 wurde der erste Bauabschnitt des Hamburg Innovation Ports (HIP1) feierlich eröffnet, den die TU mittlerweile mit einer Fläche von 4300 Quadratmetern zu einem Großteil gemietet hat.

Weitere Räumlichkeiten wurden in drei Channel-Bürogebäuden am Schellerdamm und an der Harburger Schloßstraße gefunden. Den größten Flächenzuwachs wird in diesem Frühjahr die Anmietung des Palmspeichers bringen. Dort werden gut 5300 Quadratmeter nach dem Bedarf der Technischen Universität hergerichtet.

Wo früher ein Restaurant lag, wird heute geforscht

So werden im Erdgeschoss des 1883 gebauten, unter Denkmalschutz stehenden ehemaligen Speicher für Palmölsamen nun Labore und experimentelle Forschung einziehen. Ein großer Vorteil bieten dabei die fünf Meter hohen Decken, die dem einen oder der anderen vielleicht noch als Gast des Achterbahnrestaurants „Schwerelos“ in Erinnerung sind.

Die großen Höhen ermöglichen Installationen, die in normalen Büroräumen keinen Platz finden. „Sehnsüchtig erwarten die ersten Institute den Umzug, denn die Flächen auf dem Hauptcampus am Schwarzenberg sind übervoll und platzen aus allen Nähten“, berichtet das TUHH-Magazin „Spektrum“.

Die Keimzelle der TUHH liegt an der Harburger Schloßstraße

Sich bei Sturm lösende Bauplanen am Thörl-Gebäude haben in diesem Winter zwei Feuerwehr-Einsätze verursacht, hier am 22. Dezember 2023. 
Sich bei Sturm lösende Bauplanen am Thörl-Gebäude haben in diesem Winter zwei Feuerwehr-Einsätze verursacht, hier am 22. Dezember 2023.  © Angelika Hillmer | Angelika Hillmer

Eine Forschungshalle und Werkstätten werden zudem in einem Anbau hinter dem ehemaligen Verwaltungsgebäude der Ölmühle Thörl entstehen. Das leicht gebogene weiße Gebäude an der Harburger Schloßstraße 20 gehört ebenfalls zur TUHH – hier wurde sie anno 1978 gegründet. Das 1920 eingeweihte Haus steht ebenfalls unter Denkmalschutz, bietet rund 4000 Quadratmeter Nutzfläche und wird seit Herbst 2020 grundsaniert.

Die Arbeiten, für die zu Beginn elf Millionen Euro eingeplant waren, sollten eigentlich Ende 2023 abgeschlossen sein. Doch nicht nur die fetzigen Bauplanen an der Hauptfassade signalisieren, dass es Verzögerungen gibt.

Nähe von Wissenschaft und Wirtschaft soll auch räumlich gegeben sein

Die Anmietungen haben die bestehende Raumnot gelindert oder werden dies demnächst tun. Weichen für einen weiteren Wachstumsschritt – mit ähnlich hohem Flächenbedarf wie beim ersten – stellen sie jedoch nicht. „Perspektivisch steigt der Raumbedarf durch die erfolgreich aufwachsenden Professuren der ersten Wachstumsphase sowie durch das weitere Wachstum der TU Hamburg in Phase zwei“, lautet die Stellungnahme der TUHH gegenüber dem Abendblatt.

Ziel sei es, „die räumlichen Beziehungen so zu gestalten, dass sich aus der Nähe von Wissenschaft und Wirtschaft noch stärkere Impulse für einen erfolgreichen Technologietransfer ergeben. Hierfür ergeben sich mit der Entwicklung des HIP2 große Chancen.“

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Die TUHH setzt also auf den zweiten Bauabschnitt des Hamburger Innovation Port an der Blohmstraße. „Im HIP Two entstehen circa 20.000 Quadratmeter für Forschungseinrichtungen und technologieorientierte Unternehmen in Form von Entwicklungs- und Büroflächen, Laboren sowie Coworking-Spaces“, heißt es auf der Projektseite vom HIP. Diese Flächen seien 2023 verfügbar, ist dort zu lesen. Doch bislang ist auf der Fläche nur ein Parkplatz zu sehen. Der Bau hat noch nicht einmal begonnen.

Der zweite Bauabschnitt des Hamburg Innovation Port ist deutlich größer geplant als der erste (hinten).
Der zweite Bauabschnitt des Hamburg Innovation Port ist deutlich größer geplant als der erste (hinten). © HC Hagemann | MVRDV Architekten

Bauherr Arne Weber und seine HC Hagemann Gruppe wollten längst weiter sein. Doch anders als bei der ersten Bauphase möchte Weber bei HIP2, dem größten von vier Bauabschnitten, nicht ins Risiko gehen, sondern zunächst einen Mietvertrag mit dem Ankermieter TUHH abschließen. „Der nächste Bauabschnitt ist zu groß, um aus dem Glauben heraus zu handeln“, sagt Weber. Er habe bereits Millionen in HIP2 investiert, von den Architektenleistungen über den Abbruch von Gebäuden bis zur Kampfmittelräumung auf dem nun fertig vorbereiteten Baugrund.

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„Selbstverständlich möchte ich HIP2 bauen“, betont Weber. Aber ohne bindenden Vertrag sei dies nicht möglich. Ihn ärgere, dass die Technische Universität den Palmspeicher auf 20 Jahre angemietet und er das aus der Zeitung erfahren habe, sagt der Unternehmer. „Wir haben beim HIP eine Partnerschaft geschlossen. So geht man mit Partnern nicht um.“ Seine Bereitschaft weiterzubauen, sei durch die Anmietung des Palmspeichers weiter gesunken.

2019 hatte sich die TUHH unter dem Motto „Nordisch optimistisch“ präsentiert. Dieser Optimismus wird nun gebraucht, um die gesteckten Wachstumsziele weiterhin zu verfolgen.