Hamburg. Zunächst soll der historische Palmspeicher angemietet werden. Aber die wachsende Technische Universität braucht noch mehr Fläche.
Die Technische Universität Hamburg (TUHH) soll wachsen, so beschlossen es Senat und Bürgerschaft im Januar 2018. Und das tut sie auch: Allein im ersten Halbjahr 2022 kamen zehn Professoren mit ihren Teams hinzu, auch die Zahl der Studienbewerber legte nach den Corona-Jahren jetzt deutlich zu. Die Entwicklung verschärft die Raumnot der Hochschule. Sie will nun ihren Campus im Binnenhafen zwischen der Harburger Schloßstraße und dem Schellerdamm deutlich ausbauen.
„Wir planen, den Palmspeicher anzumieten“, sagt Arno Burda, Kanzler der TUHH. Allerdings fehlt dazu noch der Beschluss der Bürgerschaft. Die entsprechende Vorlage befindet sich in der Behördenabstimmung.“ Kollege Klaus Bückner, der mit seinem Team die eigenen und angemieteten Immobilien der TU managt, hat schon genaue Vorstellungen über die Belegung des historischen Gebäudes am Westlichen Bahnhofskanal: „Das Erdgeschoss hat fünf Meter hohe Decken. Dort wird unser Rechenzentrum untergebracht. Auch größere Geräte können dort stehen. In den vier Obergeschossen werden Forscher ihre Büros haben.“
Zusätzlich zum Palmspeicher will die TUHH weitere 1200 Quadratmeter anmieten
Zusammen mit dem nicht unter Denkmalschutz stehenden Anbau würde die TU durch die Anmietung des Palmspeichers zusätzlich 5300 Quadratmeter gewinnen, wenn die Politik grünes Licht gibt. Das sei noch längst nicht genug, betont Bückner: „Allein für die ersten Wachstumsphase von 2018 bis Ende 2022 war ein zusätzlicher Raumbedarf von 15.000 Quadratmetern ermittelt worden. Bislang haben wir erst gut 3800 Quadratmeter im ersten Bauabschnitt des Hamburg Innovation Port anmieten können.“
Zusätzlich zum Palmspeicher will die TUHH weitere 1200 Quadratmeter auf der anderen Kanalseite am Schellerdamm anmieten. Etwa 400 Quadratmeter seien Büros, 800 Quadratmeter Räumlichkeiten mit hohen Decken für die Forschung, so Bückner. Gerade sie seien Mangelware. Insgesamt würden mit den Neuanmietungen gut 10.000 Quadratmeter hinzukommen. Also zwei Drittel des im Wachstumskonzept errechneten Bedarfs.
Bei der qualitativen Weiterentwicklung hat die TUHH ihre Hausaufgaben gemacht. 15 neue Professuren sollten in der ersten Wachstumsphase vergeben werden – die Zahl der Professorinnen und Professoren stieg von 91 im Dezember 2018 auf 109 im Juni 2022. „Wir wollen hervorragende Wissenschaftler gewinnen. In den Bewerbungsgesprächen müssen wir ihnen natürlich auch räumliche Angebote machen können“, sagt Arno Burda. „Je nach Projekt braucht ein Bewerber, etwa ein Informatiker, nur ein Büro. Oder er baut Roboter und muss sie in einer Versuchshalle testen können.“
TUHH wird im In- und Ausland deutlich wahrgenommen
Die gute Entwicklung der TUHH werde im In- und Ausland inzwischen deutlich wahrgenommen, sagt Prof. Kerstin Kuchta, Vizepräsidentin für die Lehre. Das spiegele sich auch in der Zahl der Studienbewerber wider: „Wir haben in diesem Sommer ein Plus von 13 Prozent und liegen jetzt bei knapp 3200 Leuten, die an der TUHH studieren wollen.“ Mehr Studierende bräuchten mehr Räume und dazu eine inspirierende Lernumgebung, so Kuchta: „Wir haben früher viel zu Hause gelernt. Heute kommen die Studierenden hierher, um zu lernen. Das ist sehr schön. Denn es fördert den akademischen Diskurs, den fachlichen Austausch untereinander.“
Auch die Umgebung des Palmspeichers gelte es zu verschönern, betont die Vizepräsidentin. Denn dort werde nicht nur geforscht, sondern auch gelehrt werden. Derzeit herrschten Asphalt und Parkplätze vor. Eine Aufwertung würde sich gleich doppelt lohnen, denn in direkter Nachbarschaft saniert die Technische Universität gerade ihr Gründungsgebäude: das weiße, unter Denkmalschutz stehende ehemalige Verwaltungsgebäude des Ölpflanzenverarbeiters Thörl an der Harburger Schloßstraße 20. Hinter dem Gebäude sollen in einem Neubau eine Forschungshalle und Forschungswerkstätten entstehen. Sie sind aktuell nur durch einen kleinen Parkplatz vom Palmspeicher getrennt.
Arbeiten am Thörl-Gebäude sollen Ende 2023 fertiggestellt sein
Die Arbeiten am Thörl-Gebäude sollen Ende 2023 fertiggestellt sein, inklusive neuem Anbau. Kommt die geplante Anmietung hinzu, dann entwickelt sich die Harburger Schloßstraße mehr und mehr zum Kerngebiet des Hafencampus’ der TUHH. Denn auch in den Gebäuden mit den Hausnummern 6-12, 28 und 36 ist die TU ansässig. „Wir brauchen dringend eine Verkehrsberuhigung auf der Schloßstraße“, sagt Bückner. „Der Schwerlastverkehr muss raus. Darüber habe ich schon mit Harburgs Baudezernenten Herrn Lied gesprochen.“
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Doch vordringlich ist die Platznot. „Wenn irgendwo ein Raum frei wird, kommen 15 Kollegen und sagen: Den brauch’ ich“, so Kuchta. Der Druck könnte sich weiter verstärken. Schließlich spricht vieles dafür, dass 2023 die zweite Wachstumsphase beginnt. „Wir nennen sie Entwicklungsphase, denn es wird vor allem um Inhalte gehen. Es gilt, gesellschaftliche Entwicklungen noch stärker aufzugreifen.“
Dennoch rechnet Arne Burda mit zusätzlichem Raumbedarf. Er hofft darauf, dass Investor Arne Weber möglichst schnell das nächste Gebäude seines Hamburg Innovation Port (HIP) errichten wird. Das Projekt heißt Cube (Würfel) und wird um die 4000 Quadratmeter bieten, darunter einen großen Hörsaal. Burda: „Aus unserer Sicht wird es so kommen, dass wir ihn anmieten werden.“