Hamburg. Nach dem Tod einer Mutter bei der Geburt ihres siebten Kindes warnen Politiker vor einer Vorverurteilung der Helios-Klinik.
Die Nachricht, dass in der Helios Mariahilf Klinik an der Stader Straße eine Frau während der Geburt gestorben ist – das Baby überlebte – löst Trauer und Bestürzung aus. „Das ist entsetzlich“, sagt Jörn Lohmann, Fraktionsvorsitzender der Linken in der Harburger Bezirksversammlung.
Die Frau war, wie jetzt feststeht, bereits am Freitag, 1. Februar, verstorben. Erst durch einen entsprechenden Hinweis des Linken-Politikers Lohmann war der Fall am Donnerstag bekannt und dann auch von der Klinikleitung – Geschäftsführer ist Phillip Fröschle – bestätigt worden. Nach den Informationen, die Lohmann zugespielt worden sind, handelt es sich bei der Verstorbenen um eine 42-Jährige aus Syrien, die ihr siebtes Kind erwartete.
Ausnahmesituation in Mariahilf Klinik
„Unser tiefes Mitgefühl gilt den Hinterbliebenen, die diese Tragödie erleiden müssen“, sagte Lohmann am Freitag. Zusätzlich treibt ihn die Tatsache um, dass die Personalsituation in der Helios Mariahilf Klinik am vergangenen Wochenende so zugespitzt war, dass es wie berichtet zu zeitweiligen Kreißsaal-Sperrungen gekommen war – es fehlte an Ärzten. „Dass sowohl die eigenen Oberärzte als auch ein bestellter Honorararzt krank werden, ist bis jetzt noch nicht vorgekommen“, hatte die Klinik erklärt und sah darin eine „bisher einmalige Reihung von unglücklichen Ereignissen“.
Befürchtungen, der Tod der Frau stehe in Zusammenhang mit den personellen Engpässen an dem Wochenende, hatte die Klinik prompt und entschieden zurückgewiesen. Die ärztliche Besetzung sei zu dem Zeitpunkt „vollumfänglich gewesen: „Es waren drei Chefärzte, zwei Oberärzte, ein Assistenzarzt und zwei Hebammen anwesend.“
Probleme in der Geburtshilfe seit Dezember bekannt
Nichtsdestotrotz fordert Lohmanns Fraktionskollegin Kadriye Baksi weitere Aufklärung: Nur weil vielleicht zum besagten Zeitpunkt eine Besetzung vor Ort gewesen sei, die die Klinikleitung als voll umfänglich bezeichne, „heißt dies nicht, dass sie auch in der Realität ausreichend war.“
Im Dezember war bekannt geworden, dass die Chefärztin der Geburtsklinik, Dr. Maike Manz, und mit ihr drei Oberärzte gekündigt hatten. In einem Brief an Kollegen hatten die Mediziner deutliche Kritik geübt: „Unter den derzeit existierenden Rahmenbedingungen können wir unseren Ansprüchen an die medizinische Versorgung, die patientenfreundlichen Organisationsstrukturen und den Umgang mit Mitarbeitern nicht mehr gerecht werden.“
Politiker warnen vor Vorverurteilung der Mariahilf
Gleichwohl warnt Grünen-Politikerin und Gynäkologin Gudrun Schittek dringend davor, Zusammenhänge herzustellen, die es so vielleicht gar nicht gibt: „Es darf auf keinen Fall eine Vorverurteilung der Klinik geben.“ So ein Todesfall wie der vom vergangenen Freitag sei katastrophal - vor allem für die Hinterbliebenen. Doch voreilige Schuldzuweisungen seien hier völlig fehl am Platz. Wichtig sei vielmehr eine lückenlose Aufklärung des Falles: „Ich hoffe, dass die Klinik in vollständiger Offenheit alle Fakten auf den Tisch legt.“
Christdemokratin und Bürgerschaftsabgeordnete Birgit Stöver bedauert, dass das Haus an der Stader Straße erneut in die Schlagzeilen geraten ist: „Dennoch darf man den Fall jetzt nicht überbewerten. Ich bin überzeugt, die Ärzte haben alles getan, die Mutter zu retten.“
Eftichia Olowson-Saviolaki, Sozialdemokratin und selbst Ärztin, setzt darauf, dass sich alle Beteiligten um Aufklärung bemühen. Dazu gehöre, dass sich Klinikleitung und Ärzte in der nächsten Sitzung des Gesundheitsausschusses des Bezirks am 22. Februar den Fragen der Politiker stellten. Bereits in der kommenden Woche, am Dienstag, 12. Februar, stehen die Vorgänge in der Harburger Klinik auf der Tagesordnung des Gesundheitsausschusses der Bürgerschaft.
Staatanwaltschaft ermittelt gegen Unbekannt
Kay Wolkau, Bezirksabgeordneter der Neuen Liberalen, benennt – unabhängig von dem tragischen Todesfall – als ein Grundübel die Privatisierung im Gesundheitsbereich. Wenn es zu wenig Wettbewerb wie hier im Falle der Geburtshilfe gebe, sei das besonders problematisch: „Hier ist auch der Senat gefordert.“
Routinemäßig ist inzwischen auch schon die Hamburger Staatsanwaltschaft in den tragischen Fall eingeschaltet. „Wir haben ein Todesermittlungsverfahren gegen Unbekannt eingeleitet“, bestätigte am Freitag die Sprecherin der Behörde, Staatsanwältin Liddy Oechtering, und ergänzte, es sei ein staatsanwaltliches Aktenzeichen angelegt worden (7202 UJS 667/19). In einem Fall wie diesem, sei dieses Vorgehen obligatorisch: die Polizei sende die Akte an die Staatsanwaltschaft, die wiederum habe sie umgehend an das Institut für Rechtsmedizin weitergeleitet: „Wir warten nun auf das Ergebnis der Obduktion.“