Hamburg. Betroffenheit bei Leitung der Mariahilf Klinik. Geschäftsführer schließt Zusammenhang mit Personalproblemen der Geburtshilfe aus.
Zunächst war es ein furchtbares Gerücht – inzwischen ist der Fall traurige Gewissheit: In der Helios Mariahilf Klinik (Heimfeld) ist am vergangenen Freitag eine Frau während der Geburt ihres Kindes gestorben – das Baby überlebte. „Wir trauern mit der Familie und bedauern den Tod der Patientin sehr“, heißt es in einer Erklärung der Klinik, und weiter: „Auch den Mitarbeitern ist dieses Ereignis sehr nahegegangen.“
Der Fall löst Trauer und Bestürzung aus: „Das ist entsetzlich“, sagt Jörn Lohmann, Fraktionsvorsitzender der Linken in der Harburger Bezirksversammlung. Erst durch einen entsprechenden Hinweis des Politikers war der Fall am 7. Februar bekannt und dann auch von der Klinikleitung bestätigt worden.
Frau wollte im Mariahilf ihr siebtes Kind zur Welt bringen
Nach Abendblatt-Informationen handelt es sich bei der Verstorbenen um eine 42 Jahre alte Frau, die ihr siebtes Kind erwartete.
Inzwischen ist auch die Hamburger Staatsanwaltschaft in den Fall eingeschaltet: „Wir haben ein Todesermittlungsverfahren gegen Unbekannt eingeleitet“, bestätigt die Sprecherin, Staatsanwältin Liddy Oechtering, und ergänzt, es sei ein staatsanwaltliches Aktenzeichen angelegt worden (7202 UJS 667/19).
In einem Fall wie diesem werde ein solcher Vorgang automatisch in Gang gesetzt, so Oechtering weiter. Die Polizei übersende die Akte an die Staatsanwaltschaft, die wiederum leite sie weiter an das Institut für Rechtsmedizin. So geschehe es auch jetzt: „Wir warten nun auf das Ergebnis der Obduktion.“
Klinik spricht von "Reihung unglücklicher Ereignisse"
Erst Anfang der Woche hatte die Helios Mariahilf Klinik für Schlagzeilen gesorgt, nachdem bekannt geworden war, dass das Krankenhaus am Wochenende Schwangere abweisen musste: Weil Ärzte krank waren, kam es zu zeitweiligen Kreißsaal-Sperrungen (von Freitag, 12 Uhr, bis Sonnabend, 9 Uhr, sowie von Sonntag, 8 Uhr, bis Montag, 8 Uhr) – ein in Harburg bislang einmaliger Vorgang.
Die Klinikleitung, Geschäftsführer ist Phillip Fröschle, sprach von einer „bisher einmaligen Reihung von unglücklichen Ereignissen“. Gerüchte, die Frau sei gestorben, verblutet, weil es an Personal mangelte, wies die Klinik am Donnerstag entschieden zurück: „Die ärztliche Besetzung war zu diesem Zeitpunkt voll umfänglich: Es waren drei Chefärzte, zwei Oberärzte, ein Assistenzarzt und zwei Hebammen anwesend.“ Ausdrücklich wird betont: „Der Todesfall ereignete sich außerhalb der temporären Sperrung und steht in keinem Zusammenhang.“
Chefärztin der Geburtsklinik spricht von unhaltbaren Zuständen
Seit im Dezember publik wurde, dass die Chefärztin der Geburtsklinik, Dr. Maike Manz, nach nicht einmal zweijähriger Amtszeit schon wieder gekündigt hat – ebenso wie drei Oberärzte – und die Klinik zum Sommer verlässt, schlagen die Wellen hoch.
In einem Brief an Kollegen hatten Dr. Manz sowie die Oberärzte und -ärztinnen ihren drastischen Schritt mit unhaltbaren Zuständen begründet: „Unter den derzeit existierenden Rahmenbedingungen können wir unseren Ansprüchen an die medizinische Versorgung, die patientenfreundlichen Organisationsstrukturen und den Umgang mit Mitarbeitern nicht mehr gerecht werden.“
Mariahilf Klinik wird zum Fall für die Bürgerschaft
Längst ist die Harburger Klinik stadtweit in den Fokus gerückt – in seiner Sitzung am Dienstag beschäftigt sich der Gesundheitsausschuss der Bürgerschaft mit der Situation in dem Haus an der Stader Straße. Zudem richtet sich Deniz Celik, Bürgerschaftsabgeordneter der Linken, mit einer Kleinen Anfrage an den Senat. Unter anderem möchte er wissen, wie sich die Sterblichkeitsrate von Müttern seit 2016 in der Geburtshilfe der Klinik entwickelt hat. Und auch, wie es mit der personellen Besetzung dort aussieht.
Fest steht: Über den tragischen Todesfall ist auch die Gesundheitsbehörde informiert. „Die Helios-Klinik hat uns über den besagten Fall am vergangenen Freitag informiert und uns mitgeteilt, dass er nicht in Zusammenhang mit der temporären Sperrung des Kreißsaales stehe“, sagte Behördensprecher Dennis Krämer. Auch, dass die ärztliche Besetzung zum besagten Zeitpunkt „vollumfänglich“ gewesen sei.
Todesfälle von Müttern während der Geburt sind selten
Eine Frau stirbt während der Geburt ihres Kindes: ein Fall von Tragik, wie er in Deutschland und auch in Hamburg nur noch äußerst selten vorkommt. Ein Blick in den Hamburger Krankenhausspiegel belegt das: In der Rubrik „Sterblichkeit der Mutter“ ist dort für Hamburg im Jahr 2016 kein einziger Fall dokumentiert (bundesweit werden 16 Sterbefälle bei insgesamt 760.000 Geburten ausgewiesen). Im Jahr 2015 verstarb demnach eine Frau in der Uniklinik Eppendorf (bundesweit: 20 Todesfälle bei 715.000 Geburten), und im Jahr 2014 starben eine Frau in der Asklepios Klinik Altona sowie vier im UKE (bundesweit: 20 Fälle bei 659.000 Geburten).
Jeder einzelne dieser Todesfälle ist untersucht worden. Auch das ist dem Krankenhausspiegel zu entnehmen, in dem 28 Hamburger Krankenhäuser ihre medizinische Qualität zu 23 besonders häufigen bzw. komplizierten Behandlungsgebieten offenlegen. Dort heißt es: „Nach Prüfung durch die Fachgremien lagen in keinem Fall Mängel in der medizinischen Versorgung der Krankenhäuser vor. Die verstorbenen Mütter waren bereits bei Aufnahme in das Krankenhaus lebensbedrohlich erkrankt.“