Hamburg. Am Wochenende wurde der Kreißsaal gesperrt. Klinikleitung: „Einmalige Reihung unglücklicher Ereignisse“. Die Hintergründe.

Das hat es in Harburg bislang noch nicht gegeben: Am Wochenende musste die Helios Mariahilf Klinik an der Stader Straße erstmals Schwangere abweisen. Grund waren zeitweilige Kreißsaal-Sperrungen. Wie die Klinikleitung gestern bestätigte, wurden von Freitag, 12 Uhr, bis Sonnabend 9 Uhr, sowie ein weiteres Mal von Sonntag, 8 Uhr, bis Montag, 8 Uhr, „nur Kinder entbunden, die es ganz eilig hatten“. Alle anderen Schwangeren mussten sich auf den Weg in umliegende Kliniken machen – weil es in der Harburger Geburtsklinik an Ärzten fehlte.

Wegen Krankheit, wie es heißt. Dass es überhaupt soweit kommen konnte, erklärt die Klinikleitung – Geschäftsführer ist Phillip Fröschle – mit einer „bisher einmaligen Reihung von unglücklichen Ereignissen“: „Dass sowohl die eigenen Oberärzte als auch ein bestellter Honorararzt gleichzeitig krank werden, ist bis jetzt noch nicht vorgekommen“, heißt es in der offiziellen Mitteilung.

Bürgerschaft beschäftigt sich mit Helios Mariahilf

Seit im Dezember bekannt geworden ist, dass die Chefärztin der Geburtsklinik, Dr. Maike Manz, nach nicht einmal zweijähriger Amtszeit gekündigt hat, ebenso wie drei Oberärzte, segelt Mariahilf in rauen Gewässern. Die Wellen schlagen hoch – und längst über die Bezirksgrenzen hinaus: Auf Antrag von SPD und Grünen beschäftigt sich der Gesundheitsausschuss der Bürgerschaft am 12. Februar mit der Situation in dem Harburger Krankenhaus. An der kann Geschäftsführer Fröschle indes generell nichts Außergewöhnliches erkennen, so hatte er kürzlich in einem Gespräch mit dem Abendblatt erklärt. Es bestehe kein Grund zur Sorge, hatten er und der Ärztliche Direktor Dr. Christopher Wenck bei der Gelegenheit beteuert.

Klinik-Geschäftsführer Phillip Fröschle.
Klinik-Geschäftsführer Phillip Fröschle. © HA

Nach den Kreißsaal-Schließungen vom Wochenende sieht das Jörn Lohmann, Fraktionschef der Linken in der Harburger Bezirksversammlung, allerdings ganz anders: „Das macht einen fassungslos.“

Es könne nicht angehen, sagte er weiter, dass die einzige Geburtenklinik, die nach der Schließung der Geburtenstation des Asklepios Klinikums Harburg südlich der Elbe übrig geblieben sei, keine Geburten mehr vornehmen könne, weil es an Personal mangele.

Das Grundübel sieht der Linken-Politiker in der Privatisierung und dem Verkauf von Kliniken: „Hier sieht man, was die Privatisierung von Kliniken anrichtet. Wenn es nur noch darum geht, wie viel Gewinn gemacht wird, geht dies zu Lasten der Arbeitsbedingungen. Deshalb kündigt das Personal oder wird krank.“ Jetzt muss der Senat ran, fordert auch Lohmanns Fraktions-Kollegin Kadriye Baksi: „Er ist nun gefordert, schnellstmöglich diesen unhaltbaren Zustand zu beenden und dafür zu sorgen, dass so etwas nie wieder vorkommt“, sagte sie gestern. Für sie ist klar, wer den Schwarzen Peter hat: „Schließlich hat der Senat dafür gesorgt, dass es nur noch diese Geburtsstation im Süden Hamburgs gibt.“

"Auch Ärzte dürfen mal krank werden"

Die Hamburger Gesundheitsbehörde war am Sonntag über die Kreißsaal-Schließung informiert worden, bestätigte deren Sprecher Dennis Krämer gestern. Er sagte, dass die Senatorin nun besonders aufmerksam nach Harburg schauen werde: „Wir befinden uns aktuell mit der Geschäftsführung in Gesprächen.“ Krämer ergänzte: „Wir haben ihr mitgeteilt, dass die geburtshilfliche Versorgung weiterhin sichergestellt sein muss.“

Zu den Vorgängen am Wochenende heißt es in der Stellungnahme der Klinikleitung: „Wir konnten nicht durchgängig gewährleisten, dass ein Oberarzt bzw. Facharzt im Haus ist. Auch Ärzte dürfen mal krank werden: Wir hatten zwei Oberärzte aus dem Haus, die sich krank gemeldet haben. Der daraufhin beauftrage Honorararzt hat sich ebenfalls kurzfristig krank gemeldet. Hier sind auch wir irgendwann machtlos.“ Das Hebammenteam sei indes kontinuierlich vollständig besetzt gewesen, und: „Notfälle wurden selbstverständlich durch Rufdienste durchgängig abgesichert.“

Von Freitag bis gestern früh sind sieben Kinder in der Klinik zur Welt gekommen, sagt die Klinikleitung. Unklar ist laut den Auskünften allerdings, wie viele Schwangere am Wochenende abgewiesen werden mussten: „Das wurde nicht dokumentiert.“

Geburten in Hamburg

Bei 24.969 Geburten kamen 2017 in Hamburg 25.529 Kinder zur Welt, teilt die Gesundheitsbehörde mit. Danach haben sieben Hamburger Krankenhäuser sogar die höchste Anzahl an Geburten seit Jahren gemeldet. Es sind dies: die Uniklinik Eppendorf, das Albertinen-Krankenhaus, das Agaplesion Diakonieklinikum, das Ev. Amalie-Sieveking-Krankenhaus, die Asklepios Klinik Wandsbek, das Bethesda Krankenhaus Bergedorf – und die Harburger Helios Mariahilf Klinik: Die Zahl der Geburten stieg hier von 1727 (2015) auf 2089 (2017); die Zahl der geborenen Kinder von 1734 auf 2118. Allerdings wurde in dieser Zeit auch die Geburtenstation des Asklepios Klinikums Harburg geschlossen.