Hamburg. Eröffnung des Westfield-Einkaufsquartiers in der HafenCity ist geplatzt. Die Auswirkungen für die Geschäftsleute sind gravierend.
Die Nachricht war für viele Geschäftsleute in Hamburg ein Schock. Am frühen Donnerstagmorgen gab Bauherr Unibail-Rodamco-Westfield (URW) bekannt: Der für den 25. April geplante Eröffnungstermin des XXL-Einkaufsviertels Westfield Hamburg-Überseequartier in der HafenCity kann nicht eingehalten werden.
Die Eröffnung des Einkaufszentrums muss um vier Monate auf Ende August verschoben werden. Der Grund: Im Untergeschoss dringt Grundwasser durch eine Bodenplatte ins Innere. Weil der Bereich einer „zentralen technischen Anlage“ betroffen sei, könne diese nicht in Betrieb genommen werden, heißt es in einer Mitteilung von URW. Damit fällt auch die große Eröffnungsfeier mit Konzert von Superstar Rita Ora aus.
Westfield Hamburg: Eröffnung des XXL-Einkaufscenters geplatzt – die Folgen
Mehr als 50 Einzelhändler und zahlreiche gastronomische Betriebe sollten zum 25. April in dem Einkaufsquartier eröffnen. Darunter auch einige Unternehmen, die bislang nicht in Hamburg vertreten waren, wie das Luxuskaufhaus Breuninger oder die Tattoo-Kette Glorious Art. Außerdem haben bekannte Modemarken wie Calvin Klein, Hugo Boss, Zara und H&M sowie die Buchhandlungskette Thalia Flächen gemietet.
Einige Mieter hatten sich auf Abendblatt-Anfrage bereits am Donnerstag zur Verschiebung des Eröffnungstermins geäußert. Gastronom Gurbir Singh Muhar, der ein Restaurant mit gehobener indischer Küche eröffnen will, sprach etwa von einem „Schock“. Axel Strehlitz, der im Westfield-Einkaufszentrum ebenfalls mit einer Gastronomie starten wollte, war zunächst „sprachlos“.
Doch wie gehen die anderen Geschäfte mit der überraschenden Nachricht um und was bedeutet das für neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter? „Wir versuchen jetzt, eine Lösung zu finden“, sagt Florian Scheer vom Hamburger Modelabel Derbe. „Wir wollen die Zeit bis zur Eröffnung irgendwie überbrücken, damit die Mitarbeiter im Unternehmen bleiben können.“
Kunstzentrum in der HafenCity: Gekaufte Tickets behalten ihre Gültigkeit
Beim digitalen Kunstzentrum Port des Lumières versuchen die Verantwortlichen ebenfalls, ihre Mitarbeiter zu halten. „Wir waren voll auf den 25. April als Eröffnungsdatum gepolt, das hätten wir einhalten können“, sagt Sprecherin Katja Derow. Man wolle so bald wie möglich öffnen. Die 20 Mitarbeiter, die am Standort im Überseequartier eingesetzt seien, werden weiterhin beschäftigt, so Derow. Von weiteren Einstellungen werde aber zunächst abgesehen.
Der Ticketshop für das Kunstzentrum sei vorerst geschlossen worden, nur Gutscheine gibt es wieder zu kaufen. „Alle bereits gekauften Tickets behalten aber ihre Gültigkeit und können umgebucht werden, sobald ein neuer Termin feststeht“, sagt Derow. Die Kunden würden darüber per E-Mail informiert.
Westfield Hamburg: Influencerin startet ihren Shop trotzdem – mit Paul Ripke
Auch das Modelabel von Influencerin Karo Kauer ist von der Verschiebung der Eröffnung betroffen. Auf Instagram gibt sich die Gründerin kämpferisch. In einer Krisensitzung habe man sich entschieden: „Wir wollen unsere Community nicht hängen lassen.“ Die Kollektion stehe in den Startlöchern. „Unser Team ist in Hamburg am Start und wartet darauf, bis es losgeht“, sagt Karo Kauer in einem Video auf Instagram.
Gemeinsam mit Fotograf Paul Ripke habe man eine Lösung gefunden. „Wir werden trotzdem kommen“, sagt die Influencerin. „Wir sind am Start, vom 25. bis zum 27. April.“ Mit dabei sei auch Ripkes Modemarke Pari. „Es wird nicht mehr dieses Grand Opening mit Rita Ora und Co., aber wir haben einiges in petto“, verspricht Kauer. Die Location stehe noch nicht fest, darüber werde in den kommenden Tagen auf Instagram informiert.
Geplatzte Eröffnung des XXL-Einkaufszentrums: „Für uns ist das eine echte Challenge“
Klar ist, für viele Geschäftsleute bedeutet die Absage der Eröffnung eine Menge Arbeit. So auch für Laura Nahe, Gründerin der New York Bagel Bar. „Wir sind gerade dabei, eine Lösung zu finden. Zum Glück haben wir in Hamburg schon drei Standorte und einen großen Catering-Bereich. Wir wollen versuchen, dass alle dort unterkommen“, sagt Nahe.
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Der Bewerbungsprozess sei gerade erst beendet worden. „Wir haben wirklich super Leute gefunden, das ist in der Gastronomie aktuell nicht selbstverständlich und deshalb möchten wir, dass sie alle bei uns bleiben. Aber für uns als kleines Start-up ist die Situation schon eine echte Challenge“, sagt Nahe. Sie hatte, wie so viele andere auch, erst am Donnerstagmorgen von der Absage erfahren.
Westfield Hamburg: Haben Mieter Anspruch auf Schadensersatz?
Personalkosten, Miete, Umsatzausfall: Für die Geschäftsleute wie auch für den Bauherren bedeutet die Verzögerung finanzielle Verluste. Rechtsanwalt Malte Rossbach, Experte für Gewerbemietrecht, sagt: „Ich kenne die Verträge nicht, aber erfahrungsgemäß haben die Mieter wohl keinen Anspruch auf Schadensersatz.“ Meist würde in den Verträgen kein exaktes Datum, sondern ein Zeitraum für die Eröffnung festgelegt. „So wird einkalkuliert, dass sich die Festigstellung verzögern kann“, so Rossbach.
Ein Schadensersatz sei in so einem Fall ohnehin nur schwierig zu kalkulieren, weil der Schaden durch Umsatzausfall erst in der Zukunft eintrete, sagt der Experte. „Die Mieter haben in der Regel wenig Handhabe.“ Ob ein Rücktritt vom Mietvertrag aufgrund der verzögerten Fertigstellung möglich sei, hänge von den Verträgen ab.
Immerhin: Andreas Hohlmann, Deutschlandchef des Bauherren URW, versprach am Donnerstag gegenüber dem Abendblatt: „Die Mieter bezahlen für die Flächen erst, wenn das Westfield Hamburg-Überseequartier eröffnet ist. Wir haben jetzt also etwa vier Monate Mietausfall.“
Westfield Hamburg: XXL-Einkaufszentrum steht unter keinem guten Stern
Hohlmann kündigt an: „Wir haben ein partnerschaftliches Miteinander mit unseren Mietern und wissen, dass diese schon Ware geordert und Mitarbeiter eingestellt haben. Wir werden mit allen das Gespräch suchen, um individuelle Lösungen zu finden. Alles andere werden die Versicherungen klären.“
Der Bau des XXL-Einkaufsquartiers steht offenbar unter keinem guten Stern. Ursprünglich war die Eröffnung schon für 2021 geplant gewesen, immer wieder gab es Verzögerungen. Zudem kam es mehrfach zu Zwischenfällen auf der Baustelle. Im Sommer 2023 gab es eine große Gasexplosion, nur wenige Monate später, im Oktober, kam es zu einem Arbeitsunfall, bei dem fünf Bauarbeiter zu Tode kamen.