Im Berufsverkehr um etwa 6.30 Uhr ging auf der S 3 nach Altona nichts mehr. Eine Schiene war gebrochen, offenbar wegen des starken Frostes.

Hamburg. Die eisige Kälte bereitet auch Schiffen und Bahnen immer mehr Probleme. Am Montag früh war die Hamburger S-Bahn betroffen: Am S-Bahnhof Diebsteich brach um 6.20 Uhr eine Schiene. Bahnsprecher Egbert Meyer-Lovis: "Möglicherweise war der Schaden kältebedingt." Züge der Linie S 3 konnten nicht mehr den Bahnhof Altona anfahren, sondern wurden über die Station Holstenstraße zum Dammtorbahnhof und zum Hauptbahnhof umgeleitet. Die Störung war laut Bahn gegen 8.10 Uhr behoben. Die Schiene wurde zunächst notdürftig repariert und soll in der kommenden Nacht wieder zusammengeschweißt werden.

Bereits seit Freitag geht auf der Elbe nichts mehr. Und das Treibeis wurde am Wochenende immer dicker. Die Schifffahrt wurde auf dem Abschnitt zwischen dem mecklenburgischen Dömitz und Geesthacht in Schleswig-Holstein eingestellt. Auch der Abschnitt zwischen Geesthacht und Hamburg war nicht mehr passierbar, erläuterte die Leiterin des Wasser- und Schifffahrstamtes (WSA) in Lauenburg, Bettina Kalytta. Bis zu 80 Prozent der Elbabschnitte seien bereits mit Eisschollen bedeckt.

Bei zweistelligen Minustemperaturen hat sich so viel Eis auf dem Fluss gebildet, dass von Magdeburg in Richtung Norden keine Schiffe mehr fahren können. Wie die Wasserschutzpolizei am Sonntag mitteilte, haben sich in der Nacht zum Sonntag Eisschollen zusammengeschoben und stark verdichtet. Der Fluss ist deshalb durchgehend bis nach Hamburg gesperrt. Auch die Boote der Wasserschutzpolizei müssen im Hafen liegen bleiben. Die Beamten gehen mit Streifenwagen auf Eiskontrolle.

Besser ergeht es den Kapitänen im Hamburger Hafen. Dort haben die Eisbrecher die Lage im Griff, die rund um die Uhr eingesetzten Schiffe "Hugo Lentz“, "Hafenbau 2“, "Johannes Dalmann“, "Hofe“ und "Christian Nehls“ halten die Fahrrinnen frei.

+++ Im Hamburger Hafen herrscht weiter Eiszeit +++
+++ Dutzende Unfälle wegen Schnee und Glätte +++
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Sollten kleinere Schiffe festfrieren, werden Eisbrecher sie befreien. Für die großen Containerschiffe besteht keine Gefahr durch das Eis. Die Frachter brechen das Eis entweder selbst oder nehmen sich Assistenzschlepper. Die Containerschiffe halten somit die Zufahrt von der Nordsee nach Hamburg und die großen Hafenbecken frei.

Für einen 40-jährigen Wassersportler war das Elb-Eis am Sonnabend allerdings zu viel. Der Mann war auf einer Paddeltour unterwegs, als er in Wedel auf Höhe des Willkommhöft im Eis stecken blieb. Wie die Polizei am Sonntag mitteilte, befand sich der 40-Jährige mit seinem Boot etwa 30 Meter vom Uferrand entfernt, als er wegen der Eismassen plötzlich im Fahrwasser stehen blieb. Weil er weder vor noch zurück konnte, wurde zur Retttung schließlich sogar ein Helikopter eingesetzt.

Der Einsatzhubschrauber "Libelle" flog in die Höhe des Schiffes und gab der Besatzung eines zufällig anwesenden Küstenschiffs vom Bund Anweisung, den Paddler und das Boot aufzunehmen. Der Gerettete wurde daraufhin mit seinem Boot zum Tonnenhafen verbracht, wo er seinen Weg an Land fortsetzen musste.

Die Libelle war allerdings auch anderweitig im Einsatz. Einige besonders wagemutige Hamburger trauten sich trotz expliziter Warnungen der Polizei auf die gefrorene Alster. Eine lebensgefährliche Situation. Die Polizei schickte Einsatzkräfte und vertrieb die gut 300 Menschen mit dem Einsatzhelikopter von dem brüchigen Eis.

Bis zu minus 15 Grad in Hamburg

Die kälteste Nacht zu Sonntag im Norden meldete der Deutsche Wetterdienst aus der Region Neumünster mit minus 20 Grad. Minus 15 Grad wurden in Hamburg gemessen. Sechs bis sieben Zentimeter Schnee liegen in Schleswig-Holstein. Für die Skiläufer am Bungsberg in Ostholstein, dem einzigen Berg im Norden mit Skilift, reicht nach Schilderung des Betreibers die Schneedecke aber noch nicht aus. Hier rodelten lediglich am Wochenende einige Besucher die 300 Meter lange Piste hinunter.

Kalt und orange - so präsentierte sich die Hansestadt im sonntäglichen Morgengrauen. Schon in der Frühe herrschte vor allem an den Landungsbrücken Hochbetrieb, zahlreiche Spaziergänger wollten sich die morgendliche Winterstimmung nicht entgehen lassen. Und sie wurden belohnt: Die Sonne hüllte den Horizont in ein spektakuläres orange-rotes Licht und strahlte nicht nur die Baustelle der Elbphilharmonie leuchtend an.

Schon gestern wimmelte und wuselte es am Hamburger Elbufer - und heute dürfte der Besucherstrom kaum abreißen: Zwar werden nicht mehr als minus 5 Grad erwartet, doch Kältehoch "Dieter" liefert weiter klare Luft und blauen Himmel.

Unterdessen müssen Verkehrsteilnehmer weiter mit teilweise glatten Straßen rechnen, nach Angaben des ADAC gelte dies vor allem für Brücken im Stadtbereich. Die Hamburger Umweltbehörde warnt weiterhin vor dem Betreten der Außenalster. Die Eisdecke sei dünn und brüchig.

Das Sibirien-Hoch "Dieter" hat die Stadt also weiter fest im Griff - auch übers Wochenende bleibt es kalt. Das Abendblatt beantwortet fünf Fragen zum Eiswinter.

Kann man trotz der Kälte im Freien Sport treiben?

Generell tut Bewegung an der frischen Luft aber auch bei diesen Temperaturen gut - wenn man einige Vorsichtsmaßnahmen berücksichtigt. "Sportler sollten mehrere Schichten atmungsaktiver Kleidung anziehen und auch Handschuhe und Mütze tragen", sagt Rüdiger Reer, Professor für Sport- und Bewegungsmedizin an der Uni Hamburg. Über Hände und Kopf würde die meiste Wärme verloren gehen. Wichtig sei, die Muskeln noch im Warmen zu dehnen. Außerdem müsse beachtet werden, dass der Körper zusätzliche Energie für den Temperaturausgleich benötige. "Bei Kälte sollte man es daher etwas langsamer angehen", so Reer. Vielen verursacht die Kälte jedoch auch Probleme. "Etwa 50 Prozent leiden an Rhinorrhoe, einer verstopften oder laufenden Nase, 15 bis 20 Prozent werden kurzatmig, wenn sie bei Minusgraden Sport treiben", sagt Tibor Schmoller, Lungenfacharzt aus Winterhude. Ursache seien die durch den Kältereiz geschwollenen Schleimhäute und verengten Atemwege. Reduziert würden die Symptome, wenn die Luft erwärmt in die Lungen gelange. "Das passiert, wenn man durch die Nase oder einen Schal atmet", so Schmoller.

Ist durch den Kälteeinbruch der Heizölpreis gestiegen?

Damit die klirrende Kälte nicht Einzug in die Wohnungen hält, muss kräftig geheizt werden. Während der bisher milde Winter die Kosten niedrig gehalten hat und die Auftragsbücher bei den Heizölhändler eher dünn geblieben sind, steigt die Nachfrage jetzt merklich an. "Bei uns ist jetzt richtig was los", sagt Marlis Krogmann von der Firma Heizöl Iden. "Bislang haben unsere Kunden nur kleine Mengen Öl abgenommen, jetzt befürchten sie, nicht über den Winter zu kommen, und bestellen nach." Auch der Preis sei gestiegen. Tatsächlich ist die Nachfrage nach Heizöl laut Nachrichtenagentur ddp aktuell etwa doppelt so hoch wie für die Jahreszeit üblich und fünfmal so hoch wie zu Jahresbeginn.

Müssen Schüler in der Pause hinaus auf den Schulhof?

Nicht immer ist es ein Vergnügen, sich bei eisigem Wind und Schnee draußen aufzuhalten. "Ich finde es total doof, dass wir bei der Kälte die Pausen auf dem Schulhof verbringen müssen", sagt Bendix, 9, Grundschüler aus Niendorf. Wer drinnen bleiben wolle, werde von den Lehrern vor die Tür gesetzt. Victoria, 12, Schülerin der Stadtteilschule am Hafen, geht freiwillig raus. "Bei uns können die Schüler auch drinnen bleiben. Aber die meisten gehen raus", sagt Schulleiter Jan Baier. "Und das ist auch gut: Es stärkt Muskeln, Herz und Kreislauf." Die Schulen können eigenmächtig festlegen, ob die Schüler rausmüssen oder im Schulgebäude bleiben dürfen. Bei extremer Kälte wie jetzt sollte aber eine gewisse Flexibilität gegeben sein, sagt Peter Albrecht, Sprecher der Schulbehörde. "Da sollte nicht auf Deubel komm raus die Hausordnung umgesetzt werden."

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Wie steht die Chance auf ein Alstereisvergnügen?

Volker Dumann, Sprecher der Umweltbehörde, wagt noch keine Prognose. "Dazu ist es zu früh", sagt er, "aber wir beobachten die Eisentwicklung." Um die Alster fürs Betreten freizugeben, muss das Eis eine 20 Zentimeter dicke Kernschicht haben - ohne Luftblasen. "Die momentane Kälte mit starkem Nachtfrost und auch Tagestemperaturen im Minusbereich ist eine gute Voraussetzung für ein Alstereisvergnügen", sagt Dumann. "Es müsste zwei Wochen so bleiben." Ob es dazu kommt, ist fraglich. "Zunächst bleibt der Frost, mit deutlich mehr Bewölkung und Schnee, allerdings unter fünf Zentimetern", sagt Frank Böttcher vom Institut für Wetter- und Klimakommunikation. "In der nächsten Woche wird es wohl wieder etwas milder - mit Temperaturen auch über null Grad." Der Schnee sei das Produkt eines sogenannten Lake Effects: extrem kalte Luft über der Ostsee führt dazu, dass das verdunstete Wasser nach oben "schießt"; dann zieht es als "Schauerstraße" Richtung Westen und bringt leichten Schneefall mit sich.

Mit Material von dpa und dapd