Hamburg. Die Klimaerwärmung macht unseren Winter kälter. Mit dieser These verblüffte der britische Zweig des privaten Wetterdienstes MeteoGroup jetzt die Öffentlichkeit. Die Begründung: Weil sich die Arktis stärker erwärmt als südlichere Gefilde der Nordhalbkugel, sinken die Luftdruckgegensätze zwischen dem Islandtief und dem Azorenhoch. Diese treiben aber die atlantische Westwindströmung an, die uns milde Winter beschert. Sinkt tendenziell der Luftdruckgegensatz über dem Atlantik, so könnten vermehrt kalte Ostwinde wehen, folgern die Wetterkundler.
"Sie sind in eine klassische Falle getappt", entgegnet Prof. Jochem Marotzke, Direktor am Hamburger Max-Planck-Institut für Meteorologie. "Denn sie betrachten nur einen von mehreren Faktoren, die unser Klima bestimmen. Für höhere Luftschichten, etwa in acht Kilometer Höhe, erwarten wir, dass sich die Atmosphäre über den Tropen stärker erwärmt als über der Arktis. Das würde dort die Temperaturdifferenzen erhöhen. Zudem wird der Treibhauseffekt die Änderungen der Luftdruckdifferenz überdecken."
Diese Dominanz der Erwärmung gelte auch für eine andere These, nämlich für die Aussage, der Golfstrom könnte sich abschwächen oder ganz stoppen. Auch die damit verbundene Abkühlung könnte den Klimawandel in unseren Breiten höchstens abschwächen, aber nicht umkehren, so Marotzke.
Auch Gerhard Müller-Westermeier, Klimatologe beim Deutschen Wetterdienst, hält die britische These für sehr gewagt. Dies zeigten auch die vergangenen Jahre: "Meist hatten wir eher milde Winter, in die nur einzelne kältere Monate eingestreut waren, etwa der Januar 2009. In diesem Winter gibt es einen Ausreißer nach unten, das ändert aber nichts am Gesamtbild. Generell wird es wärmer werden, auch im Winter."