Im gesamten Norden krachte es mehr als 60 Mal. Im Hamburger Hafen sind Eisbrecher im Einsatz. Räuber durch Schneespuren überführt.

Hamburg. Schneefall und Eisglätte haben am Freitagmorgen in Hamburg und weiten Teilen Schleswig-Holsteins für Behinderungen im Berufsverkehr gesorgt. Nach Angaben der Polizeileitstellen gab es zahlreiche witterungsbedingte Unfälle. Dabei wurden zwei Menschen verletzt. Die meisten Unfälle endeten jedoch glimpflich mit Blechschäden. "Die Autofahrer haben sich auf den Frost eingestellt“, sagte ein Sprecher.

Bei einem Unfall auf der Bundesstraße 430 zwischen den Ortschaften Ascheberg und Plön wurde eine Frau in ihrem Fahrzeug eingeklemmt und schwer verletzt. Auf der Autobahn 1 zwischen Ahrensburg und Bargteheide zählte die Polizei am Morgen fünf Verkehrsunfälle. Dabei wurde ein Mensch leicht verletzt. Mehrere Lastwagen waren beteiligt. Auf der Autobahn 7 rutschte am frühen Freitagmorgen ein Auto nahe Schleswig in den Straßengraben.

In Hamburg war es am frühen Freitagmorgen "unheimlich glatt“, wie ein Polizeisprecher sagte. Dort zählte die Polizei rund drei Dutzend Glätteunfälle. Dabei wurde eine Person leicht verletzt. Ansonsten habe es zum Glück nur Blechschäden gegeben.

Die leichte Schneedecke wurde von den Streu- und Räumfahrzeugen der Stadtreinigung schnell wieder abgetragen. Seit 2 Uhr waren 120 Fahrzeugen und 1000 Mitarbeiter im Einsatz, um die Haupt- und Nebenstraßen von Neuschnee freizuhalten.

Die Zahl der Unfälle auf den teils glatten Straßen hielt sich auch deshalb in Grenzen. Stockender Verkehr herrschte seit dem Morgen auf allen Ausfallstraßen. Vor allem aber wegen des ganz normalen Berufsverkehrs, so ein Sprecher. Gegen Mitternacht gab es allerdings einen etwas schwereren Unfall in Hammerbrook : Zwei Transporter stießen zusammen, vier Menschen wurden verletzt.

+++ Minus 23,6 Grad - Bisher kälteste Nacht des Winters +++

+++ Eisbrecher versuchen die Elbe im Hafen freizuhalten +++

Im Süden Hamburgs führte der frisch gefallene Schnee die Polizei direkt zu einem Räuber. Der Mann hatte in der Nacht eine Spielhalle überfallen und war dann geflüchtet. Die Beamten brauchten nur den Fußspuren im Schnee zu folgen - und schon hatten sie ihn.

Wegen der anhaltenden Minusgrade haben auch die Eisbrecher im Hamburger Hafen ihren "Winterdienst" begonnen. Seit Donnerstagabend 19.00 Uhr seien fünf Schiffe der Hafenbehörde Hamburg Port Authority (HPA) im 24-Stunden-Dauereinsatz auf der Norder- und Süderelbe unterwegs, sagte HPA-Sprecher Alexander Schwertner am Freitag. Mit Kontrollfahrten hatte die HPA die Wetter- und Eissituation bereits in den vergangenen Tagen beobachtet. Die Lage ist Schwertner zufolge derzeit ruhig und entspannt. Trotz Eisschollen laufe der Schiffsverkehr ohne Beeinträchtigungen.

Im Raum Kiel war nach den ergiebigen Schneefällen der Nacht am Morgen Schneeschippen angesagt. Auf nicht geräumten Straßen war es zum Teil tückisch glatt; Autos und Radfahrer kamen in der Landeshauptstadt ins Rutschen. In Flensburg gab aber nur wenig Neuschnee. Dort befreiten Räumfahrzeuge Gehwege vom Schnee.

Der Winter zeigt sich jedoch auch von seiner schönen Seite: Bei strahlendem Sonnenschein waren die Eisschollen auf der Flensburger Förde ein beliebtes Fotomotiv.

+++ Umweltbehörde warnt vor Betreten der Außenalster +++

+++ Winter im Wohnzimmer in Hoheluft-West +++

+++ Oberelbe wird ab Freitag für Schiffsverkehr gesperrt +++

Der Schneefall soll im Laufe des Tages anhalten. Bei Temperaturen um minus fünf Grad muss immer wieder mit Schneeschauern gerechnet werden. Trotz Dauerfrost im zweistelligen Minusbereich warnt die Hamburger Umweltbehörde vor dem Betreten des Eises der Außenalster. Die Eisdecke sei dünn und brüchig, teilte Sprecher Volker Dumann mit. Beim Betreten des Eises bestehe höchste Lebensgefahr. Besonders Eltern sollten ihre Kinder auf diese Gefahr hinweisen.

Für ein mögliches Alstereisvergnügen ist es "noch viel zu früh“, wie Dumann sagte. Damit die Chancen für das volksfestartige Winterspektakel auf dem innerstädtischen Gewässer steigen, müsste es in den kommenden zwei Wochen Tag und Nacht strengen Frost geben

Das Sibirien-Hoch "Dieter" hat die Stadt also weiter fest im Griff - auch übers Wochenende bleibt es kalt. Das Abendblatt beantwortet fünf Fragen zum Eiswinter.

Warum sind 600 Haushalte in Hoheluft-West heute ohne Heizung?

Hunderte Bewohner haben heute Pech: Wegen Reparaturarbeiten an einem Leck in der Fernwärmeleitung bleiben dort in sechs Straßen bei eisiger Kälte von 8 bis 22 Uhr die Heizkörper kalt. Ein Aufschieben könnte das Leck vergrößern. Betroffen sind rund 600 Haushalte, eine Schule, ein Pflegeheim und ein Fitnesscenter in Hoheluft-West. Die Schüler der Grundschule Hoheluft werden sich freuen: Sie haben wegen des Heizungsausfalls schulfrei.

+++ Deutschland, eiskalt! Der sibirische Winter kommt +++

+++ Kältehoch "Cooper" lässt die Hamburger frieren +++

Kann man trotz der Kälte im Freien Sport treiben?

Generell tut Bewegung an der frischen Luft aber auch bei diesen Temperaturen gut - wenn man einige Vorsichtsmaßnahmen berücksichtigt. "Sportler sollten mehrere Schichten atmungsaktiver Kleidung anziehen und auch Handschuhe und Mütze tragen", sagt Rüdiger Reer, Professor für Sport- und Bewegungsmedizin an der Uni Hamburg. Über Hände und Kopf würde die meiste Wärme verloren gehen. Wichtig sei, die Muskeln noch im Warmen zu dehnen. Außerdem müsse beachtet werden, dass der Körper zusätzliche Energie für den Temperaturausgleich benötige. "Bei Kälte sollte man es daher etwas langsamer angehen", so Reer. Vielen verursacht die Kälte jedoch auch Probleme. "Etwa 50 Prozent leiden an Rhinorrhoe, einer verstopften oder laufenden Nase, 15 bis 20 Prozent werden kurzatmig, wenn sie bei Minusgraden Sport treiben", sagt Tibor Schmoller, Lungenfacharzt aus Winterhude. Ursache seien die durch den Kältereiz geschwollenen Schleimhäute und verengten Atemwege. Reduziert würden die Symptome, wenn die Luft erwärmt in die Lungen gelange. "Das passiert, wenn man durch die Nase oder einen Schal atmet", so Schmoller.

Ist durch den Kälteeinbruch der Heizölpreis gestiegen?

Damit die klirrende Kälte nicht Einzug in die Wohnungen hält, muss kräftig geheizt werden. Während der bisher milde Winter die Kosten niedrig gehalten hat und die Auftragsbücher bei den Heizölhändler eher dünn geblieben sind, steigt die Nachfrage jetzt merklich an. "Bei uns ist jetzt richtig was los", sagt Marlis Krogmann von der Firma Heizöl Iden. "Bislang haben unsere Kunden nur kleine Mengen Öl abgenommen, jetzt befürchten sie, nicht über den Winter zu kommen, und bestellen nach." Auch der Preis sei gestiegen. Tatsächlich ist die Nachfrage nach Heizöl laut Nachrichtenagentur ddp aktuell etwa doppelt so hoch wie für die Jahreszeit üblich und fünfmal so hoch wie zu Jahresbeginn.

Müssen Schüler in der Pause hinaus auf den Schulhof?

Nicht immer ist es ein Vergnügen, sich bei eisigem Wind und Schnee draußen aufzuhalten. "Ich finde es total doof, dass wir bei der Kälte die Pausen auf dem Schulhof verbringen müssen", sagt Bendix, 9, Grundschüler aus Niendorf. Wer drinnen bleiben wolle, werde von den Lehrern vor die Tür gesetzt. Victoria, 12, Schülerin der Stadtteilschule am Hafen, geht freiwillig raus. "Bei uns können die Schüler auch drinnen bleiben. Aber die meisten gehen raus", sagt Schulleiter Jan Baier. "Und das ist auch gut: Es stärkt Muskeln, Herz und Kreislauf." Die Schulen können eigenmächtig festlegen, ob die Schüler rausmüssen oder im Schulgebäude bleiben dürfen. Bei extremer Kälte wie jetzt sollte aber eine gewisse Flexibilität gegeben sein, sagt Peter Albrecht, Sprecher der Schulbehörde. "Da sollte nicht auf Deubel komm raus die Hausordnung umgesetzt werden."

Wie steht die Chance auf ein Alstereisvergnügen?

Volker Dumann, Sprecher der Umweltbehörde, wagt noch keine Prognose. "Dazu ist es zu früh", sagt er, "aber wir beobachten die Eisentwicklung." Um die Alster fürs Betreten freizugeben, muss das Eis eine 20 Zentimeter dicke Kernschicht haben - ohne Luftblasen. "Die momentane Kälte mit starkem Nachtfrost und auch Tagestemperaturen im Minusbereich ist eine gute Voraussetzung für ein Alstereisvergnügen", sagt Dumann. "Es müsste zwei Wochen so bleiben." Ob es dazu kommt, ist fraglich. "Zunächst bleibt der Frost, mit deutlich mehr Bewölkung und Schnee, allerdings unter fünf Zentimetern", sagt Frank Böttcher vom Institut für Wetter- und Klimakommunikation. "In der nächsten Woche wird es wohl wieder etwas milder - mit Temperaturen auch über null Grad." Der Schnee sei das Produkt eines sogenannten Lake Effects: extrem kalte Luft über der Ostsee führt dazu, dass das verdunstete Wasser nach oben "schießt"; dann zieht es als "Schauerstraße" Richtung Westen und bringt leichten Schneefall mit sich.

Mit Material von dpa und dapd