Problem wird durch Klimaerwärmung verschärft. In Hamburg helfen Luftschneisen, jedoch drohen mehr Starkniederschläge.
Hamburg. Städte sind Wärmeinseln, sie speichern die sommerliche Hitze. Das schafft in vielen Städten bereits heute Probleme. Diese werden sich durch die Klimaerwärmung noch verschärfen. Was auf Großstädte zukommt und wie sie darauf reagieren können, stand gestern im Mittelpunkt der Jahrestagung vom Climate Service Center (CSC) mit Sitz in Hamburg.
"80 Prozent der Menschen werden zum Ende des Jahrhunderts weltweit in Städten leben. Städte haben hohe Umwelt- und Energieverbräuche. Doch sie schaffen nicht nur Probleme, sondern auch Lösungen", sagte Prof. Guy Brasseur, Direktor des CSC, das als Schnittstelle zwischen Forschung und Gesellschaft fungiert. Gerade in Hamburg stoße das Thema Städte im Klimawandel, so der Titel der Tagung, auf große Resonanz, lobte Brasseur.
Dabei ist Hamburg klimatisch begünstigt. Oft wehen zumindest laue Lüftchen, die Hitzestaus verringern; Elbe und Alster wirken als Puffer und das Stadtgrün als natürliche Klimaanlage. Doch besonders nachts kann es auch hier unangenehm warm sein. "Die großen Beton- und Steinmassen, die in verdichteten Innenstädten stehen, sind effektive Wärmespeicher", sagte Prof. Heinke Schlünzen vom KlimaCampus Hamburg. "Die Steinflächen nehmen tagsüber Wärme auf und geben sie nachts allmählich wieder ab - Städte sind wie solare Kachelöfen." In verdichteten Stadtteilen wie etwa St. Pauli sei es nachts 1,5 bis drei Grad wärmer als im Umland, so Schlünzen.
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Frischluft aus der Umgebung kann tagsüber den Hitzestress der Menschen reduzieren und den Temperaturanstieg dämpfen. Doch auch hier spielen die Gebäude eine Rolle: Sie reduzieren generell die Windgeschwindigkeit. "Andererseits verwirbelt die Luft an den Häusern. Wir bekommen ein sehr heterogenes Windbild", sagte Schlünzen. Die Meteorologin hat ein Computermodell der Hamburger Innenstadt erstellt und lässt mit ihm virtuellen Wind durch das Häusermeer wehen, um die Belüftung der City zu ergründen (s. Grafik). Diese Klimasimulationen erfassen Flächen mit einer Genauigkeit von 100 bis 1000 Quadratmetern und ergänzen die eher großräumigen Klimamodelle ihrer Forscherkollegen am KlimaCampus.
Damit frische Luft in die Innenstädte strömen kann, braucht sie Schneisen. Hamburgs grüne Achsen, erstmals 1919 vom Stadtarchitekten Fritz Schumacher erdacht, seien dabei hilfreich, so Heinke Schlünzen. Aber die Effekte reichten nur wenige Hundert Meter in die Bebauung hinein. "Wir brauchen zusätzliches Grün in der Fläche", betonte Schlünzen und denkt an Bäume, Parks, begrünte Dächer. "Das erfreut dann gleichzeitig die Bürger."
"Kleinräumige grüne Zellen in der Stadt sind mindestens so wichtig wie große Flächen", sagte auch Dr. Fritz Reusswig vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Er kann sich vorstellen, dass zum Ende des Jahrhunderts die Menschen an heißen Tagen nur noch durch klimatisierte Einkaufszentren und nicht mehr durch innerstädtische Fußgängerzonen spazieren. Ein mediterraner Lebensstil könne dann eine sinnvolle Anpassung an den Klimawandel sein. Doch schränkt er ein: "Die heutigen Städte der langen Wege lassen keine Siesta zu, man kann mittags nicht kurz nach Hause fahren."
Städte wie Berlin, Frankfurt oder München haben größere Probleme mit sommerlicher Hitze und müssen eher solche Szenarien fürchten. "In Hamburg müssen wir uns vor allem gegen Starkniederschläge wappnen", sagte Heinke Schlünzen. Modellrechnungen zeigen an, dass starke Regenfälle bis Mitte des Jahrhunderts um zehn Prozent zunehmen werden. Zudem wird im Winter bis zu 20 Prozent mehr Niederschlag fallen, im Sommer dagegen zehn bis 20 Prozent weniger. "Wir müssen die Winterniederschläge in den Sommer retten", sagte Schlünzen. Es gelte, das Regenwasser ins Grundwasser zu leiten und dort vorzuhalten.
Derzeit ist der Umgang mit Regenwasser oft alles andere als nachhaltig: Von Gebäuden und versiegelten Böden rauscht das Wasser in die Sielnetze oder in Oberflächengewässer. Wenn Bäche und Flüsse über ihre Ufer treten, können sie Keller überschwemmen. Wenn das Sielnetz überfordert ist, sprudeln verdünnte Fäkalien ins Freie.
Deshalb plädierten die Fachleute für einen anderen Umgang mit dem Wasser. Wie dieser in der Realität aussehen könnte, will die Internationale Bauausstellung (IBA) auf der Elbinsel Wilhelmsburg zeigen. "Wir müssen mit dem und nicht gegen das Wasser planen", sagte IBA-Geschäftsführer Uli Hellweg. "Wir sollten lernen, damit zu leben, dass einige Bereiche der Stadt zeitweilig 20, 30 Zentimeter unter Wasser stehen. Wir wollen dazu technische Lösungen zeigen. So bauen wir in einem Regenrückhaltebecken Häuser und legen eine Freizeitanlage als potenzielle Überschwemmungsfläche aus."
Es gelte "das Wasser mitzudenken", betonte Hellweg. Mit Öffentlichkeitsarbeit wolle die IBA bei den Hamburgern Akzeptanz dafür schaffen. Ein zweiter Weg führt über das Portemonnaie. Heinke Schlünzen: "Dass Hamburg Wasser jetzt eine Gebühr für das Einleiten von Regenwasser ins Sielnetz erhebt, ist ein Geschenk."