Schon mehr als 220 Menschen starben - allein 100 in der Ukraine, 64 in Russland, 24 in Rumänien. Auch in Deutschland sinken die Temperaturen immer tiefer.
Kiew/Moskau/Berlin. Die Extremkälte in Europa bringt jeden Tag mehr Menschen den Tod: Inzwischen sind auf dem Kontinent mehr als 220 Menschen erfroren, vor allem in Osteuropa. Seit dem Wochenende sind allein in der Ukraine mehr als 100 Menschen gestorben, viele von ihnen auf der Straße, in Rumänien tötete die Kälte 24 Menschen, in Polen 17, in Tschechien elf, in der Slowakei mindestens zwei Menschen, in Frankreich einen. In Russland registrierten die Behörden allein im Januar bereits über 64 Kälteopfer.
Auch in Deutschland erfroren in den vergangenen Tagen mehrere Menschen. In der Nacht zum Freitag wurden erneut arktische Temperaturen gemessen - im sächsischen Deutschneudorf zum Beispiel minus 26,4 Grad. An vielen Schulen in Europa gab es kältefrei - sogar in Rom. Fußballspiele der Bundesliga sind jedoch trotz der Kälte nicht von Absagen bedroht.
In Deutschland heißt es weiter bibbern: „Es bleibt vorerst noch kalt“, sagte die Meteorologin Dorothea Paetzold vom Deutschen Wetterdienst. Ein Tief über der Ostsee bringe etwas Schnee nach Norddeutschland. Die Bahn meldete am Freitag keine größeren Störungen im bundesweiten Zugverkehr, auf einigen Flüssen wurde der Schiffsverkehr gestoppt wie zum Beispiel auf der Elbe zwischen Dömitz (Mecklenburg-Vorpommern) und Geesthacht (Schleswig-Holstein). Die Oder, Grenzfluss zu Polen, fror weiter zu. Für den ADAC gab es den einsatzstärksten Tag der Pannenhilfe in diesem Winter. Die ADAC-Helfer rückten am Donnerstag zu 27 512 Pannen aus.
Im Harz, Deutschlands nördlichstem Mittelgebirge, herrschten beste Wintersportbedingungen. Bei Schneehöhen von zum Teil mehr als 50 Zentimetern seien alle Pisten präpariert und die Loipen gespurt, sagte ein Sprecher des Harzer Tourismusverbandes.
Osteuropa:
In der Ukraine waren bis Freitagmorgen mindestens 38 weitere Menschen bei bis zu minus 32 Grad erfroren. Damit stieg die Zahl der Kältetoten nach offiziellen Angaben auf 101, wie das Zivilschutzministerium in Kiew mitteilte. Mehr als 1200 Menschen werden wegen Erfrierungen in Krankenhäusern behandelt. Die ukrainische Regierung erhöhte die Zahl der Wärmestuben, in denen Frierende heiße Getränke und Essen bekommen, deutlich auf fast 3000. Landesweit sind knapp 90 Prozent der Schulen geschlossen, Hunderttausende Schüler haben „kältefrei“.
Russlands Regierung nannte erstmals offizielle Zahlen zu den Kälteopfern im größten Land der Erde: Demnach erfroren im Januar insgesamt 64 Menschen. Das berichtete die Agentur Itar-Tass.
In der Hauptstadt Moskau kamen in der Nacht zum Freitag erneut etwa 20 Menschen mit Erfrierungen ins Krankenhaus. Die Fährverbindung zur Insel Putjatina unweit der Großstadt Wladiwostok am Pazifik war erstmals seit Jahren wegen dicker Eismassen unterbrochen. In Weißrussland blieben rund 900 Schulen wegen der Kälte geschlossen.
Mitteleuropa:
In Polen rief Innenminister Jacek Cichocki angesichts der bisher kältesten Nacht des Winters und nach mindestens 17 Toten in wenigen Tagen die regionalen Verwaltungsbehörden auf, sich verstärkt um alte und kranke Einwohner zu kümmern.
In Tschechien hielt am Freitag die Böhmerwald-Gemeinde Kvilda den Kälterekord. Dort sank das Quecksilber in der Messsäule auf minus 38,1 Grad. Eingefrorene Weichen oder gebrochene Schienen behinderten noch immer den Bahnverkehr.
Westeuropa:
Im Nordosten Frankreichs starb am Freitag ein 82-Jähriger in einem Wald nahe der Grenze zu Rheinland-Pfalz an Unterkühlung. Nach Angaben der Rettungskräfte litt er an Alzheimer und war im Pyjama zu einem Spaziergang aufgebrochen. Für Obdachlose wurden in allen Landesteilen Notunterkünfte eingerichtet. Angesichts der Kälte erwarteten die Energieversorger neue Rekorde beim Gas- und Stromverbrauch. Viele französische Haushalten heizen traditionell mit Elektrizität.
Südeuropa:
In Norditalien mussten tausende Menschen in ihren Häusern ohne Strom auskommen, Züge blieben im Schnee stecken.
In Spanien stiegen die Temperaturen im ganzen Land nur auf höchstens fünf Grad. Für Freitag bis Sonntag wurde ein Temperatursturz bis auf minus zehn Grad vorhergesagt, in den Bergen sogar bis minus 13 Grad. Von einem Rekord ist Spanien allerdings noch weit entfernt. Die bisher niedrigste Temperatur wurde 1956 mit minus 32 Grad in der katalanischen Provinz Lleida gemessen. Bisher hatte sich der Winter in Spanien kaum blicken lassen. Noch vor ein paar Tagen herrschten fast überall etwa 15 Grad. Nur in Katalonien, auf Mallorca und im Norden hatte es etwas geschneit.