Hamburg. Die Wohnungen sollen saniert und verkauft werden. Bewohner fühlen sich unter Druck gesetzt. Was der Eigentümer dazu sagt.

Eindrucksvoll ragt der Turm auf dem strahlenden Foto in den wolkenverhangenen Himmel. Daneben wird er als „eines der höchsten und wertvollsten Wohnhäuser Hamburgs“ „in exponierter Zentrumslage“ angepriesen. Von „Wahrzeichencharakter“ und dem Gebäude direkt anliegenden „Puls der Metropole“ wird geschwärmt. Die Rede ist vom Mundsburg Tower. Beschreibung und Visualisierung des markanten Gebäudes gegenüber dem U-Bahnhof Mundsburg im Stadtteil Uhlenhorst finden sich auf der Webseite des Eigentümers – der Home United GmbH.

Für diejenigen, die noch im Mundsburg Tower wohnen, gibt es derzeit jedoch wenig Grund zum Strahlen. Sie klagen über Baulärm und -staub, defekte Fahrstühle und übervolle Müllcontainer – und über allem schwebt die Angst, am Ende gar ihre Wohnung zu verlieren. „Uns wurde Geld angeboten, damit wir ausziehen“, berichtet ein Mieter, der anonym bleiben will. Kein Einzelfall. Die Auszugsprämie beläuft sich dabei auf maximal 15.000 Euro, wie aus Schreiben an die Mieter hervorgeht, die dem Abendblatt vorliegen. Je schneller der Auflösung zugestimmt wird, desto höher die Summe.

Mundsburg Tower wird saniert: "Niemand musste ausziehen"

„Nach meiner Einschätzung ist den Eigentümern daran gelegen, möglichst viele Wohnungen zu entmieten“, sagt Rolf Bosse, Geschäftsführer des Mietervereins zu Hamburg dem Abendblatt. „Eine leer stehende Wohnung ist einfacher zu sanieren und kann teurer verkauft werden.“ Derzeit wird das Gebäude im Winterhuder Weg 6 umfassend saniert.

Die Wohnungen im Mundsburg Tower sollen saniert und dann verkauft werden – viele Mieter sind deswegen in Sorge.
Die Wohnungen im Mundsburg Tower sollen saniert und dann verkauft werden – viele Mieter sind deswegen in Sorge. © Thorsten Ahlf

Unternehmenssprecher Matthias Linnenbrügger macht keinen Hehl daraus, dass den Mietern ein Anreiz zum Auszug gegeben wurde. „Richtig ist, dass allen Mietern im Hinblick auf die umfangreich geplanten Baumaßnahmen ein ortsübliches angemessenes Angebot zur Aufhebung des Mietverhältnisses unterbreitet wurde, von dem ein kleiner Teil der Mieterschaft auch Gebrauch gemacht hat. Dabei stand es jedem offen, das Angebot anzunehmen oder das Mietverhältnis fortzuführen. Niemand musste ausziehen.“

Mundsburg Tower: Wurden Bewohner unter Druck gesetzt?

Mieter berichten jedoch davon, dass Mitglieder der Hausverwaltung sich „durchs Haus geklingelt“ hätten, um vor den „unerträglichen“ Belästigungen der bevorstehenden Renovierungsarbeiten zu warnen und den Mietern einen Auszug nahezulegen. Wurden die Bewohner also unter Druck gesetzt? „Wir haben keinerlei Kenntnis über eine Einschüchterung der Mieterschaft durch Mitarbeiter der Hausverwaltung“, sagt Linnenbrügger. Es sei nicht nur üblich, „sondern verpflichtend, die Mieterschaft in Kenntnis zu setzen, wenn umfangreiche Baumaßnahmen bevorstehen, die durchgeführt werden müssen, um das Gebäude zu erhalten. Dies ist in Mundsburg der Fall und wurde von der Hausverwaltung offen angesprochen“.

Mieterverein-Geschäftsführer Rolf Bosse befürchtet neben der notwendigen Sanierung des Mundsburg Towers jedoch noch andere Ziele der Home United GmbH, deren Geschäftsführer der umtriebige Unternehmer Tomislav Karajica ist, der den Fernsehturm betreiben wird und den Elbdome nahe der Hafencity plant. Zudem ist er Hauptgesellschafter des Basketballteams Hamburg Towers. „Das ist ein riesiges Projekt, und so, wie das umgesetzt wird, werden dort langfristig hochpreisige Eigentumswohnungen entstehen, die den Markt anheizen, während einigermaßen bezahlbarer Wohnraum beseitigt wird“, so Bosse.

Hamburg bringt im Mundsburg Tower ukrainische Flüchtlinge unter

In dieses Bild passe, dass im Mundsburg Tower 60 Ein- und Zweizimmerwohnungen für bis zu 300 ukrainische Flüchtlinge zur Verfügung gestellt wurden. Wie berichtet, muss die Stadt für die Unterbringung der Geflüchteten im Mundsburg Tower 30 Euro pro Person und Tag zahlen. Carola Ensslen bezeichnete das als „Mietwucher“ und übte scharfe Kritik am Vorgehen der Eigentümer: „Die Firma verdient sich eine goldene Nase auf dem Rücken von Geflüchteten.“

Unternehmenssprecher Linnenbrügger betont, dass die Initiative für die Anmietung von der Stadt ausging, die „sehr kurzfristig Flächen zur Unterbringung von Geflüchteten aus der Ukraine“ beim Unternehmen direkt angefragt habe. „Wir haben den Entschluss gefasst, hier schnell zu helfen und unsere Planung zu überarbeiten.“ Bei der Vermietung handele es sich „nicht um eine klassische Wohnungsvermietung, sondern um ein Leistungspaket, das auch Hilfestellung bei der Integration, Beratung, Service, Ausstattung oder Verpflegung beinhaltet“. Laut Sozialbehörde sollen die Flächen zunächst bis Sommer 2023 genutzt werden, nötigenfalls länger.

Mundsburg Tower: Mieter sind in großer Sorge

Die Vermietung leer stehender Wohnungen an die Stadt „lohnt sich und ist nicht so selbstlos, wie es klingt“, gibt Mieterverein-Geschäftsführer Bosse zu bedenken. Es sei problematisch, dass im Mundsburg Tower seit geraumer Zeit so viele Wohnungen leer stehen. Schon seit 2019 seien viele Verträge mit der Begründung umfangreicher Baumaßnahmen nur befristet geschlossen worden. „Wegen des Leerstands hätte der Bezirk bereits seit 2019 nach dem Wohnraumschutzgesetz vorgehen müssen. Schlimm, dass es erst zur Krise in der Ukraine kommen musste, damit der Leerstand beendet wurde“, so Bosse.

Die Soziale Erhaltungsverordnung greift hier ebenfalls nicht. Zwar gelte laut Stadtentwicklungsbehörde rund um den Mundsburg Tower seit Dezember 2020 die Soziale Erhaltungsverordnung Barmbek-Süd. „Das gesamte Einkaufszentrum inklusive Tower ist aber nicht Bestandteil des Verordnungsgebietes“, so eine Sprecherin. Weitere Soziale Erhaltungsverordnungen seien in diesem Bereich zudem nicht geplant.

Wohnungen im Mundsburg Tower sollen zum Verkauf angeboten werden

Läuft also doch alles auf teure Weiterverkäufe der Wohnungen hinaus? „Mittelfristig werden Wohnungen zum Verkauf angeboten, unabhängig davon, ob sie vermietet sind oder leer stehen“, sagt Linnenbrügger und verweist darauf, dass die Unterbringung der Geflüchteten Vorrang gehabt habe.

Mieterverein-Geschäftsführer Bosse hält dagegen: „Ich werte die gesamte Strategie der Eigentümer als Zermürbungstaktik gegenüber den Mieterinnen und Mietern und hoffe, dass diese standhalten.“