Hamburg. Der Wilhelmsburger Club ist bei der Suche nach einem Standort für die neue Arena einen Schritt weiter. Erste Neuzugang ist da.

„Es gibt momentan noch Gründe, uns zu verlassen“, sagt Marvin Willoughby. Dass nur kurz vorher öffentlich wurde, dass Nationalspieler Robin Christen (31) seine Ausstiegsklausel zieht und zu ratiopharm Ulm geht, war für den Geschäftsführer der Hamburg Towers hierbei nur eine Fußnote. Was der 44-Jährige meint: „Wir sind sportlich viel schneller gewachsen als strukturell.“ Freitagnachmittag konnten die Towers dann auch ihre erste Verpflichtung für die neue Saison bekannt geben. Jonas Wohlfarth-Bottermann (32) wechselt vom Bundesligakonkurrenten Riesen Ludwigsburg nach Wilhelmsburg. Der 2,08 Meter große Center wurde gerade von Bundestrainer Gordon Herbert für die WM-Qualifikationsspiele in Estland (30. Juni) und in Bremen gegen Polen (3. Juli) nominiert. In Hamburg unterschieb er einen Zweijahresvertrag.

Zurück zur Infrastruktur: Seine Geschäftsstelle hat der Basketball-Bundesligist aufgestockt, längst vorbei sind die Zeiten, in denen Willoughby selbst noch bei Jugendcamps die Körbe durch die Halle schob. Körbe, Parkettböden und Trainingsbälle müssen während der Saison aber immer noch nahezu wöchentlich verlegt werden. Da die edel-optics.de Arena im Wilhelmsburger Inselpark nun wieder vermehrt für kulturelle Veranstaltungen genutzt wird, müssen die Towers ihre Trainingshalle ständig wechseln. Was gestern noch das Trainerbüro war, dient heute als Cateringraum für Bedienstete eines Konzerts. Ein Umstand, der vor allem den nach Oldenburg abgewanderten Coach Pedro Calles (38) geärgert haben soll.

Towers suchen eine permanente Trainingsstätte

Ebenso wie der permanente Hallentausch. Zuletzt warf sich der EuroCup-Teilnehmer hauptsächlich in einem Wandsbeker Sportcenter ein. Willough­by sagt dazu: „Die Situation zum Trainieren dort ist toll. Aber der Kern unserer Arbeit soll sich im Hamburger Süden abspielen. Wir suchen daher händeringend nach Flächen, die wir dauerhaft nutzen können.“

Derzeit werde geprüft, welche Lagerhallen verfügbar sind, um dort einen Sportboden einzubauen. Die Umsetzung des im neu entstehenden Wilhelmsburger Rathausviertel geplanten Quartiersporthauses, das auch als Trainingszentrum für Profis und Breitensportler der Towers dienen soll, verzögert sich wegen dramatisch steigender Baukosten weiter. Bis dahin gelte es, „kreative und flexible Lösungen“ zu finden, so Willough­by. Standorte wie Oldenburg und Ulm seien Hamburg weit voraus. Besonders beim EuroCup-Achtel­finale in Valencia habe er gesehen, was auf europäischem Spitzenniveau möglich sei.

„Dort gab es ein Trainingszentrum für die Jugendlichen des Vereins, das nicht nur die sportliche Entwicklung, sondern auch vorbildlich das soziale Miteinander in professionellen Strukturen fördert. Da werden ganz ehrliche Bemühungen aufgebracht, um die Jugendlichen der Stadt davon profitieren zu lassen. Das ging bis zum Verhalten beim Essen in der Caféteria“, sagt Willoughby schwer beeindruckt.

"Elbdome"-Standortsuche scheint vor dem Ende zu stehen

Eines Europokalteilnehmers nicht durchgängig würdig, so urteilten einige Towers-Akteure, sei die Wohnungssituation. Zu klein, wenig modern, unattraktive Lage. Willoughby bügelt ab: „Wir müssen eine angemessene Lebenssituation schaffen, aber unsere Spieler brauchen keine Penthousesuites.“ Dennoch schauen sich die Towers auch nördlich der Elbe nach passendem Wohnraum um.

Ein zentraler Punkt für die sportliche und strukturelle Entwicklung der Towers bleibt die Frage, ob der Verein das Projekt „Elbdome“ umsetzen kann und wann die Basketballer die für ihre ambitionierten Ziele benötigte größere Spielstätte erhalten. Towers-Hauptgesellschafter Tomislav Karajica (45), ein Immobilienentwickler mit großen Visionen, war bereits vor gut vier Jahren an die Stadt mit konkreten Plänen für eine Mehrzweckhalle für 8000 bis 9000 Zuschauerinnen und Zuschauer herangetreten. Die Kosten von damals geschätzten 150 Millionen Euro sollen privatwirtschaftlich finanziert werden.

Inzwischen wird von Behörden, Politik und Oberbaudirektor Franz-Josef Höing der vierte mögliche Standort geprüft. Die aktuelle, wohl chancenreichste Option ist der Huckebahnhof Rothenburgsort, 500 Meter von der HafenCity entfernt, bis zum Rathaus sind es 2,5 Kilometer. Das Gelände ist rund elf Hektar groß. „Urbane Produktion und Gewerbe des 21. Jahrhunderts sind hier willkommen – ebenso produktionsbezogene Dienstleistungen“, wirbt die Billebogen Entwicklungsgesellschaft mbH &Co. KG für das städtebau­liche Vorhaben zwischen Elbbrücken und S-Bahn-Station Rothenburgsort.

Drei Standorte für den Bau der neuen Arena wurden verworfen

Die ersten drei möglichen Standorte des „Elbdomes“ sind nicht durchgefallen, jedoch gibt es gegen sie unterschiedliche Bedenken. Karajicas ursprünglicher Plan war es, die Halle neben dem Elbtower an den Elbbrücken in einem Hafenbecken zu errichten. Hier störte Oberbaudirektor Höing die Beeinträchtigung der vertikalen Sichtachse der Stadt, auch die beabsichtigte Zuschüttung des Hafenbeckens drohte ökologische Problematiken aufzuwerfen. Urteil: kaum realisierbar, zu teuer.

Am S-Bahnhof Veddel wiederum, Option Nummer zwei, konkurrierte der Hamburger Verkehrsverbund (HVV) mit den Towers-Entwürfen. Der HVV will hier einen Mobilitätshub für den Süderelberaum entstehen lassen. Zudem ist die Fläche wohl zu klein und die Auslaufzonen zwischen Halle und S-Bahn zu gering.

Im Rathaus glaubt man noch an die Realisierung der Halle in dieser Dekade

Am dritten potenziellen Standort, ein Kleingartengelände neben dem Auswanderermuseum BallinStadt, gut 800 Meter östlich der S-Bahn-Stadion Veddel, stockten angestrebte Grundstückskäufe. Zudem befindet sich das Gelände im Störfallradius Schadstoffe emittierender Betriebe, was eine feuerwehrtechnische Zulassung (für den Fall der Evakuierung von 8000 Menschen) fraglich erscheinen lässt. Trotz all dieser Vorbehalte ist im Rathaus der Glaube an die Realisierung des Projekts noch in dieser Dekade weiter ungebrochen. Wie viel Zeit die Towers aber haben, um auf den „Elbdome“ warten zu können, könnte für die Entwicklung des Vereins eine entscheidende Frage werden.

Dass Willoughby einen langen Atem besitzt, hat er sowohl als früherer Leistungssportler als auch beim Aufbau der Towers nachgewiesen. Grundsätzlich finde er auch gut, „dass es Instanzen gibt, die Vor- und Nachteile solcher Projekte abwägen und die Bedürfnisse aller berücksichtigen“. Allerdings hegt er am vierten Standort die Hoffnung, nun endlich vor konkrete Planungen gestellt zu werden. „Letztlich profitieren nämlich nicht nur die Hamburg Towers davon, sondern die Sportstadt Hamburg – und damit vor allem Kinder und Jugendliche.“