Hamburg. Menschen aus der Ukraine leben im Mundsburg Tower – das kostet. Der Eigentümer verweist auf ein umfassendes Betreuungspaket.

Für die Linken-Bürgerschaftsabgeordnete Carola Ensslen ist es schlicht „Mietwucher“: Die Stadt muss für die Unterbringung ukrainischer Flüchtlinge im Mundsburg Tower 30 Euro pro Person und Tag (warm) zahlen. Das hat der Senat in seiner Antwort auf eine schriftliche Anfrage Ensslens mitgeteilt. Bei einer 65 Quadratmeter großen Zweizimmerwohnung, die mit einer vierköpfigen Familie belegt wird, ergibt sich daraus eine monatliche Miete von 3600 Euro.

„Ich kann die Not des Senats verstehen, in kurzer Zeit viele Geflüchtete unterbringen zu müssen. Aber die Firma verdient sich eine goldene Nase auf dem Rücken von Geflüchteten. Das ist sittenwidrig. Auf so einen Deal hätte sich der Senat nicht einlassen dürfen“, sagte Ensslen. Doch ganz so einfach ist es nicht.

Laut Senat stehen im Mundsburg Tower 60 Ein- und Zweizimmerwohnungen für bis zu 300 ukrainische Flüchtlinge zur Verfügung. Ende Juni hatten bereits 154 Menschen Wohnungen bezogen. Zusätzlich sollen „in den drei unteren Geschossen Gewerbeflächen als Gemeinschaftsunterbringung mit bis zu 150 Plätzen hergerichtet werden“, wie es in der Senatsantwort heißt. Für diese Unterkünfte wird der Senat 47 Euro pro Tag und Person zahlen, 22 Euro davon entfallen auf die Verpflegung. Seit Anfang dieses Monats werden die ehemaligen Gewerbeflächen in drei Schritten belegt. Insgesamt können damit 450 Plätze an dem zentralen Standort geschaffen werden.

Ukrainer im Mundsburg Tower – Spur führt zu Karajica

Eigentümer des markanten Gebäudes gegenüber dem U-Bahnhof Mundsburg (Uhlenhorst) ist die Home United GmbH, und als Vermieterin tritt eine Tochtergesellschaft, die Home United Spaces GmbH, auf. Geschäftsführer beider Gesellschaften ist der umtriebige Unternehmer Tomislav Karajica, der den Fernsehturm betreiben wird und mit dem Elbdome eine neue Mehrzweckhalle für 8000 bis 9000 Besucher plant. Karajica ist Hauptgesellschafter des Basketballteams Hamburg Towers.

„Bei der Unterbringung von Geflüchteten im Mundsburg Tower handelt es sich nicht um eine klassische Wohnraumvermietung. Vielmehr wurde mit der Stadt ein umfassendes Betreiberpaket vereinbart, das eine 24/7-Betreuung vorsieht“, sagt Unternehmenssprecher Matthias Linnenbrügger auf Abendblatt-Anfrage.

Mundsburg Tower organisiert viel für Ukrainer

Danach stellt Home United Spaces zwei und von August an drei bis vier Mitarbeiter zur Betreuung der Geflüchteten bereit, die auch Ukrainisch sprechen. Das Unternehmen übernimmt die administrative Abwicklung im Haus und ist durch einen Projektleiter vor Ort vertreten. Ein Hausmeister, Handwerker und Sicherheitskräfte sind auf Kosten von Home United Spaces im Einsatz.

Wie der Sprecher mitteilt, übernimmt das Unternehmen auch die Ausstattung der Wohnungen mit einer einfachen Möblierung und stellt Internetanschlüsse bereit. Bei Bedarf werden Küchen eingebaut sowie Herde und Kühlschränke angeschafft. Außerdem sollen die Wohnungen regelmäßig gereinigt werden. „Zeitnah“ sollen auch „Spielflächen“ für Kinder hergerichtet werden.

Vor dem Bezug werden die Wohnungen wie auch die künftigen Gemeinschaftsunterkünfte renoviert bzw. umgebaut. Die Unterkünfte, die in den unteren Geschossen des Mundsburg Towers entstehen, bestehen aus abschließbaren Mehrbettzimmern. Die Geflüchteten, die hier einziehen werden, sollen drei Mahlzeiten pro Tag erhalten. Für die Zubereitung wird ein Caterer zuständig sein, die Essensausgabe erfolgt über angestelltes Personal. Die Gemeinschaftsflächen und Sanitärbereiche werden täglich gereinigt.

Warum Ukrainer im Mundsburger Tower landeten

„Nach dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine mussten sehr rasch Möglichkeiten gefunden werden, viele Tausend Schutz­suchende unterzubringen“, sagte Martin Helfrich, Sprecher zuständigen Sozial­behörde. Zwar verfüge die Stadt über Unterkünfte für Geflüchtete, aber der Zustrom überstieg die Kapazitäten. Deswegen seien viele Anstrengungen unternommen worden, kurzfristig geeignete Flächen nutzbar zu machen. „Auch die Flächen im Mundsburg Tower haben wir angemietet, um kurzfristig Raum zu schaffen“, sagte Helfrich.

Die Belegungsplanung orientiere sich an den üblichen Standards für die öffentlich-rechtliche Unterbringung. In einer Einzimmerwohnung würden zwei bis vier Personen, in einer Zweizimmerwohnung vier bis sechs Personen untergebracht. Die 15 Quadratmeter großen Zimmer der Gemeinschaftsunterkünfte würden von zwei Personen genutzt. „Die genaue Personenzahl hängt unter anderem vom Alter von Kindern ab. Soziale Aspekte werden bei der Belegung wie üblich berücksichtigt“, sagte der Sprecher.

6,2 Millionen für Ukrainer im Mundsburg Tower

Insgesamt wird die Stadt für die Unterbringung von ukrainischen Geflüchteten eine Fläche von 3240 Quadratmetern für die Wohnungen sowie von 1226 Quadratmetern für die Gemeinschaftsunterkünfte im Mundsburg Tower nutzen. Hinzu kommen weitere 2113 Quadratmeter „auf Flächen zur gemeinschaftlichen Nutzung“, wie es in der Senatsantwort auf die Anfragen der Linken-Abgeordneten heißt.

Zunächst sind die Flächen bis zum 30. Juni 2023 angemietet. Es besteht eine Option auf eine Verlängerung der Nutzung bis 2025. Laut Senat fallen bis Ende Juni 2023 für die 60 Wohnungen Kosten in Höhe von rund 3,56 Millionen Euro an. Die Kosten für die Unterbringung in der Gemeinschaftsunterkunft schlagen mit 2,64 Millionen Euro zu Buche. Insgesamt wird die Stadt der Home United Spaces also rund 6,2 Millionen Euro zahlen.

„Auch wenn man den Verpflegungsanteil im Gewerbegeschoss herausrechnet, sind es immer noch fast fünf Millionen Euro“, sagte die Linken-Abgeordnete Ensslen. „Das geht über die bereits vielfach kritisierten Unterkunftsgebühren bei fördern & wohnen von derzeit 518 Euro pro Person und Monat hinaus“, sagte die Linken-Politikerin, die Nachverhandlungen des Senats mit Home United Spaces fordert.