Bänke sind nicht einfach nur Sitzmöbel. Sie laden ein zum Entspannen und Nachdenken. Priester und Politiker, Manager und Moderatoren - bekannte Hamburger zeigen uns ihre Favoriten, berichten, was ihnen dort durch den Kopf geht.

Der Journalist Günter Fink hat die Gespräche geführt und aufgezeichnet. Heute: Ulrich Khuon.

"Vor dem Thalia-Theater in der Gaußstraße stehen vier Bänke. Zwei davon sind kornblumenblau, zwei lindgrün. Sie sind etwas zu niedrig und zu rechtwinklig, um bequem darauf sitzen zu können. Das macht aber nichts, da die wartenden Besucher ruhig ein wenig unruhig sein dürfen, ob die Vorstellung nicht bald losgeht. Die Bänke passen gut zur klaren graublauen Metallfront der Fabrikhalle, die das Thalia-Theater seit fünf Jahren beherbergt.

Früher haben unsere Bänke einmal ihren Dienst in ,Das weite Land' von Arthur Schnitzler getan. Dann war das Stück abgespielt, und sie hatten ausgedient. Die Bühnenbildnerin Susanne Schuboth, die das Ambiente im Thalia in der Gaußstraße gestaltet hat, entdeckte sie dann wieder und stellte sie vor die Halle.

Da sie zart sind und die Besucher, die auf ihnen sitzen, warten, feiern und herumturnen, diese Zartheit nicht immer erkennen, fehlt den Bänken immer mal wieder ein Bein. Das wird dann wieder angenagelt, und sie sehen versehrt aus, aber immer noch schön. Irgendwann hatten wir unsere Bänke ausgetauscht, gegen starke, geschwungene Sitzgelegenheiten. Die waren zwar bequemer, paßten aber nicht zur Halle, und so haben wir die unbequemen, kargen wieder hervorgeholt.

Wenn man auf ihnen sitzt, sieht man den ankommenden Besuchern entgegen, man sieht auf einen hügeligen Parkplatz, auf das gerade eröffnete Après-Midi und die Probebühne des Schauspielhauses. Ich sitze selten dort, aber die Bänke aus dem ,Weiten Land' werden meine Lieblingsbänke bleiben, weil sie mir bei aller Verletzlichkeit noch nie einen Vorwurf gemacht haben, weil die Menschen, die auf ihnen sitzen, meistens entspannt wirken, und weil sie das Symbol für einen kleinen Hamburger Glücksplatz sind."