Ein bisschen erinnert der Warteraum der Hamburger Arbeitsgemeinschaft SGB II (Arge) in Rahlstedt an eine sterile Flughafenhalle. Der Boden ist mit...
Ein bisschen erinnert der Warteraum der Hamburger Arbeitsgemeinschaft SGB II (Arge) in Rahlstedt an eine sterile Flughafenhalle. Der Boden ist mit blau-grauen Platten ausgelegt, die Wände sind weiß gestrichen, vereinzelte Plastik-stühle sind fest in den Grund geschraubt. Ein schwarzer Absperrgurt soll es den Wartenden erleichtern, eine akkurate Menschenreihe zu bilden. Fehlt eigentlich nur ein Schild, das sagt: "Ab hier warten Sie noch eine halbe Stunde". Doch mit dem Flugzeug sind viele Menschen, die hier warten, noch nie geflogen. Zur Arge sind sie nur aus einem einzigen Grund gekommen: um ihre eigene Existenz zu sichern.
So wie Andre Krspogacin aus Rahlstedt. Der 25-Jährige hofft, für die Monate Oktober bis Januar eine Nachzahlung von mehreren Hundert Euro zu bekommen. Viel Geld für den Hartz-IV-Empfänger. "Heute ist zum Glück nicht so viel los", sagt er. "Manchmal stehe ich hier einige Stunden an." Um 9.30 Uhr warten gerade einmal 16 Menschen in dem Raum. Sie stehen an der großen Fensterfront oder schauen sich Stellenanzeigen an der Pinnwand an. So lange, bis ihr Name aufgerufen wird und sie zu ihren Sachbearbeitern in den anderen Etagen des tristen, grauen Kastenbaus vorgelassen werden. Auch für den Arbeitsuchenden und seinen Betreuer Dennis Michalke (siehe unten) geht es heute ungewöhnlich schnell.
Binnen fünf Minuten werden sie von einer desinteressiert wirkenden blonden Frau am linken von drei Schaltern empfangen. Aber sie lässt sich dann schnell davon überzeugen, dass Andre Krspogacins Anliegen dringend ist. Schließlich habe er wegen der fehlenden Gelder seit Monaten Mietschulden, sagt Betreuer Michalke. Die Dame bittet die beiden Gäste, in den zweiten Stock zu gehen und dort auf die zuständige Sachbearbeiterin zu warten. Und dass, obwohl sich das Amt "in dieser Woche nur um Mittel- und Obdachlose kümmert", wie sie sagt.
Der neue Warteraum ist viel kleiner. Die obligatorischen Plastikbänke gibt es hier natürlich auch, aber insgesamt wirkt die Etage durch ihren hellgelben Anstrich freundlicher als der Flughafen-Raum im Erdgeschoss. Nach einer Viertelstunde bittet seine Sachbearbeiterin Andre Krspogacin und Dennis Michalke in einem freundlichen, aber bestimmten Ton in ihr Büro, das von einem großen, weißen Schreibtisch beherrscht wirkt.
Ablagekörbe, wenige grüne Pflanzen und Aktenschränke sorgen für eine typische Büroatmosphäre. Einziger Lichtblick ist ein großes Poster an der Tür, auf dem eine rote Telefonzelle leuchtet. Eine Postkarte mit einem Hund und dem Spruch "I Feel Good" lacht den Behördenbesuchern entgegen. "Wo ist das Geld denn hin?", fragt die Sachbearbeiterin den 25-Jährigen und seinen Betreuer ungläubig, nachdem sie ihr Anliegen vorgetragen haben. Sie wirkt distanziert, sie hört sich solche Geschichten anscheinbend öfter an. Vom Wahrheitsgehalt lässt sie sich jedoch offensichtlich gerne überzeugen.
Schließlich war eine Kontosperrung schuld, dass das Geld nicht an den Arbeitsuchenden, sondern zurück an die Arge überwiesen wurde. Ein kurzer Blick in ihren Computer reicht aus, und die kleine blonde Frau wirkt plötzlich viel netter. Sie lacht und erklärt dem Hartz-IV-Empfänger und seinem Begleiter das weitere Vorgehen. Die Zahlungen wolle sie sofort in die Wege leiten, sagt sie. Nur um ein obligatorisches unformelles Anschreiben kommen Krspogacin und Michalke nicht herum.
"Ganz ohne Bürokratie geht es dann eben doch nicht", sagt der Betreuer nach dem zwanzigminütigen Gespräch entspannt. Denn der oft wenig ersprießliche Gang zur Arge war für die beiden so erfolgreich wie schon lange nicht mehr. "So einfach wie heute haben wir noch nie etwas bei den Ämtern erreicht", freut sich Michalke.
Im Erdgeschoss hat sich der Warteraum gefüllt: Mütter mit Kindern, ältere Herren, aber auch Jugendliche. Die Wartezeit ist jetzt doppelt so lang. Doch Andre Krspogacin kann jetzt nach Hause gehen. Für heute hat er seinen Kampf mit der Behörde gewonnen.
Arge Rahlstedt Die Noten
Anbindung: 3
Behindertengerecht: 4
Kundenführung: 3
Wartezeit: 2
Parkplätze: 4
Kinderfreundlichkeit: 3
Ambiente: 3