Die Verteidiger sehen in der Festnahme und der Auslieferung in die Niederlande einen Verstoß gegen das Völkerrecht und fordern die Freilassung.
Neustadt. Der Antrag kam wenig überraschend - seit Prozessbeginn im November ließen die 20 Verteidiger der zehn mutmaßlichen Piraten immer wieder durchblicken, dass die Festnahme ihrer Mandanten auf hoher See und später die Auslieferungshaft in den Niederlanden gegen das Völkerrecht verstoßen.
Der Frankfurter Anwalt Oliver Wallasch und fast alle anderen Verteidiger forderten das Landgericht gestern auf, das Verfahren gegen ihre Mandanten einzustellen und sie aus der U-Haft zu entlassen. Wallaschs Begründung: Die Beschuldigten seien nicht innerhalb von 48 Stunden dem Ermittlungsrichter vorgeführt worden, nachdem sie im April 2010 von niederländischen Marinesoldaten auf dem Hamburger Containerfrachter "Taipan" festgesetzt worden waren - das verstoße gegen das Völkerrecht. Dabei hätte die Chance bestanden, sie "unverzüglich" per Video vorzuführen, sagte Wallasch dem Abendblatt.
Dass deshalb der Piraten-Prozess platzt, hält der Hamburger Völkerrechtler Professor Andreas von Arnauld für "extrem unwahrscheinlich". Zwar sehe das nationale Recht vor, einen Beschuldigten binnen 48 Stunden dem Ermittlungsrichter vorzuführen. Das sei im Völkerrecht jedoch anders, hier gelte das Primat der Unverzüglichkeit. Was aber "unverzüglich" bedeutet, sei nicht näher definiert: So hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einem Fall entschieden, dass bei Festnahmen auf hoher See eine Vorführung selbst nach 14 Tagen noch als "unverzüglich" gelten könne.
Auch Verteidigerin Gabriele Heinecke forderte das Gericht auf, ihren Mandanten aus der Haft zu entlassen. Eine Fluchtgefahr sei nicht gegeben, da die Haftstrafe nicht so sehr abschrecke wie die aktuelle Dürrekatastrophe in Somalia, die als die schlimmste seit 60 Jahren gilt. Ein Urteil gegen die zehn Somali wird nicht vor November erwartet.