Die Reederei Komrowski hat mehr Bewusstsein der Regierung gefordert. “Das Handeln stimmt noch nicht“, sagte Geschäftsführer Roland Höger.
Hamburg. Nach der Auslieferung mutmaßlicher somalischer Seeräuber an die Hamburger Justiz hat die von einem Überfall betroffene Reederei Komrowski „härteste Methoden“ im Kampf gegen Piraterie gefordert. „Richtig ist, dass in Kreisen der Regierung und des Gesetzgebers das Bewusstsein da ist, aber das Handeln noch nicht stimmt“, sagte Geschäftsführer Roland Höger am Freitag in Hamburg.
Nach dem Überfall auf das Frachtschiff „Taipan“ der Reederei hatte die niederländische Marine zehn mutmaßliche Seeräuber überwältigt und festgenommen. Die Somalier waren am Donnerstag aus den Niederlanden nach Hamburg gebracht worden, um dort vor Gericht gestellt zu werden. Ein Richter verkündete ihnen am Freitag die Haftbefehle, die das Amtsgericht bereits Mitte April erlassen hatte – wegen Angriffs auf den Seeverkehr und versuchten erpresserischen Menschenraubs. Der jüngste Verdächtige – er ist laut einem Gutachter 15 oder 16 Jahre alt – war schon am Donnerstagabend bei einem Jugendhaftrichter. Er habe ebenso wir die anderen keine Angaben zur gemacht, sagte Oberstaatsanwalt Wilhelm Möllers.
Bei einer Verurteilung drohen den Männern Höchststrafen von 15 Jahren. Sie wurden laut Möllers auf unterschiedliche Gefängnisse verteilt. Eine Befreiungsaktion wie die der niederländischen Marine sei abschreckend für Piraten und sollte daher nach Högers Ansicht zur Regel werden. Vertreter der EU-Mission Atalanta hätten ihm aber gesagt, dass sie die Ausnahme bleiben werde. Höger kritisierte: „Je erfolgreicher das Modell der somalischen Piraterie funktioniert, desto aggressiver werden sie und desto gieriger.“ Seeräuber in Somalia seien nach seiner Auffassung bestens organisierte Kriminelle: „Es geht nicht um irgendwelche dahergelaufenen Fischer.“
Seit der Attacke stehe die Reederei Sicherheitsfirmen an Bord aufgeschlossen gegenüber, betonte Höger. „Der Schock sitzt tief.“ Bewaffnete Schutztruppen könnten etwa Salven vor den Bug eines angreifenden Schiffes abfeuern. Die Reederei dagegen könne sich nur um den „passiven Teil“ kümmern – etwa einen sicheren Raum für die Besatzung an Bord. In einen solchen Raum hatte sich auch die Crew der „Taipan“ gerettet – und es dort zudem geschafft, die elektrische Versorgung des Containerschiffs komplett lahmzulegen. Auch der Verband Deutscher Reeder will bewaffnete Schutztruppen an Bord, um Piratenangriffe vor der Küste Ostafrikas abzuwehren. Es gebe Gespräche mit den zuständigen Ministerien, ob Bundespolizisten - unterstützt von der Marine – diese Aufgabe übernehmen können, sagte Max Johns vom Verband Deutscher Reeder. „Das wäre eine Hilfe für deutsche Schiffe unter deutscher Flagge.“ Je nach Einsatzgebiet gehe es um „sechs bis maximal zehn Soldaten pro Schiff“.
Er hoffe, dass die Gespräche vor der Sommerpause „ein gutes Stück weiter“ sind. Derzeit könnten nur private Kräfte zum Schutz von Schiffen eingesetzt werden, sagte Johns. Dafür müsste man sich allerdings ausflaggen – also nicht mehr unter deutscher Flagge fahren. Mit Bundespolizisten an Bord lasse sich für eine „deutlich höhere Sicherheit der Mannschaft“ sorgen, betonte Johns. Es gehe schließlich nicht um die Ladung, „es geht um Geiseln“. Nach seinen Angaben gibt es zur Zeit etwa 500 Schiffe unter deutscher Flagge – nur ein Teil davon sei aber vor der ostafrikanischen Küste unterwegs. Die Reederei Komrowski versuche, die gefährlichen Regionen zu meiden, berichtete Höger – indem die Schiffe sie weiträumig umfahren. „Statt 3 fahren wir 16 Tage.“ Werden die mutmaßlichen Piraten aus Somalia vor dem Hamburger Landgericht verurteilt, wird das Seeräuber in dem ostafrikanischen Land nach Högers Ansicht kaum abschrecken. „Ich denke mal, die Prämien, die für die jungen Fischer ausgelobt werden von den Chefs (...) sind verlockender als die Bedrohung, in einem deutschen Gefängnis zu landen.“