Kanzlerin spricht mit Polens Premier Tusk über Streit um Vertriebenen-Präsidentin.

Berlin/Hamburg. Auf dem Höhepunkt der deutsch-polnischen Auseinandersetzung um die Vertriebenenpräsidentin Erika Steinbach hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gestern den polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk im Hamburger Rathaus getroffen. Beide waren Ehrengäste des altehrwürdigen Matthiae-Mahls.

Tusk hatte unmittelbar vor Beginn des Festmahls seine Forderung erneuert, Steinbach keinen Posten im Stiftungsrat der in Berlin geplanten Vertriebenen-Gedenkstätte zu geben. Merkel erklärte hingegen, die Entscheidung brauche noch "ein paar Tage Zeit" und müsse "im Geiste der Versöhnung" beider Völker getroffen werden.

Die in Polen als Reizfigur geltende Steinbach war vom Bund der Vertriebenen (BdV) für einen Sitz im Aufsichtsrat der von ihr initiierten Stiftung nominiert worden. Die Bundesregierung muss der Personalie noch zustimmen. Eine derart herausgehobene Funktion für Steinbach berühre "schmerzhaft unsere polnische Empfindlichkeit für die Wahrheit über den Zweiten Weltkrieg", kritisierte Tusk in der "Financial Times Deutschland". Er erwarte eine Entscheidung, die "der authentischen deutsch-polnischen Freundschaft dient".

Tusks Einlassungen wurden in Regierungskreisen nicht als hilfreich angesehen, um den Konflikt zu befrieden. Merkel traf den Premier vor Beginn des Essens zu einer vertraulichen bilateralen Unterredung. Danach hieß es lediglich, es sei ein "gutes Gespräch" gewesen. Sie bezeichnete anschließend in ihrer Rede gute deutsch-polnische Beziehungen als Herzensangelegenheit der Politik. Daran würden auch "kritische Fragen, die wir zu lösen haben", nichts ändern.

Bilder vom Matthiae-Mahl

Im Vorfeld hatten Unionspolitiker Steinbach den Rücken gestärkt. Der Vizevorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Wolfgang Bosbach (CDU), sagte: "Es wäre gut, wenn die Stiftung bald ihre Arbeit aufnehmen könnte. Aber nicht um den Preis, dass eine Entscheidung getroffen wird, die viele Vertriebene als Brüskierung empfinden würden." Er forderte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) auf, Polen davon zu überzeugen, dass Steinbach "eine gute Repräsentantin" der Vertriebenen im Stiftungsbeirat wäre.