Innensenator Nockemann vereidigt. Aber der Regierung fehlten vier mögliche Stimmen. Wütende Angriffe der Opposition. GAL-Abgeordnetem wurde das Rederecht entzogen.

Hamburg. Das war knapp: Mit 60 zu 57 Stimmen bei zwei Enthaltungen und zwei ungültigen Stimmen hat die Hamburger Bürgerschaft Dirk Nockemann zum neuen Innensenator und Nachfolger von Ronald Schill gewählt. Das Dreier-Bündnis von CDU, Schill-Partei und FDP besteht weiter, Neuwahlen sind vorerst vom Tisch. "Es reicht. Mehrheit ist Mehrheit", sagte Bürgermeister Ole von Beust unmittelbar nach der Wahl erleichtert. "Das ist kein schlechtes Ergebnis. Ich bin von der Bürgerschaft bestätigt worden", ergänzte Nockemann (Schill-Partei). Allerdings: Vier der 64 Stimmen, über die die Koalition rechnerisch verfügt, fehlten.

Damit wurde die absolute Mehrheit von 61 Stimmen - die so genannte Bürgermeister-Mehrheit - verfehlt. Eine solche Dramatik hat das Rathaus selten erlebt: Bis zuletzt war offen, ob Ex-Innensenator Ronald Schill zur Abstimmung erscheinen würde. Bürgerschaftspräsidentin Dorothee Stapelfeldt hatte die geheime Abstimmung schon eröffnet, als Schill um 15.06 Uhr schließlich doch eintraf - umringt von Kameraleuten und Fotografen. In der Bürgerschaft schwieg der Parteigründer, doch vor dem Plenarsaal gab er bereitwillig Auskunft. "Persönliche Aversionen oder Verletzungen müssen heute außen vor bleiben", sagte Schill. "Ich möchte die Regierung stabilisieren, die ja mit mein Baby ist, um Rot-Grün zu verhindern." Schill gab zu, sich bei der Wahl seines Nachfolgers der Stimme enthalten zu haben. Sein Abgeordneten-Mandat wolle er behalten. Nach der Wahl und der Vereidigung Nockemanns zum Innensenator kam es zu einem harten Schlagabtausch zwischen Opposition und Regierung. "Die politische Krise ist nicht beendet. Schill geht um in der Stadt", sagte SPD-Fraktionschef Walter Zuckerer. Der Eklat um die Entlassung Schills und die Folgen seien "der größte politische Skandal in der demokratischen Geschichte Hamburgs".

Zuckerer warf Ole von Beust vor, Schill zu spät entlassen zu haben. "Warum kam der Rauswurf erst, als Sie, Herr von Beust, persönlich angegriffen wurden?", fragte Zuckerer, der auch an die umstrittene Bundestagsrede Schills vor einem Jahr erinnerte. "Kein hanseatischer Bürgermeister vor Ihnen hätte das geduldet." Von Beust wies den Vorwurf zurück und betonte, dass er zwischen "Politik und den Äußerungen von Politikern" trenne. "Die Reden und umstrittenen Äußerungen von Herrn Schill haben in der Senatswirklichkeit keinen Niederschlag gefunden." In einer persönlichen Bemerkung zu Beginn seiner Rede hatte von Beust auch der Opposition "für die große persönliche Fairness in den letzten 14 Tagen" gedankt. CDU-Fraktionschef Michael Freytag lobte die "Führungsstärke" von Beusts in der Schill-Affäre. Zu Turbulenzen um Schill kam es gegen Ende der Debatte, als dem GAL-Abgeordneten Christian Maaß nach drei Ordnungsrufen das Rederecht entzogen wurde. Er hatte Schill als "politischen Erpresser" und als "halbseidene Gestalt" bezeichnet.