Opposition wirft Ole von Beust Versäumnisse vor - und der GAL-Abgeordnete Maaß wurde des Saales verwiesen.
Den Eklat gab es erst am Ende. Als der GAL-Abgeordnete Christian Maaß in seiner Rede gegen 18 Uhr einen ZDF-Bericht mit den Worten zitierte, in der Schill-Partei werde "gelogen und betrogen", kassierte er vom Bürgerschaftsvizepräsidenten Peter Paul Müller (Schill-Partei) seinen dritten Ordnungsruf - und musste das Rednerpult verlassen. Zuvor hatte Maaß bereits für die Bezeichnung Schills als "politischer Erpresser" und als "halbseiden" Ordnungsrufe kassiert. SPD und GAL protestierten wütend gegen das Redeverbot für den GALier, die Sitzung wurde unterbrochen, und der Ältestenrat trat zusammen. Maaß habe doch nur zitiert, so das Argument der Opposition. Mehr als eine halbe Stunde tagte der Ältestenrat. Ergebnis: Der Grüne musste draußen bleiben. Begonnen hatte die Sitzung weniger hektisch. Gleich nach der Vereidigung des neuen Innensenators hatte SPD-Fraktionschef Walter Zuckerer das Wort ergriffen - und nach der Überwindung eines kleines Heiserkeitsanfalls eine scharfzüngige und mitreißende Rede gehalten, ohne persönlich verletzend zu werden. Er bescheinigte dem Bürgermeister, dass die Entlassung Schills "so notwendig wie unausweichlich" gewesen sei - fragte aber auch: "Warum kam dieser Rauswurf erst, als Sie, Herr von Beust, persönlich angegriffen waren, als es um Ihre persönliche Ehre ging?" Und er wollte wissen, ob es nicht bereits eine Frage der Ehre gewesen sei, Schill zu entlassen, als er ständig "Ausländer, die Bevölkerung der europäischen Beitrittsstaaten, die Christen, die Künstler, die Grünen, die Sozialdemokraten und das Parlament" beleidigte. "Nein, kein hanseatischer Bürgermeister vor Ihnen hätte das geduldet, aber Sie, Herr von Beust, fanden meistens nicht oder nur ein wenig statt." Es gehe nicht nur um Schill, sondern auch um CDU und FDP, die aus reiner Machtverliebtheit in Kauf genommen hätten, dass "diese Stadt auf dem Tiefpunkt ihrer politischen Kultur angekommen sei". Bürgermeister von Beust wies die Kritik zurück. "Ich trenne zwischen Politik und Äußerungen von Politikern. Nichts von den Äußerungen Schills hat in der Senatswirklichkeit einen Niederschlag gefunden." Beust lobte Schills Politik, der die Kriminalität um 16 Prozent gesenkt habe. "Das ist unser Erfolg. Die Fehler der SPD haben wir in einem Parforceritt beseitigt." Zu Beginn seiner Rede hatte von Beust sich bei den Parlamentariern, auch bei der Opposition, für die "große persönliche Fairness innerhalb der letzten 14 Tage" bedankt. CDU-Fraktionschef Michael Freytag gestand zwar ein, dass es sich um den "größten anzunehmenden Unfall" für eine Regierung handle - der habe aber auch "reinigende Wirkung, weil sich dadurch die Spreu vom Weizen getrennt hat". Die CDU sei stolz auf Ole von Beust, der sich nicht habe erpressen lassen. Danach griff Freytag die SPD an: "Wenn das Regierungsschiff in schwere See gerät, schlägt eigentlich die Stunde der Opposition", so Freytag. "Von der SPD aber war nichts zu sehen. Sie hat Flugblätter verteilt. Einen Bürgermeisterkandidaten oder ein Regierungskonzept hat sie nicht präsentiert." GAL-Fraktionschefin Christa Goetsch bezeichnete den gestrigen Tag als Niederlage für Bürgermeister, CDU und FDP. Zu Ole von Beust sagte sie: "Sie wollen weiterregieren mit Leuten wie dem Schill-Abgeordneten Bauer, der erklärt hat, die Stadt von Müll und Homosexuellen reinigen zu wollen. Das ist ein hoher Preis für den Erhalt der Macht." Wer sich mit Hunden schlafen lege, dürfe sich nicht wundern, wenn er mit Flöhen aufstehe, so Goetsch. Schill-Fraktionschef Norbert Frühauf sagte, es gebe "an dieser Sache nichts zu beschönigen". Seine Fraktion wolle das Vertrauen mit guter Sacharbeit zurückgewinnen. FDP-Fraktionschef Burkhardt Müller-Sönksen befand, die Umfragen zeigten, dass die Hamburger mehrheitlich hinter der "Koalition der Vernunft" stünden. Bausenator Mario Mettbach wies die Forderung nach Neuwahlen zurück. "Mehr als 50 Prozent der Hamburger lehnen Neuwahlen ab", so Mettbach. Es sei besser für die SPD, wenn noch nicht gewählt werde - schließlich habe sie weder ein Programm noch einen Spitzenkandidaten. (jmw/pum)