Protokoll der Wahl: Schill kommt als Letzter. Nach einer halben Stunde ist alles vorbei.
Die Sitzung dauert gerade einmal acht Minuten, als Dorothee Stapelfeldt zum zweiten Mal mahnend das Wort ergreift. "Ich bitte die Medienvertreter nochmals, sich an die zuvor vereinbarten Regeln zu halten", sagt die Bürgerschaftspräsidentin. Und fast ein wenig wütend fügt sie hinzu: "Und ich möchte den Wahlgang nicht erneut unterbrechen müssen." Was die Präsidentin so wenig amüsiert, ist das nicht enden wollende Gedränge um den Abgeordnetensitz Nr. 81. Zwei Dutzend Fotografen kämpfen dort seit drei Minuten gegeneinander und um das beste Bild des frisch gebackenen Hinterbänklers Ronald Barnabas Schill. Um des Effekts willen hatte der als Letzter von 121 Parlamentariern und als Einziger verspätet die Bühne betreten, auf die für einige Stunden die Republik schaute. Der Bürgermeister ist pünktlicher. Um 14.47 Uhr betritt er das Plenum, begrüßt die ersten Parlamentarier, schüttelt hier eine Hand, wechselt dort ein paar Worte. Dann spricht er, auffallend lange, mit Karl-Heinz Ehlers. Der 61-Jährige ist der dienstälteste CDU-Abgeordnete, und er ist einer, der gegen den Strom schwimmen kann. Es ist 15.01 Uhr. Stapelfeldt kündigt den Tagesordnungspunkt 0.1 an: Auf Antrag des Senats wird die Bürgerschaft gebeten, die Ernennung des Innensenators Dirk Nockemann zu bestätigen. In alphabetischer Reihenfolge werden die Abgeordneten zur Wahl aufgefordert. Horst Zwengel (Schill-Partei) ist um 15.17 Uhr der Letzte, der seinen Wahlzettel entgegennimmt, in der Wahlkabine sein Kreuz macht, um schließlich den Zettel am Präsidiumspult in die Urne zu stecken. Stapelfeldt unterbricht die Sitzung. Bettina Pawlowski (CDU), Farid Müller (GAL) und Rose Pauly (FDP) ziehen sich zurück und zählen die Stimmen aus. Draußen in der Lobby steht ein Mann und drückt Nockemann ganz besonders die Daumen. Es ist Friedrich Adolphi, der am 19. August sein Abgeordnetenmandat verloren hatte. Seit diesem Tag ist Schill Ex-Innensenator und damit automatisch wieder Abgeordneter. Adolphi musste weichen. "Das wird schon klappen", sagt er. Wenn Nockemann in den Senat aufrückt, wird wieder ein Platz frei in der Schill-Fraktion: für Friedrich Adolphi. Es ist 15.28 Uhr, als die Bürgerschaftspräsidentin, viel früher als erwartet, das Ergebnis verliest: "Abgegebene Stimmen: 121. Ungültig: zwei. Mit Ja haben gestimmt: 60. Mit Nein haben gestimmt: 57. Enthaltungen: zwei." Ein Raunen geht durch den Saal. Die Koalitionsabgeordneten schauen sich an, einige pusten die Luft aus den Lungen, Ole von Beust lächelt. Erst jetzt setzt der Applaus ein. Zaghaft zunächst, dann immer lauter. Der Bürgermeister geht zu Nockemann und gratuliert. CDU-Fraktionschef Michael Freytag schnappt sich die in Zelluphan gehüllten Blumen und schenkt sie dem neuen Innensenator, um den sich eine Traube von Händeschüttlern gebildet hat. Stapelfeldt bittet ihn nach vorn. Um 15.31 Uhr hört er die Eidesformel und sagt: "Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe."