Berlin. Viele Paare leben ohne Trauschein. Doch stirbt der Partner, gehen Hinterbliebene bei der Rente leer aus. Eine Heirat kann sich lohnen.

In der Regel heiraten Paare früher oder später. Doch viele entscheiden sich auch für ein gemeinsames Leben ohne den Trauschein. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts gibt es in Deutschland rund 3,4 Millionen „wilde Ehen“ gegenüber 37 Millionen Ehen. Gar nicht selten halten auch diese Lebensgemeinschaften über Jahrzehnte. Im Alltagsleben spielt der Unterschied auch kaum eine Rolle. Rechtlich sieht es da in vielerlei Hinsicht aber anders aus.

Einer dieser Unterschiede kann finanziell gravierende Folgen haben. Stirbt ein Teil des nicht ehelichen Paares, geht der oder die Hinterbliebene bei der Witwenrente leer aus. Die Lebensgemeinschaft wird wie eine Freundschaft angesehen, bei der ja auch keine Ansprüche auf andere übergehen. Ebenso wenig erbt der weiterlebende Teil des Paares automatisch das Vermögen des verstorbenen Teils. Dieses Problem lässt sich leicht mit einem Testament lösen. Allerdings langt in diesem Fall das Finanzamt ab einer gewissen Größenordnung ordentlich zu. 

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Bei den Ansprüchen aus der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) ist die Lösung nicht so leicht. Nur Eheleute kommen in den Genuss einer Hinterbliebenenrente, wenn ein Partner stirbt. „Lebenspartner ohne Heiratsurkunde gehen dagegen völlig leer aus“, warnen Experten des Verbraucherportals Finanztip. Eine kirchliche Trauung allein reicht für den Anspruch nicht aus. Die Partner müssen sich schon vor das Standesamt begeben. Auch eingetragene Lebensgemeinschaften werden vom Hinterbliebenenschutz erfasst.

Witwenrente: Ehe muss mindestens ein Jahr bestehen

Auch wenn niemand gerne an den irgendwann unvermeidlichen Schicksalsschlag denken mag, lohnt sich ein Gedanke an die Folgen doch schon frühzeitig. Weil die eigenen Rentenansprüche von Frauen in Deutschland oft niedrig sind, weil sie lange Kinder betreut, in Teilzeit gearbeitet oder Angehörige gepflegt haben, droht ihnen womöglich Altersarmut, wenn die Rente des Lebenspartners nach dessen Tod von einem Tag auf den anderen wegfällt. Die Hinterbliebenenrente kann derlei finanzielle Katastrophen abmildern oder gar ausschließen.

Altersvorsorge
Vor allem Frauen, deren Rentenansprüche oft ohnehin niedrig sind, droht im Alter die Armut, wenn die Rente des Partners wegfällt. © DPA Images | Lino Mirgeler

In früheren Zeiten entstand der Anspruch auf eine Witwen- oder Witwerrente mit der Eheschließung. Um einen Missbrauch der Regelung zu verhindern, wurde sie verändert. Die Ehe muss mindestens ein Jahr bestehen, bevor der Hinterbliebenenschutz greift. Stirbt der Partner durch einen Unfall, entfällt die Frist. Das gilt analog zur gesetzlichen Rente auch in der Beamtenversorgung. 

Für den Hinterbliebenenschutz müssen darüber hinaus zwei Voraussetzungen erfüllt werden: Erstens: Der verstorbene Partner muss die Mindestwartezeit der Rentenversicherung von fünf Jahren erfüllt oder bereits eine Rente bezogen haben. Und zweitens darf noch keine erneute Heirat erfolgt sein. 

Kleine und große Witwenrente: Das sind die Unterschiede

Es gibt eine kleine und eine große Witwenrente. Die kleine Witwenrente erhalten Hinterbliebene, die noch keine 46 Jahre und zwei Monate alt, nicht erwerbsgemindert sind und kein Kind erziehen. Das Alter steigt analog zum Rentenalter bis 2029 auf 47 Jahre an. Die Höhe der Rente orientiert sich an der Rente, die der Verstorbene bezogen hat. Wurde noch keine Rente gezahlt, wird die Witwenrente auf Grundlage der Erwerbsminderungsrente berechnet, auf die der Verstorbene Anspruch gehabt hätte.

Davon werden 25 Prozent als Witwenrente bezahlt. Ist der Partner vor dem 65. Lebensjahr gestorben, wird darauf noch ein Abschlag vorgenommen. Die kleine Variante wird auch nur noch 24 Monate lang gewährt. In dieser Zeit sollte es jüngeren Hinterbliebenen möglich sein, selbst für den eigenen Lebensunterhalt aufzukommen. 

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Die große Witwenrente wird gezahlt, wenn die Witwe oder der Witwer das 47. Lebensjahr vollendet hat, erwerbsgemindert ist oder ein Kind unter 18 Jahren versorgt. Sie beträgt 55 Prozent der Rente oder Rentenansprüche des verstorbenen Partners. Bei einer Rente von 1.500 Euro wären das 825 Euro. Sie wird um Zuschläge erhöht, sofern beim Hinterbliebenen Zeiten der Kindererziehung für die ersten drei Lebensjahre berücksichtigt wurden. Sie wird – mit Einschränkungen – bis zum Lebensende bezahlt. Aus der großen wird auf diese Weise eine kleine Witwenrente, wenn ein betreutes Kind das 18. Lebensjahr vollendet. Umgekehrt läuft es, wenn jemand in der Zeit einer kleinen Witwenrente erwerbsgemindert wird. 

Heirat wegen der Hinterbliebenenrente: Nicht immer lohnt sie sich finanziell

Sollte der Ernstfall eintreten und ein Partner sterben, beginnt das sogenannte „Sterbevierteljahr“. In dieser Zeit erhält der oder die Hinterbliebene noch die volle Rente des Verstorbenen. So wird ihnen die Zeit verschafft, das Geschehen zu verarbeiten und die persönlichen Dinge neu zu ordnen. Für beide Varianten gilt noch eine wichtige Einschränkung. Der Anspruch auf die Rentenzahlung erlischt, wenn Hinterbliebene einen neuen Partner oder eine Partnerin finden und zum zweiten Mal eine Ehe eingehen. 

Es gibt beim Hinterbliebenenschutz noch einige Besonderheiten, die jedoch für heute noch unverheiratete Paare keine Rolle spielen. Ob sich eine Heirat nur wegen der Hinterbliebenenversorgung finanziell lohnt, hängt vom Einzelfall ab. So wird ein eigenes Einkommen der Hinterbliebenen oberhalb einer Freigrenze von derzeit 1.038 Euro auf die Witwenrente angerechnet. Für jeden zusätzlich verdienten Euro zieht die Rentenversicherung 40 Cent von der Rente ab. Allerdings plant die Bundesregierung eine deutliche Anhebung des Freibetrags auf 1.583 Euro.