Berlin. Jill und Lucas Witt vermieten im großen Stil Wohnungen über Airbnb – und wurden damit reich. Sie sagen, wie sie das geschafft haben.
Der Eingang zur Wohnung führt durch einen kleinen Vorgarten. Vögel zwitschern im prächtigen Grün der Bäume und Hecken. An dem Gründerzeithaus mitten in Berlin ranken Pflanzen empor. An der Wohnungstür tippt Lucas Witt einen Zahlencode ein und die Tür springt auf. Self-Check-in nennt sich das und macht Schlüssel samt Übergabe überflüssig. Für Lucas und seinen älteren Bruder Jill erleichtert das ihren Alltag enorm. Denn sie vermieten im großen Stil Ferienwohnungen – und werden damit reich.
Seit etwa eineinhalb Jahren haben der 31-jährige Lucas und sein elf Jahre älterer Bruder ihr Leben ganz auf Wohnungsvermietung umgestellt. Denn ihr Geld verdienen die Brüder unter anderem mit Airbnb-Arbitrage. Die beiden mieten Wohnungen langfristig und vermieten diese dann kurzfristig über Plattformen wie Airbnb oder booking.com an Touristen. Insgesamt 18 Wohnungen in Berlin, Brandenburg, Bremen und Magdeburg haben die Brüder schon, drei davon sind Eigentumswohnungen. „Mein Ziel sind vorerst 50 Wohnungen“, sagt Lucas. „Wo die Reise dann noch hingeht, werden wir sehen.“
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Ursprünglich war die Idee von Airbnb, dass Privatleute ihre Wohnung oder ihr Haus an andere Urlauber vermieten, wenn sie selbst nicht da sind. Die Win-win-Situation lag auf der Hand: Die Wohnung steht nicht leer, Zimmerpflanzen werden gegossen und der Vermieter verdient noch etwas Geld dazu. Die Airbnb-Nutzer auf der anderen Seite bezahlen in der Regel weniger als für ein Hotel und erleben die Stadt nah an den Einheimischen.
Raus aus den Kinderschuhen: So oft wird bei Airbnb, Expedia und Co. gebucht
Doch den Charme des Privaten haben Airbnb und Co. längst verloren. Wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilt, haben im vergangenen Jahr Gäste aus dem In- und Ausland über die vier großen Onlineplattformen Airbnb, Booking.com, Tripadvisor und Expedia insgesamt 46 Millionen Übernachtungen in Ferienwohnungen und -häusern hierzulande gebucht.
Damit verzeichneten die vier Onlineplattformen 8,3 Prozent mehr Übernachtungen als im Jahr 2022. Das Vor-Corona-Niveau des Jahres 2019 wurde 2023 deutlich übertroffen: Damals hatten in- und ausländische Gäste 37,2 Millionen Übernachtungen in Deutschland über die Plattformen gebucht. Im Vergleich dazu lagen die Übernachtungszahlen im Jahr 2023 um 23,6 Prozent höher.
Ein Stück des Kuchens wollen die Brüder Witt. Auf die Idee mit der Ferienwohnungsvermietung seien sie über ihre Tante gekommen, erzählen sie. Diese hatte eine Einliegerwohnung in ihrem Haus in Bremen zur Ferienwohnung umgebaut und vermietet. Mit durchschlagendem Erfolg. Das nahmen sich die Brüder zum Vorbild. Erster Schritt: ein professionelles Coaching. Und zwar bei Saadia Touzri und ihrem Geschäftspartner und Freund Roman Renn, den vielleicht bekanntesten Airbnb-Vermietern Deutschlands.
Sie erzählen ihre Erfolgsgeschichte immer wieder in Zeitungen und Magazinen. Eigenen Angaben nach machen sie im Monat rund 100.000 Euro Umsatz mit ihren Vermietungen. Längst haben sie Angestellte und eigene Firmen. Mit dem Unternehmen „Powerbnb“ beraten und coachen sie angehende Profivermieter. So wie die Witts. Denn von Steuern über Wohnungsreinigung bis hin zur Anmeldung gibt es einiges zu beachten.
So umgehen die Brüder das Zweckentfremdungsverbot
In Deutschland gilt beispielsweise das Zweckentfremdungsverbot für Wohnraum. Jedes Bundesland kann selbst entscheiden, ob es dieses Verbot erlässt und wie streng es ausgelegt wird. Aber im Kern gilt: Dort, wo Wohnraum knapp ist, darf er ohne behördliche Genehmigung nicht einfach so für andere Zwecke genutzt werden als zum Wohnen. Also auch nicht zum Vermieten von Ferienwohnungen. Die Lösung der Brüder Witt: ehemalige, leerstehende Gewerberäume in Wohnungen umbauen. Denn das Zweckentfremdungsverbot gilt nicht für gewerblich genutzte Flächen.
Auf den Vorwurf, knappen Wohnraum an Touristen zu vermieten, kontert Lucas: „Wir nehmen niemandem Wohnraum weg. Eine ehemalige Zahnarztpraxis in eine Wohnung umzubauen, ist ja kein ‚Wohnraum wegnehmen‘.“ Der 31-Jährige betont, dass man sich an gängige Gesetze halte und Steuern bezahle. Außerdem solle der Eigentümer selbst entscheiden, was er aus seinem Objekt machen wolle. „Und es liegt ja nicht an uns, Wohnraum zu schaffen. Dafür sind andere zuständig“, sagt Lucas.
Fakt ist: Seit Corona stehen viele Gewerbeeinheiten leer, Homeoffice und hybrides Arbeiten haben viele Büros in Top-Lage verwaisen lassen. „Die Preise gehen runter. Wir haben uns daher bewusst für diese Nische entschieden“, sagt Lucas.
Wohnung über Airbnb vermieten: So viel bleibt übrig
Doch der Umbau von Gewerbe in Wohnungen hat seinen Preis. Im Schnitt, so rechnen die Brüder Witt vor, kostet das pro Wohnung rund 10.000 Euro. Gibt es weder Küche noch Bad im ehemaligen Büro, steigt der Preis. Und da die Brüder in der Regel selbst nur Mieter des Objekts sind, lassen sie sich die Nutzung in langfristigen Mietverträgen zusichern. „Mindestens zehn Jahre“, sagt Jill. „Besser sind 20, oder zehn, mit Option auf Verlängerung um weitere zehn Jahre.“
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Zusätzlich bezahlen die Brüder eigenen Angaben nach pro Wohnung jeden Monat rund 600 Euro für professionelle Reinigung, Strom und kleinere Reparaturen. Die Auslastung liege bei 70 bis 80 Prozent, im Sommer sei sie etwas höher, im Winter eher niedriger. Auch der Preis pro Nacht variiert und folgt dem altbekannten Gesetz von Angebot und Nachfrage. Im Schnitt, so erzählen es die Brüder, koste eine ihrer Wohnungen jede Nacht zwischen 100 und 250 Euro.
„Pro Apartment bleiben unterm Strich zwischen 1500 und 3000 Euro übrig“, sagt Jill. Noch zahlen sich die Brüder den Betrag jedoch nicht aus. Alles, was sie mit den Vermietungen verdienen, stecken sie in neue Wohnungen. Das Imperium soll wachsen. Damit sie in nicht allzu ferner Zukunft mindestens genauso erfolgreich sind wie ihre Vorbilder Saadia Touzri und Roman Renn.
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