Berlin. Ein Hauskauf gilt als beste Altersvorsorge, doch in jungen Jahren fehlt oft das Kapital. Experten raten zu einer speziellen Hypothek.

Wer in Deutschland eine Immobilie erwirbt, ist im Schnitt 38 Jahre alt. Und der Trend geht auch noch in die verkehrte Richtung: Nach einer Analyse des Verbands der Privaten Bausparkassen ist die Wohneigentumsquote in den vergangenen zehn Jahren bei den 25- bis 44-Jährigen um sechs Prozentpunkte von 32 auf 26 Prozent gesunken. „Wir Deutschen kaufen zu wenig und zu spät. In Summe führt das zu weniger Wohlstand, und nicht selten zu Altersarmut“, sagt Jörg Utecht, Chef des Immobilienfinanzierungsberaters Interhyp.

Im europäischen Vergleich haben es junge Menschen hierzulande schwerer, früh in die eigenen vier Wände zu kommen. Ausbildungs- und Studienzeiten sind oftmals länger, das verzögert den Start ins Berufsleben. Dazu kommen aktuell deutlich gestiegene Immobilienpreise, hohe Bau- und Kaufnebenkosten, gestiegene Kreditzinsen und mangelndes Eigenkapital. Und auch die Förderung fällt in anderen Ländern konsequenter aus. So werde in Großbritannien die Grunderwerbssteuer gestaffelt erhoben, erklärt Utecht. Auf einen Kaufpreis bis 125.000 Pfund (umgerechnet knapp 176.000 Euro) falle gar keine Grunderwerbsteuer an.

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In Deutschland allerdings können beim Immobilienkauf bis zu 15 Prozent Nebenkosten anfallen. Vor allem in den Ballungszentren sind die Immobilienpreise im Vergleich zum verfügbaren Einkommen sehr hoch und steigen kontinuierlich. Deutsche Banken haben vor dem Hintergrund der schwierigen Konjunktur ihre Kreditvergaberichtlinien verschärft. Niedrige Sparzinsen erschweren den Vermögensaufbau.

Eigenkapital ist die größte Hürde beim Immobilienerwerb

Der späte Einstieg führt zu einer höheren finanziellen Belastung im Alter, warnen die Experten: „Je später ich anfange, ein Baufinanzierungsdarlehen abzubezahlen, desto weniger Zeit bleibt bis zur Rente“, betont Olga Magunia, Spezialistin für Baufinanzierung beim Immobiliendienstleister Dr. Klein. Je kürzer der Zeitraum der Rückzahlung, desto höher fallen deshalb Tilgungssatz und Monatsrate aus.

Das Eigenkapital gilt als größte Hürde beim Immobilienerwerb. Doch auch 110-Prozent-Finanzierungen sind möglich.
Das Eigenkapital gilt als größte Hürde beim Immobilienerwerb. Doch auch 110-Prozent-Finanzierungen sind möglich. © iStock | Jacob Wackerhausen

Größte Hürde für die eigenen vier Wände bleibt indes die allgemein geforderte Höhe des Eigenkapitals. Wer von den Banken gute Konditionen bekommen möchte, sollte laut gängiger Faustformel mindestens 20 bis 30 Prozent des Kaufpreises als Eigenkapital mitbringen, Nebenkosten inklusive. Junge Menschen, die im Beruf gerade erst durchstarten, hatten aber noch nicht sehr viel Zeit, zu sparen. Außerdem steigen gerade in den Ballungszentren die Mieten unaufhörlich, was den Spielraum für die Bildung von Rücklagen weiter verengt.

Dennoch sei auch ohne nennenswerte Eigenmittel bei der Finanzierung häufig mehr drin als gedacht, betont Magunia: „Banken lassen sich auch auf 110 Prozent-Finanzierungen – also inklusive Kaufnebenkosten – ein, wenn die Kreditnehmer ein gutes, gesichertes Einkommen haben und die Immobilie in einer sehr guten Lage und einem guten Zustand ist“. Gerade bei jüngeren Kunden seien diese 110 Prozent-Finanzierungen gar nicht ungewöhnlich.

Eigenleistung beim Hausbau kann Preis erheblich senken

Wer zu wenig auf der hohen Kante hat, kann staatliche Förderungen wie das Nachfolgeprogramm des Baukindergeldes oder ein KfW-Darlehen beantragen. Um die notwendigen Summen anzusparen, raten Experten zu langfristigen Sparstrategien: aktienbasierte Sparpläne, ETF oder Bausparverträge. Mietkaufmodelle oder Beteiligungen an Genossenschaften könnten für junge Käufer eine Option sein, rät ImmobilienScout 24.

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Leichter haben es junge Käufer, die zusätzliche Sicherheiten einbringen können: eine abbezahlte Immobilie der Eltern, einen Bausparvertrag oder eine Lebensversicherung. Aushelfen können Familien auch über Schenkungen oder zinslose Darlehen. Nicht unterschätzen solle man die entlastende Wirkung der „Muskelhypothek“, empfiehlt Magunia: Eigenleistungen beim Hausbau, wie Maler- und Tapezierarbeiten, könnten als Eigenkapital angerechnet werden.

Die gesparten Handwerkskosten senken nicht nur die Baukosten, sondern auch Darlehenssumme und Hypothekenzinsen. „Banken akzeptieren bis zu 15 Prozent der Finanzierungssumme als Muskelhypothek“, erklärt Magunia. Weniger wahrscheinlich sind indes deutliche Konditionenverbesserungen durch sinkende Kreditzinsen: Zinssenkungen, die der Markt in naher Zukunft erwartet, sind von den Baufinanzierern meist bereits eingepreist. „Die Zinsen für zehnjährige Darlehen werden sich auch in der kommenden Zeit in einem Korridor zwischen 3,5 und vier Prozent bewegen“, prognostiziert Interhyp-Chef Utecht.

Rechenbeispiele: Mit diesen Kosten sollte man kalkulieren

Was heißt das konkret? Unsere Redaktion hat mit Daten von Experten zwei Szenarien für den Immobilienerwerb durchgerechnet. München gilt als teuerste Stadt Deutschlands, hier muss man nach Zahlen von Interhyp aktuell im Durchschnitt mit einem Kaufpreis von rund 8.100 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche für eine selbstgenutzte Wohnung rechnen. 50 Quadratmeter kosten demnach in München im Schnitt, einschließlich Nebenkosten für Grunderwerbsteuer, Notar und Makler, rund 445.000 Euro.

Bringt ein Käufer rund 20 Prozent der Gesamtkosten als Eigenkapital mit ein, betrüge die Darlehenssumme nach Berechnung der Interhyp rund 347.000 Euro. Bei einem Zinssatz von 3,61 Prozent für ein zehnjähriges Darlehen und bei zwei Prozent Tilgung entstünde eine monatliche Rate von rund 1.622 Euro.

Etwas freundlicher fällt die Rechnung jenseits der Ballungszentren aus, etwa für eine 50 bis 70 Quadratmeter große Eigentumswohnung in Oldenburg: Zu einem Kaufpreis von 300.000 Euro kommen rund 32.000 Euro Nebenkosten. Bei einer zehnjährigen Zinsbindung, einem anfänglichen Tilgungssatz von zwei Prozent und einem gebundenen Sollzins von 3,75 Prozent entstünde eine monatliche Rate von 1.437,50 Euro, rechnet Magunia vor. Nach zehn Jahren wären 71.937,77 Euro getilgt.