Berlin. In Ausbildungberufen variieren die Gehälter stark. In welchen Jobs verdienen Anfänger am meisten – und wo am wenigsten? Ein Überblick.
Stellen Sie sich vor: Sie haben eine Stelle zu vergeben – und keiner will sie haben. So geht es laut Bundesagentur für Arbeit jedes Jahr Zehntausenden Betrieben: Allein 2023 gab es in Deutschland gut 73.000 unbesetzte Ausbildungsplätze. Neben dem Zuzug von ausländischen Fachkräften sollen daher auch junge Menschen im Land dazu motiviert werden, sich für eine Berufsausbildung zu begeistern. Als entscheidender Faktor für die Berufswahl gilt dabei neben den Arbeitsbedingungen auch das Gehalt.
Doch gerade hier sind die Unterschiede je nach Beruf teils gravierend. Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) listet die tariflichen Ausbildungsvergütungen von 173 anerkannten Ausbildungsberufen auf. Und an der Spitze liegt ein etwas ungewöhnlicher Beruf. Für das Jahr 2023 liegen demnach Milchtechnologen – sie stellen Milcherzeugnisse wie Trinkmilch, Joghurt, Butter, Käse oder Milchpulver her – mit einem durchschnittlichen Ausbildungsgehalt von knapp über 1300 Euro an der Spitze.
Ihnen folgen Zimmerer, Gerüst- und Rohrleitungsbauer sowie Kaufleute für Versicherungen und Finanzanlagen. In all diesen Ausbildungen gibt es je ein Durchschnittsgehalt von rund 1250 Euro während der drei Ausbildungsjahre. Weil es sich jedoch immer nur um Durchschnitte handelt, können sich die Gehälter auch in dieser „Spitzengruppe“ je nach Ausbildungsjahr stark unterscheiden.
Ausbildungsgehälter: Diese Azubis verdienen am besten
Und: In der offiziellen BIBB-Auflistung tauchen einige der Ausbildungen mit Spitzengehältern gar nicht erst auf. Dazu gehören beispielsweise Azubis im mittleren Dienst: Verwaltungswirte können während ihrer Ausbildung mit einem Gehalt von 1260 bis 1470 Euro rechnen. Polizisten im mittleren Dienst bewegen sich auf nahezu gleichem Gebiet. Schiffsmechaniker-Azubis gehören ebenfalls zu den Top-Verdienenden. Sie haben im Durchschnitt ein Gehalt von 1385 Euro – steigern sich dabei jedoch von einem Einstiegsgehalt von 1045 Euro auf über 1800 Euro im dritten Ausbildungsjahr.
Die Anforderungen dafür sind hoch. Neben technischem Verständnis wird auch Seetauglichkeit vorausgesetzt. Und sie müssen auch unter widrigen Bedingungen Leistungen erbringen. Dasselbe gilt auch für die absoluten Spitzenverdiener unter den Azubis: Fluglotsen starten mit einem Verdienst von rund 1000 Euro in ihre Ausbildung, landen nach dem theoretischen Teil ihrer Lehre jedoch schnell beim Drei- bis Vier-, in Sonderfällen sogar beim Fünffachen.
Ausbildungsgehälter: Nicht jeder hat Fähigkeiten für Spitzenjobs
Der Grund für diesen Spitzenverdienst ist dabei denkbar einfach. „Das Gehalt trägt der Tatsache Rechnung, dass es ein unglaublich verantwortungsvoller Beruf ist“, so Ute Otterbein von der Deutschen Flugsicherung (DFS). Fast alle Fluglotsen in Deutschland sind bei der DFS ausgebildet und beschäftigt. Sie überwachen nicht nur die 15 internationalen Verkehrsflughäfen im Land, sondern auch den gesamten Flugverkehr, der sich im Luftraum abspielt. „Und dafür suchen wir nach Menschen mit ganz besonderen Fähigkeiten“, erklärt sie weiter.
Räumliches Vorstellungsvermögen, die Fähigkeit, auch in Stresssituationen konzentriert zu bleiben und doch schnell umschalten zu können – all das müssen zukünftige Fluglotsen mitbringen. Das tun nicht alle Bewerber. „95 Prozent fallen bei unserem Einstellungstest durch“, sagt Otterbein. „Englisch kann man lernen, aber die Fähigkeiten, die wir von unseren Bewerbern erwarten, hat man oder eben nicht.“ Auf die fünf Prozent, die sich qualifizieren, wartet eine Ausbildung, die standardmäßig drei Jahre, „aber auch bis zu vier oder fünf Jahre dauern kann“, so Otterbein.
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In den ersten ein bis anderthalb Jahren werden theoretische Kenntnisse vermittelt. Danach gilt es, die Praxis anhand von Simulatoren und letztlich dem wirklichen Flugverkehr zu erlernen. Trotz der intensiven Lehre und den hohen Anforderungen ist die Ausbildung beliebt. „Auf unsere 140 Neueinstellungen kommen schon an die 7000 Bewerbungen“, berichtet Otterbein. „Dafür werben wir aber auch und sind an Schulen und Messen vertreten.“
Friseure, Schornsteinfeger, Bodenleger verdienen am wenigsten
Natürlich sei der Beruf auch wegen des Gehalts besonders attraktiv. Von den Bewerbern, die den Einstellungstest bestünden, würden fast alle die Ausbildung auch beenden. Die erworbenen Lizenzen beschränkten sich allerdings meist nur auf einen Standort – zu unterschiedlich sind die verschiedenen Lufträume und Flughäfen. „Es ist eine absolute Spezialistenwelt“, fasst es Otterbein zusammen.
So hoch hinaus geht es am unteren Ende der Ausbildungsvergütungen jedoch nicht. Hier finden sich Schornsteinfeger-Azubis (im Durchschnitt 847 Euro Gehalt), Raumausstatter (828 Euro), Bodenleger (801 Euro), Parkettleger (785 Euro) und als Schlusslicht Friseure. Im ersten Ausbildungsjahr verdienten diese 2023 im Durchschnitt 582 Euro und liegen damit nur knapp über dem Bürgergeld, das alleinstehende Erwachsene erhalten. Auch im dritten Ausbildungsjahr sind es im Schnitt nur knapp unter 800 Euro, die die Lehrlinge im Monat verdienen.
Volker Nüsse ist als Gewerkschaftssekretär bei Verdi für den Bereich des Friseurhandwerks zuständig und kennt die Herausforderungen, welche die Azubis erwarten. „Auf die Azubis kommen ja auch zusätzliche Kosten zu. Sei es der Weg zum Arbeitsplatz oder gestiegene Wohnkosten. Häufig unterstützen dann die Familien oder als Alternative wird eine Ausbildungsbezuschussung beantragt“, sagt er.
Nur an ganz wenigen Stellen gebe es in der Branche Tarife, die über das gesetzliche Minimum hinausgingen, erklärt Nüsse. Die Mindestausbildungsvergütung, die 2020 eingeführt wurde, habe die Situation im Friseurhandwerk zwar deutlich verbessert – jedoch stehen die Friseur-Azubis immer noch regelmäßig an letzter Stelle bei den Gehältern im Vergleich zu anderen Branchen. „Was wir auf jeden Fall merken“, sagt Nüsse, „ist, dass diejenigen, die sich für die Ausbildung entscheiden, das mit großer Leidenschaft machen und trotz aller Widrigkeiten.“
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