Düsseldorf/Attendorn. Unternehmerpräsident Arndt Kirchhoff stellt in Düsseldorfer Erklärung Forderungen ans Land, mehr für den Industrie-Standort zu tun.

Der Industriestandort Nordrhein-Westfalen ist aus Sicht der Wirtschaft bedroht. Das Land müsse mehr für die Unternehmen tun und nicht allein auf die Bundesregierung warten, fordern Unternehmensverbände und suchten das Spitzengespräch mit Landeswirtschaftsministerin Mona Neubaur.

Der Sauerländer Unternehmer Arndt Kirchhoff plädiert dafür, nicht nur nach Berlin zu schauen, wenn es um die aktuelle Wirtschaftskrise im Land geht: „Ganz wesentliche Erfolgsfaktoren für unsere Industrie liegen auch beim Land selbst. Diese Chancen wollen wir gemeinsam nutzen“, sagte Kirchhoff, Präsident der Landesvereinigung der Unternehmensverbände Nordrhein-Westfalen, bei dem Gespräch mit der verantwortlichen Landeswirtschaftsministerin Mona Neubaur (Die Grünen) in Düsseldorf.

Sauerländer Unternehmer und Präsident der Landesvereinigung der Unternehmensverbände: Arndt G. Kirchhoff, fordert mehr Anstrengungen für den Industrie-Standort NRW.
Sauerländer Unternehmer und Präsident der Landesvereinigung der Unternehmensverbände: Arndt G. Kirchhoff, fordert mehr Anstrengungen für den Industrie-Standort NRW. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Das Land hat eigene Handlungsoptionen

In der Erklärung heißt es, mit klaren Prioritäten, einem ambitionierten industriepolitischen Leitbild und entschiedenem Handeln könne Nordrhein-Westfalen auch aus eigener Kraft einen Unterschied machen. „Energiepolitik, Planungs- und Genehmigungsverfahren, Infrastruktur, Flächenpolitik und Fachkräftesicherung – in diesen Handlungsfeldern kann das Land selbst eine Menge machen“, sagt Kirchhoff.

Unternehmer: Kraftwerksstrategie völlig unzureichend

Gaskraftwerke sollen als Übergangslösung die Versorgungssicherheit erhöhen. Neue Kraftwerke sollen so gebaut werden, dass sie problemlos auf grünen Wasserstoff umgestellt werden können.
Gaskraftwerke sollen als Übergangslösung die Versorgungssicherheit erhöhen. Neue Kraftwerke sollen so gebaut werden, dass sie problemlos auf grünen Wasserstoff umgestellt werden können. © picture alliance/dpa | Nicolas Armer

Die vorliegende Kraftwerksstrategie auf Bundesebene sei noch völlig unzureichend. Hier müsse NRW auch beim Bund kontinuierlich Druck machen. Gleichzeitig müssten im Land Planung, Genehmigung und Bau der wasserstofffähigen Back-Up-Gaskraftwerke massiv vorangetrieben werden. „Das ist die Voraussetzung dafür, dass Versorgungssicherheit weiterhin selbstverständlicher Standard im Standortwettbewerb bleibt“, sagte Kirchhoff.

Ministerin Mona Neubaur verweist auf Erfolge beim Ausbau der Windkraft an Land und den Einfluss der Landesregierung im Bundesrat: „NRW hat ein massives Interesse daran, den Umbau der Energieerzeugung aktiv voranzutreiben. Wir zeigen das über ambitionierte Genehmigungszahlen im Bereich der Windenergieanlagen (WEA). Die vom Bundeswirtschaftsministerium und dem Bundeskanzleramt genannten Ausschreibungen für wasserstofffähige Gaskraftwerke über 10 Gigawatt können aus unserer Sicht nur ein erster Schritt sein können. Wir werden uns im Bundesrat dafür einsetzen, dass die Bundesregierung an dieser Stelle nachsteuert.“

Masterplan NRW erforderlich

Die wesentlichen Schritte zur Transformation des Energiesystems, zum Netzausbau und zum ambitionierten Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft brauchen nach Ansicht der Unternehmen umgehend einen Masterplan. Sie müssten in der Energieversorgungs- und Wärmestrategie des Landes zusammengeführt und mit einer pragmatischen Novelle des NRW-Klimaschutzgesetzes verbunden werden. Für das Energiesystem der Zukunft brauche NRW einen klaren Umsetzungsplan mit verbindlichen jahresscharfen Meilensteinen und einem transparenten Monitoring.

Ministerin Mona Neubaur setzt auf „Investitions-Booster“

Landeswirtschaftsministerin Mona Neubaur sieht die Herausforderung - und setzt auf Anreize und Eigenverantwortung der Wirtschaft: „Die Transformation unserer Wirtschaft hin zur Klimaneutralität ist eine große Herausforderung, die wir entschlossen angehen. Sie ist vor allem aber auch ein Gebot ökonomischer Vernunft. Nur wenn wir unsere Produktionsprozesse und -strukturen zukunftsfähig aufstellen, halten wir Wertschöpfung, Wohlstand und Arbeitsplätze im Land. Mein Vorschlag , um Investitionen zu ermöglichen und die Zukunftsfähigkeit unseres Wirtschafts- und Industriestandortes zu erhalten, ist der Investitions-Booster. Dadurch würden wir einen Anreiz für notwendige private Investitionen schaffen – denn ohne die geht es nicht. Auf diese Weise verbinden wir Klimaschutz und Wachstum nachhaltig und intelligent. Wir müssen gemeinsam alles daran setzen, dass wir gute Ideen jetzt auch schnell umsetzen!“

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Mit Blick auf die in NRW an vielen Stellen langwierigen Planungs- und Genehmigungsverfahren forderte der NRW-Unternehmerpräsident die Landespolitik auf, endlich die umweltpolitischen Sonderrucksäcke für die Industrie zu entfernen und alle Landesregelungen auf das europäisch und bundesrechtlich notwendige Maß zurückzuführen.

Aus Sicht von Ministerin Neubaur sei die Landesregierung bereits dabei, Planungs- und Genehmigungsverfahren zu verschlanken.

Kirchhoff fordert zudem in der Verkehrspolitik „deutlich mehr Zug zum Tor“. Insbesondere die Brückenerneuerung entlang der Schwerlastrouten müsse Top-Priorität erhalten.

Transformation nicht durch Vorgaben behindern

In der Flächenpolitik dürfe der durch die anstehende Transformation der Wirtschaft bedingte Wandel nicht durch pauschale Flächenvorgaben infrage gestellt werden. Überdies erwarteten die Unternehmen eine konsequente Umsetzung der Fachkräfteoffensive mit verstärkten Anstrengungen für eine hochwertige Bildung.

Der Mangel an qualifizierten Fachkräften bremse schon heute auch die Transformation und Digitalisierung. Hier verweist Neubaur auf die im vergangenen Jahr gestartete Fachkräfteoffensive des Landes, „die wir zügig umsetzen“.