Hamburg. Ein Haus braucht einen Energiepass. Aber der Energieverbrauch hängt von der Nutzung der Immobilie ab. Diese Tricks müssen Sie kennen.
Wer träumt nicht von einem Eigenheim? Doch schon bei der Besichtigung der eigenen vier Wände werden mittlerweile viele Dinge, die früher im Vordergrund standen, zweitrangig: schön angelegter Garten, helle, gut geschnittene Räume, gute Lage. Statt über die netten Nachbarn von nebenan zu plaudern, müssen die Verkäufer liefern: den Energieausweis. Was bisher ein eher lästiges Pflichtdokument beim Verkauf oder der Vermietung war, rückt nun in den Mittelpunkt jeder Immobilienbesichtigung.
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„Die Ausweise sind ein Indikator für den Energieverbrauch, und die Bedeutung bei Immobilienbesichtigungen ist deutlich gestiegen“, sagt Jan Witte, Bereichsleiter Wohn- und Geschäftshäuser bei Engel & Völkers. Mit dem Kauf einer Immobilie vergrößern sich in der Regel auch Wohn- und Heizfläche. Angesichts der Energiepreise wollen Käufer zuerst wissen, ob sie sich das neben steigenden Finanzierungskosten überhaupt noch leisten können.
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Der Energieausweis wurde schrittweise vom 1. Juli 2008 an eingeführt. Doch nicht jeder Immobilienbesitzer steht in der Pflicht, einen Energiepass, wie er auch genannt wird, erstellen zu lassen. Erst wenn eine verkauft oder neu vermietet werden soll, kommen die Besitzer nicht an einem Energieausweis vorbei. Bei der Besichtigung der Immobilie muss er unaufgefordert vorgelegt werden.
So ist der Energieausweis aufgebaut
Mit dem Energieausweis können verschiedene Gebäude im Hinblick auf ihre energetische Qualität miteinander verglichen werden. Auf einer farblich markierten Skala ist je nach Berechnungsverfahren entweder der jährliche Energiebedarf (Bedarfsausweis) oder der jährliche Energieverbrauch (Verbrauchsausweis) in Kilowattstunden (kWh) je Quadratmeter Nutzfläche angegeben. Werte im grünen Bereich zeigen sehr gute Werte, Zahlen im roten Bereich signalisieren schlechte Werte. In der Theorie hört sich das gut an, aber es gibt beim Energieausweis einige Tücken, die Immobilienkäufer kennen sollten.
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Bei einem Einfamilienhaus bekommen Interessenten meist einen Verbrauchsausweis vorgelegt. „Bei einem nach 1977 errichteten Gebäude mit weniger als vier Wohneinheiten hat man die Wahl zwischen Bedarfs- und Verbrauchsausweis. Für ältere Gebäude dieses Typs muss ein Bedarfsausweis vorgelegt werden, wenn es in der Zwischenzeit keinerlei Wärmeschutzmaßnahmen gegeben hat“, sagt Witte. Der Verbrauchsausweis wird auf Basis der Verbrauchswerte der vergangenen drei Jahre erstellt und ist online schon für weniger als 100 Euro erhältlich. „Bei einem Verbrauchsausweis hängt der Energieverbrauch sehr stark vom Nutzungsverhalten ab“, sagt Witt.
Diese Faktoren können Energieverbrauch beeinflussen
Ein längerer Aufenthalt in wärmeren Gefilden im Winter beispielsweise drückt den Energieverbrauch nach unten. Zwar muss ein Haus für einen Verbrauchausweis regelmäßig bewohnt werden und auch Leerstände sind gesetzlich geregelt. Aber die Überprüfung ist schwierig. „Bei Leerständen über 30 Prozent innerhalb eines Jahres muss zwingend ein Bedarfsausweis erstellt werden“, sagt Witte. Bei geringeren Leerstandsquoten müsse der Leerstand bei der Erstellung des Ausweises berücksichtigt werden.
Ein erst in den vergangenen Jahren erstellter Verbrauchsausweis ist ohnehin mit vielen Unwägbarkeiten behaftet. Nach den krisenbedingten Schwankungen im Energieverbrauch stellen Fachleute der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen (RWTH) die Aussagekraft von Energieausweisen für Gebäude infrage, wenn sie auf Basis des Energieverbrauchs erstellt wurden. Grund sind die Krisen der vergangenen Jahre. Energieausweise, die aktuell wie üblich auf Basis der Verbräuche der vergangenen drei Jahre ausgestellt würden, ließen „keinesfalls Rückschlüsse auf die Verbräuche der kommenden Jahre zu“, sagt Constanze Liepold von der RWTH Aachen.
Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg beeinflussen Energieausweis
Der Hintergrund: Während der Corona-Pandemie waren die Menschen viel zu Hause und verbrauchten vergleichsweise viel Energie. Nach Ausbruch des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine waren die Bürger in Deutschland zum Energiesparen aufgerufen, und die Preise stiegen stark. Der Energieverbrauch ging zurück. Die Expertin schlägt daher einen längeren Vergleichszeitraum vor.
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Genauere Ergebnisse liefert außerdem ein bedarfsorientierter Energieausweis, wie er häufig für ein Mehrfamilienhaus erstellt wird. Seine Erstellung kostet 500 bis 600 Euro. Die Ergebnisse beziehen sich dann auf das gesamte Gebäude und nicht eine einzelne Wohneinheit. Dabei wird der Energiebedarf unter anderem anhand des Gebäudealters und -typs und mithilfe von Daten über die Gebäudehülle und die Anlagentechnik für Heizung und Warmwasser berechnet. Die berechneten Kennwerte sind unabhängig vom individuellen Heiz- und Wohnverhalten der Bewohner.
Aber der Energiebedarf einer einzelnen Wohnung kann vom ausgewiesenen Energiewert für das ganze Wohngebäude deutlich abweichen. So haben Wohnungen im Erdgeschoss, unter dem Dach oder mit vielen freien Außenwänden oft einen deutlich höheren Energiebedarf, insbesondere wenn das Haus nur wenig gedämmt ist. Bei einem Bedarfsausweis wird eine durchschnittliche Raumtemperatur von 20 Grad angenommen, jedes Grad darüber erhöht den Energieverbrauch um rund sechs Prozent.
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Am Ende geht es beim Energieausweis auch um viel Geld, falls die Immobilie verkauft werden soll. Eine Auswertung des Immobilienportals ImmoScout24 zeigt: Je schlechter der energetische Zustand einer Immobilie ist, desto größer fallen die Abschläge der Angebotspreise aus. Für die Energieklassen F bis H betragen die Abschläge in Metropolen und dem Umland 30 bis 36 Prozent und machen damit gut ein Drittel des Angebotspreises für Immobilien mit Klasse A aus.
Schließlich spielt der Energieausweis auch bei der Finanzierung des Immobilienkaufs noch eine wichtige Rolle. Experte Witte weiß: „Auch Banken honorieren bei Finanzierungen mittlerweile Häuser mit guten Energieausweisen durch bessere Konditionen und erhöhen ihre Konditionen bei energetisch nicht sanierten Häusern.“