Berlin. Tobey Wilson kaufte seine erste Wohnung ohne viel Eigenkapital, heute stemmt er ganze Bauprojekte – und verrät sein Erfolgsgeheimnis.
Dunkel, kalt und dreckig, in den Wänden Löcher, der Fußboden mit improvisierten Bodenplatten belegt. Noch sieht man nicht, dass aus diesem Dachboden bald vier moderne Wohnungen werden sollen. Und doch: Hier in West-Berlin in der Nähe vom Ku’damm entsteht gerade das bisher größte Immobilienprojekt von Tobey Wilson. Er ist eigentlich Tenor, aber seit 2010 widmet er sich auch dem Immobiliengeschäft. Dem 46-Jährigen ist es gelungen, ohne viel Eigenkapital seine erste eigene Wohnung und anschließend weitere zu kaufen – und sich damit neben der Gesangskarriere ein zweites Standbein zu schaffen.
„Musik ist meine Leidenschaft. Aber nur die wenigsten Künstler verdienen genug, um sich eine angemessene Altersvorsorge aufzubauen, also musste ich eine andere Möglichkeit finden“, sagt Wilson. Auf die Idee, in Berlin Wohnungen zu kaufen und zu renovieren, kam Wilson 2007. Die Stadt sei im Aufbruch gewesen, viele Viertel entwickelten sich zu der Zeit sehr schnell. Zudem waren die Zinsen vergleichsweise günstig. Wilson erinnert sich: „Mir war damals schon klar: Die Immobilienpreise werden sich in Zukunft nur in eine Richtung entwickeln – nach oben. Also musste ich unbedingt eine Wohnung kaufen.“
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Doch ganz so einfach war das nicht. Das Problem: „Bei meinem kleinen Einkommen als Sänger war es fast unmöglich, an ein Darlehen zu kommen“, erzählt er. Doch der Wahl-Berliner, der neben einer Gesangs- auch eine Pilotenausbildung gemacht hat, ließ sich davon nicht abhalten. Ihm war klar: Anstatt nach einer schönen, frisch renovierten Wohnung müsste er nach einem „Rohdiamanten“ suchen. Sein Zauberwort: Beleihungswert.
Wohnungskauf mit wenig Geld: Nach „Rohdiamanten“ suchen
Seine erste eigene Wohnung kaufte Wilson schließlich 2010 in einem hippen Berliner Stadtteil. 71 Quadratmeter für 43.000 Euro. „Das war auch damals schon ein echtes Schnäppchen, aber regulär im Internet inseriert“, erzählt Wilson. „Wenn ein Künstler von etwas meist ausreichend hat, ist es Zeit. Die habe ich gern mit der Suche nach schönen und bezahlbaren Wohnungen verbracht und so über die Zeit ein gutes Gespür für Lage, Angebote und Preise entwickelt.“
Das Geld für die Wohnung bekam Wilson schließlich doch von seiner Hausbank – so günstig war der Kauf. Doch von einer „Traumwohnung“ konnte man noch nicht sprechen. „Das war ein dunkles Loch“, sagt er. Ohne Badezimmer, dafür mit alter Ofenheizung und seit rund 50 Jahren nicht mehr renoviert. Zudem war die Wohnung schon länger für wenig Miete vermietet. „Aber ich habe das Potenzial gesehen.“
Nach rund eineinhalb Jahren zogen die Mieter aus. In eine moderne Wohnung mit Bad und funktionierender Heizung. „Darauf hatte ich perspektivisch auch gehofft“, sagt der 46-Jährige. Renoviert hat er die 71 Quadratmeter mit einem Freund. „Erspartes hatte ich nicht und konnte daher auch nur weitermachen, wenn Geld reinkam. Statt Klamotten wurde Rigips besorgt und statt Party war eben Arbeitseinsatz.“ Und am Ende wurde aus der dunklen Dreizimmerwohnung ein schickes 1,5-Zimmer-Apartment. Neuer Fußboden, Badezimmer plus Heizung. Die Sanierungskosten lagen laut Wilson bei rund 20.000 Euro. Eingezogen ist er dann selbst.
Warum der Beleihungswert beim Immobilienkauf so wichtig ist
„Meine Miete damals war deutlich teurer als Rate und Wohngeld der Eigentumswohnung, inklusive der monatlichen Tilgung von 150 Euro“, erzählt Wilson. „Da dachte ich mir: Wenn ich das jetzt nicht nochmal machen würde, wäre ich ja blöd.“ Wilson ließ seine Wohnung von der Bank schätzen. Sein Ziel: ein hoher Beleihungswert. Er gibt an, welche Summe die Bank durch eine Versteigerung oder einen Verkauf der Immobilie mindestens erzielen würde. Schließlich können unglückliche Umstände immer dazu führen, dass der Eigentümer die monatlichen Raten nicht mehr bezahlen kann und die Bank die Immobilie verkaufen muss.
Um den Beleihungswert zu ermitteln, beauftragt die Bank daher einen Gutachter, der das Kaufobjekt bewertet. „Die Wohnung war jetzt kernsaniert und eigengenutzt.“ Das Ergebnis: Der Sachverständige der Bank schätzte den Wert der Wohnung – den Beleihungswert – erwartungsgemäß deutlich höher ein. Wilson erzählt: „Ich konnte sie mit einem doppelt so hohen Darlehen neu beleihen und davon, wie geplant, die nächste günstige Wohnung kaufen.“
Nach diesem Schema folgten mehrere Wohnungen in ganz Berlin, die Wilson nach der Renovierung entweder vermietete oder verkaufte. Wie viele Wohnungen er heute genau besitzt, will er nicht sagen: „Keiner der Immobilienbesitzer, die ich kenne, entspricht dem Klischee des protzenden Spekulanten, der von überhöhten Mieteinnahmen in Saus und Braus lebt. Das Geld, das ich durch Vermietung oder einen Verkauf verdiene, reinvestiere ich in das nächste Projekt oder Sanierungen im Bestand.“ Trotzdem hätten Vermieter mit einem schlechten Image zu kämpfen, so Wilson. „Das wird von der Politik gern gefördert, weil man einen Sündenbock für das eigene Versagen braucht, besonders in Berlin.“
Der Sänger unterstreicht, dass eine sorgfältige Planung von Beginn an das A und O sei. „Natürlich läuft es auch nicht immer nach Lehrbuch.“ Unerwartete Reparaturarbeiten, säumige Mieter, stockende Bauanträge – wer schon mal eine Wohnung saniert hat, kann ein Lied davon singen. „Wichtig ist daher, dass man gut plant und Werte, Chancen und Risiken realistisch und eher konservativ abwägt und – wenn es gut läuft – entsprechend Rücklagen bildet“, sagt er.
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