Siegen-Wittgenstein. Siegen-Wittgensteins Kreistag diskutiert erneut und vier große Fraktionen haben unterschiedliche Meinungen zur Nationalparkfrage.

Am Freitag soll eine Entscheidung fallen. Der Kreistag befasst sich in seiner nächsten Sitzung mit dem Thema Nationalpark. Nur eines ist dabei klar: Eine große Mehrheit für die Bewerbung des Kreises Siegen-Wittgenstein um einen Nationalpark Rothaarkamm und Wiesentäler wird es nicht geben. Aber ist das Thema damit auch vom Tisch? Wir machen die Stichprobe. Während die SPD bei ihrer ablehnenden Haltung bleibt, macht die CDU das Rennen spannend.

„Bei der SPD hat sich die Meinung nicht verändert. Im Gegenteil, unser Eindruck hat sich noch verstärkt, dass der gewünschte Schulterschluss für das Projekt in der Region auf absehbare Zeit nicht zu erreichen ist. Damit fehlt dem Projekt Nationalpark die Grundlage“, sagt der SPD-Fraktionsvorsitzenden im Kreistag, Julian Maletz.

Unser Eindruck hat sich noch verstärkt, dass der gewünschte Schulterschluss für das Projekt in der Region auf absehbare Zeit nicht zu erreichen ist.
Julian Maletz - SPD-Fraktionsvorsitzender

Maletz lobt das Vorgehen mit dem Nationalpark-Forum, bei dem noch einmal die verschiedenen Themen rund um den Nationalpark fachlich gut aufbereitet worden seien. Bei dem Forum waren Ende Februar 130 Vertreter von politischen Gremien, dem Kreis und den Kommunen zusammen mit gesellschaftlich relevanten Gruppen zusammengekommen um mit Vertretern des NRW-Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Verkehr über die Vorteile und Nachteile eines Nationalparks zu diskutieren.

Unterm Strich stand ein klares Abstimmungsergebnis von 29 Stimmen für einen Nationalpark bei 34 Gegenstimmen und 13 Stimmen für ein „weiter diskutieren“. Nur die Fachgruppen Tourismus und Naherholung sowie Natur und Artenschutz hatten sich eindeutig für den Nationalpark ausgesprochen. Wirtschaft und Infrastruktur, Landwirtschaft, Wald und Jagd sowie Regional- und Bauleitplanung hatten sich klar dagegen positioniert.

Angeregt hatten dieses Forum die CDU, gemeinsam mit FDP, Grünen und weiteren Partnern. Deswegen sieht Julian Maletz „den Ball auch im Feld derjenigen, die das Forum beantragt haben“.

Das Forum hat uns gezeigt, dass einige Argumente, die polemisch gegen einen Nationalpark vorgebracht worden sind, nicht standhalten.
Hermann-Josef Droege - CDU-Fraktion

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Hermann-Josef Droege macht es spannend. „Wir wollen keine Vertagung, sondern am Freitag eine Entscheidung treffen“, macht Droege deutlich. Er verweist dabei noch einmal auf die wichtige Diskussionsgrundlage, die durch das Forum gelegt worden sei. „Uns war wichtig, dass noch mal ausführlich diskutiert wurde. Wir wollten keine Vorfestlegung wie bei der SPD. Das hat sich gelohnt. Das Forum hat uns gezeigt, dass einige Argumente, die polemisch gegen einen Nationalpark vorgebracht worden sind, nicht standhalten.“ Aber auch Droeges CDU hört und sieht die Kritik: „Tendenziell steht auch in unserer Fraktion eine Mehrheit dem Nationalpark eher skeptisch gegenüber.“ Wie die Abstimmung dann am Freitag laufen könnte, ist offen. In der kurzen Pause zwischen den Sitzungen von Kreisausschuss und Kreistag trifft sich die Fraktion traditionell zu einer Fraktionssitzung und werde noch einmal eingehend die Position diskutieren. Egal, wie diese Diskussion ausfällt, die CDU setzt auf die Gewissensentscheidung der einzelnen Kreistagsmitglieder: „Wir werden die Abstimmung freigeben“, sagt Droege im Vorfeld.

Dem CDU-Fraktionsvorsitzenden ist aber eines auch noch wichtig: Es handele sich um eine reine Sachdiskussion, die sich nicht damit verbinden lasse, dass man den Landrat damit aufs Korn nehmen wolle: „Dafür ist ein solch grundlegendes Thema für den Kreis zu wichtig“, so Droege.

Wir glauben an das Thema Nationalpark, wollen uns nicht unter Druck setzen und zu früh von dem Thema abbringen lassen.
Guido Müller - FDP-Fraktionsvorsitzender

Grundlegendes Thema ist auch das Stichwort für Guido Müller und die FDP im Kreistag. „Wir glauben an das Thema Nationalpark, wollen uns nicht unter Druck setzen und zu früh von dem Thema abbringen lassen“, formuliert es der Fraktionsvorsitzende. Müller sieht beim Thema Nationalpark mehr Chancen für die Region als Gefahren. „Das Thema Route 57 oder Kreisstraßen wird davon nicht berührt“, sieht er nach dem Forum zwei Kritikpunkte entkräftet. Müller hofft eher auf eine Vertagung der Entscheidung und wünscht sich einen Dialog aller politischen Kräfte, um die Situation in Düsseldorf auszunutzen. Die schwarz-grüne Landesregierung wünscht einen zweiten Nationalpark? Dann könne man über den Preis verhandeln! Umweltminister Krischer hätte längst einen „glasklaren Staatsvertrag aufsetzen können“, so Müller. Er gibt die Hoffnung noch nicht auf, mit Grünen und CDU eine Mehrheit für die Vertagung zu schmieden.

Alle faktischen Punkte sind ausgeräumt. Was übrig bleibt, sind mit Angst besetzte Themen.
Ulrich Schmidt-Kalteich - Fraktionsvorsitzender Bündnis90/Die Grünen

Ulrich Schmidt-Kalteich von Bündnis90/Die Grünen macht seine Sicht deutlich: Nach der nicht repräsentativen Abfrage nach dem Forum habe es keine Mehrheit gegen den Nationalpark gegeben. Addiere man die 29 Stimmen für die Nationalparkbewerbung mit den 13, die sich mehr Zeit für eine Diskussion wünschen, komme man auf 42, die dem ganzen nicht grundsätzlich ablehnend gegenüber stehen. Den Kritikern sagt Schmidt-Kalteich: „Alle faktischen Punkte sind ausgeräumt. Was übrig bleibt, sind mit Angst besetzte Themen.“ Die Frage nach den Straßenbauprojekten der Landstraße 719, der Route 57 und der Eisenstraße habe das Ministerium im Forum klar beantwortet und eine Straßensanierung oder einen Ausbau nicht abgelehnt. Im Gegenteil, jetzt sei der Zeitpunkt, in dem man Dinge noch genau festlegen könnte, nach denen sich der Nationalpark später richten müsste. Was die Frage der Gefährdung von Arbeitsplätzen angeht, ist er weiter skeptisch und verweist auf den Fachkräftemangel. Ebenso wenig sei aber gewichtet worden, was der Nationalpark durch gute Umweltbedingungen und Freizeitwert an Positivem bringe.

„Wir wünschen uns ein offenes Verfahren“, sagt Schmidt-Kalteich und verweist darauf, dass selbst bei einer Bewerbung für den Nationalpark noch viele Fragen zu klären seien und keine Entscheidung gefallen sei.

Mehr zum Thema Nationalpark: