Schmallenberg. Schon im Studium hat der 71-Jährige geahnt: Die Zeit der Fichte wird enden. Auf welche Bäume er nun setzt und warum er belächelt wurde.

Die Zukunft des Waldes im Sauerland schimmert glänzend-grün. Mitten auf einem Waldweg hält Elmar Gilsbach seinen sehr geländegängigen Pick-up an, steigt aus, greift sich den Zweig eines Nadelbaums und kommt ins Schwärmen: „Das hier sind Küstentannen“, sagt er, „die wachsen hervorragend und stehen kerzengerade.“

Die klimaresistente Küstentanne, ursprünglich aus Nordamerika stammend, wird auf Gilsbachs Grund und Boden im Gut Vorwald heimisch. Hier, oberhalb von Schmallenberg-Oberkirchen, hat die Zukunft des Sauerländer Waldes längst begonnen.

Kyrill wütete im Januar 2007

Als der Orkan Kyrill in der Nacht vom 18. auf den 19. Januar 2007 mit fast 140 km/h über das Sauerland raste, wurden die Schäden erst nach und nach deutlich. Allein in NRW wurden 25 Millionen Bäume – der Großteil davon Fichten – entwurzelt oder abgeknickt. „Wir selbst haben 20 Hektar Wald verloren“, erzählt Diplom-Forstingenieur Gilsbach, der einst naturgegeben als ältester Sohn die Bewirtschaftung der Wälder im Familienbesitz erbte und als letzte berufliche Station vor dem Ruhestand für den Landesbetrieb Wald und Holz NRW arbeitete.

Ich wusste, dass irgendwann etwas kommt. Und dass die Fichte nicht für immer der Brotbaum des Sauerlandes bleiben wird.
Elmar Gilsbach - Waldbauer

Gilsbach ist jetzt 71, hat zu seinem 70. einen Rettungsring mit der Aufschrift „Retter für den Klimaschutz“ geschenkt bekommen. Er sagt: „Als Waldbauer geht man nicht in Rente.“ Und: „Wir leben vom und mit dem Wald.“ Er meint den Wald als Wirtschafts- und Lebensraum: „In Zeiten des Klimawandels wird seine Bedeutung als CO₂-Speicher und Sauerstoff-Produzent noch größer.“

In Bildern: So sieht der Wald der Zukunft im Sauerland aus

Forstingenieur Elmar Gilsbach tüftelt in seiner Baumschule in Schmallenberg-Oberkirchen und in seinen Wäldern an klimaresistenten Baumarten.
Forstingenieur Elmar Gilsbach tüftelt in seiner Baumschule in Schmallenberg-Oberkirchen und in seinen Wäldern an klimaresistenten Baumarten. © FUNKE Foto Services | Jakob Studnar
Forstingenieur Elmar Gilsbach tüftelt in seiner Baumschule in Schmallenberg-Oberkirchen und in seinen Wäldern an klimaresistenten Baumarten.
Forstingenieur Elmar Gilsbach tüftelt in seiner Baumschule in Schmallenberg-Oberkirchen und in seinen Wäldern an klimaresistenten Baumarten. © FUNKE Foto Services | Jakob Studnar
Forstingenieur Elmar Gilsbach tüftelt in seiner Baumschule in Schmallenberg-Oberkirchen und in seinen Wäldern an klimaresistenten Baumarten.
Forstingenieur Elmar Gilsbach tüftelt in seiner Baumschule in Schmallenberg-Oberkirchen und in seinen Wäldern an klimaresistenten Baumarten. © FUNKE Foto Services | Jakob Studnar
Forstingenieur Elmar Gilsbach tüftelt in seiner Baumschule in Schmallenberg-Oberkirchen und in seinen Wäldern an klimaresistenten Baumarten.
Forstingenieur Elmar Gilsbach tüftelt in seiner Baumschule in Schmallenberg-Oberkirchen und in seinen Wäldern an klimaresistenten Baumarten. © FUNKE Foto Services | Jakob Studnar
Forstingenieur Elmar Gilsbach tüftelt in seiner Baumschule in Schmallenberg-Oberkirchen und in seinen Wäldern an klimaresistenten Baumarten.
Forstingenieur Elmar Gilsbach tüftelt in seiner Baumschule in Schmallenberg-Oberkirchen und in seinen Wäldern an klimaresistenten Baumarten. © FUNKE Foto Services | Jakob Studnar
Forstingenieur Elmar Gilsbach tüftelt in seiner Baumschule in Schmallenberg-Oberkirchen und in seinen Wäldern an klimaresistenten Baumarten.
Forstingenieur Elmar Gilsbach tüftelt in seiner Baumschule in Schmallenberg-Oberkirchen und in seinen Wäldern an klimaresistenten Baumarten. © FUNKE Foto Services | Jakob Studnar
Forstingenieur Elmar Gilsbach tüftelt in seiner Baumschule in Schmallenberg-Oberkirchen und in seinen Wäldern an klimaresistenten Baumarten.
Forstingenieur Elmar Gilsbach tüftelt in seiner Baumschule in Schmallenberg-Oberkirchen und in seinen Wäldern an klimaresistenten Baumarten. © FUNKE Foto Services | Jakob Studnar
Forstingenieur Elmar Gilsbach tüftelt in seiner Baumschule in Schmallenberg-Oberkirchen und in seinen Wäldern an klimaresistenten Baumarten.
Forstingenieur Elmar Gilsbach tüftelt in seiner Baumschule in Schmallenberg-Oberkirchen und in seinen Wäldern an klimaresistenten Baumarten. © FUNKE Foto Services | Jakob Studnar
Forstingenieur Elmar Gilsbach tüftelt in seiner Baumschule in Schmallenberg-Oberkirchen und in seinen Wäldern an klimaresistenten Baumarten.
Forstingenieur Elmar Gilsbach tüftelt in seiner Baumschule in Schmallenberg-Oberkirchen und in seinen Wäldern an klimaresistenten Baumarten. © FUNKE Foto Services | Jakob Studnar
Forstingenieur Elmar Gilsbach tüftelt in seiner Baumschule in Schmallenberg-Oberkirchen und in seinen Wäldern an klimaresistenten Baumarten.
Forstingenieur Elmar Gilsbach tüftelt in seiner Baumschule in Schmallenberg-Oberkirchen und in seinen Wäldern an klimaresistenten Baumarten. © FUNKE Foto Services | Jakob Studnar
Forstingenieur Elmar Gilsbach tüftelt in seiner Baumschule in Schmallenberg-Oberkirchen und in seinen Wäldern an klimaresistenten Baumarten.
Forstingenieur Elmar Gilsbach tüftelt in seiner Baumschule in Schmallenberg-Oberkirchen und in seinen Wäldern an klimaresistenten Baumarten. © FUNKE Foto Services | Jakob Studnar
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Schon im Studium hatte der Sauerländer an der Frage getüftelt, welche Pflanzen in der Zukunft benötigt werden: „Ich wusste, dass irgendwann etwas kommt. Und dass die Fichte nicht für immer der Brotbaum des Sauerlandes bleiben wird.“

Es kam Kyrill. Der Orkan beschleunigte das Nachdenken. Und es kam der Borkenkäfer, der anhaltend für einen Fichten-Kahlschlag sorgt: „Der Klimawandel ist da - die Trockenperioden werden länger, die Temperaturen höher: Die geschwächte Fichte bietet eine prima Angriffsfläche für den Borkenkäfer“, sagt Gilsbach, „eines nicht allzu fernen Tages wird es bei uns keine Fichten mehr geben.“

Elmar Gilsbach hat im Gebiet Gut Vorwald klimaresistente Baumarten wie Küstentanne und Douglasie angepflanzt.
Elmar Gilsbach hat im Gebiet Gut Vorwald klimaresistente Baumarten wie Küstentanne und Douglasie angepflanzt. © FUNKE Foto Services | Jakob Studnar

Sagt’s und setzt noch einen drauf: „Als nächstes verabschiedet sich die Buche.“ Gilsbach zeigt kopfschüttelnd auf eine Baumreihe, stellvertretend für die „schweren Schälschäden“, die die frei laufenden Wittgensteiner Wisente verursacht haben. „Dass es bald keine Buchen mehr geben wird, hat aber mehr damit zu tun, dass sie sich nicht mehr ausreichend vor intensiver Sonneneinstrahlung schützen können.“

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Was tun? Für Elmar Gilsbach war klar, dass nach Kyrill eine Waldbewirtschaftung im Sauerland nur weiter gehen konnte, wenn „alte Zöpfe abgeschnitten“ werden, wenn Mischwälder die Fichten-Monokultur ablösen. Also setzte er sich mit Blick auf das Saatgut mit Forstgenbanken in Verbindung und zieht seitdem unterschiedliche fremdländische, robuste, klimaresistente Laub- und Nadelbaumarten in seiner Baumschule an, verkauft Setzlinge mit großen Wurzelballen unter anderem an Waldbauern und Kommunen oder bringt sie in seine Waldböden ein: zum Beispiel Küstentanne, Douglasie, Europäische Lärche oder Trauben-, Stiel - und Roteiche.

40 Jahre von der Pflanzung bis zur Ernte

Elmar Gilsbach fährt mit seinem Pick-up ein Stück weiter. „Auch wenn derzeit kaum gebaut wird: Überall wird Holz gesucht“, sinniert er, „wenn jetzt schon die Holzpreise so hoch wie nie sind, wie sollen die erst werden, wenn irgendwann die Baukonjunktur angekurbelt wird?“ fragt er und spricht von einer Verpflichtung für Waldbauern, den Rohstoff Holz zu liefern.

In Elmar Gilsbachs Wäldern hat die Fichten-Monokultur ein Ende.
In Elmar Gilsbachs Wäldern hat die Fichten-Monokultur ein Ende. © FUNKE Foto Services | Jakob Studnar

Da macht es sich gut, wenn Nadelbäume wie die Douglasie und die Küstentanne hochproduktiv sind. Mit ihren 40 Jahren von der Pflanzung bis zur Ernte bräuchten sie nur halb so lange wie die Fichte, sagt Gilsbach. Und könnten sich zudem gut als Mischbaumart integrieren und dank ihres intensiveren Wurzelwerks besser Trockenheit und Sturm trotzen.

Eine Lebensaufgabe gefunden

Gilsbach hat die Aufforstung mit klimaresistenten Baumarten zu seiner Lebensaufgabe gemacht. Er führt zusammen mit Ehefrau Corinne den Betrieb, der einmal vom Sohn übernommen werden soll. „Mein Mann ist ein Tüftler“, sagt die Firmenchefin, „er denkt immer darüber nach, was man noch besser machen kann.“

Zum Beispiel bei der Anzucht. Seine Forstpflanzen zieht Elmar Gilsbach mit ‚großen, gut durchwurzelten Ballen‘ in „Quick-Pot-Containern“ an. Zur Erklärung vergleicht er den Wurzelballen mit einem Akku. Wasser könne über einen längeren Zeitraum gespeichert und so die Pflanze kontinuierlich versorgt werden. „Diejenigen, die anfangs mich und meine ,Töpfchen‘ belächelt haben, kaufen sie jetzt bei mir“, sagt der kreative Kopf, der sich auch über Wildverbiss Gedanken gemacht hat.

Also zeigt er ein Gefäß, in das er eine Douglasie mit zwei Blaufichten gepflanzt hat. Er sagt: „Der Bock meidet Blaufichten. Er will sich nicht den Kopf blutig machen.“ Die Methode hat sich Gilsbach als „Vorwälder Forstpflanzenschutzpaket“ patentieren lassen.

Die Setzlinge werden in Pflanz-Containern angezogen.
Die Setzlinge werden in Pflanz-Containern angezogen. © FUNKE Foto Services | Jakob Studnar

Der 71-Jährige steht jetzt mit Blick auf seine terrassenförmig angeordnete Baumschule in der Ferne („jeder Baum bei uns ist aus Eigenproduktion“) an einer Douglasie und zerreibt einige Nadeln. Er beschreibt so ein Erkennungsmerkmal des Nadelgewächses: „Es duftet nach Zitrone.“ Nicht zu vergessen: der gleichmäßige Wuchs.

Sieht sich Elmar Gilsbach als Vorreiter einer klimaresistenten Forstwirtschaft? „Was heißt Vorreiter?“, fragt der Oberkirchener und betont: „Ich kenne keinen Betrieb, der so viele fremdländische Baumarten gezogen hat.“ Und ergänzt: „Ohne Kyrill hätten wir vielleicht später angefangen. Aber es hilft nichts - wir müssen uns anpassen.“