Bad Berleburg. Mieter und Nachbarn haben es satt. Trotz Eigentümerwechsel passiert nichts. Wo die Suche nach Verantwortlichen hinführt.

Schreckliche Zustände: Das Berliner Viertel kommt nicht aus den Schlagzeilen heraus. Über die Weihnachtsfeiertage und den Jahreswechsel versinken die Mietshäuser in Bad Berleburg im Müll. Im Hausmüll und dem Sperrmüll der Wohnungsrenovierungen. Der türmt sich auf den Parkplätzen vor den Garagen in der Brandenburger Straße und auf den Gehwegen entlang der Berliner Straße. „Das geht seit Wochen so“, berichtet ein Bewohner der Berliner Straße, der seinen Namen nicht nennen will. Er legt zwei Säcke mit Hausmüll auf einen großen Haufen: „Was wollen wir machen, wir können den Müll doch nicht in der Wohnung lassen?“

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Im Grunde nichts Neues: Seit Monaten müssen die Mieter in den über 100 Wohnungen mit Einschränkungen leben. Müllberge, immer wieder ausfallende Heizungs- und Warmwasserversorgung oder auch fehlender Winterdienst und mangelhafte Pflege der Grünflächen gehören hier zum Alltag. Auch nach dem Besitzerwechsel hat sich daran nichts geändert.

Immobilienbesitzer nicht erreichbar

Nach Informationen dieser Zeitung sollen Viktor und Jacob Nowakowski die neuen Eigentümer sein. Jakob Nowakowski aus Dautphetal hatte die Bewohner mit Datum vom 27. November angeschrieben und den Eigentümerwechsel verkündet. Eine Telefonnummer, die gegenüber den Mietern angegeben worden ist, führt bei der Nachfrage der Redaktion am 28. Dezember zunächst einmal ins Nichts: Anrufer werden gebeten aufs Band zu sprechen, bekommen aber nur zu hören, dass Aufzeichnungen derzeit nicht möglich sind. Die Telefonnummer gehört nach Internetrecherche zu zwei möglichen Firmen: Zur Jakob & Viktor Nowakowski J & V Invest GbR bzw. zur Lilli Property Group GmbH & Co. KG. mit Sitz in Lahntal.

Das wirkt auch auf die Nachbarn. Vor allem an Weihnachten, wenn Menschen zu Besuch kommen. Was kriegen die den für einen Eindruck?
Bernd Weide

Aufschlussreicher sind die Gespräche mit Bad Berleburgern: Bernd Weide ist SPD-Stadtverordneter für diesen Wahlbezirk und zugleich auch Anwohner: „Der neue Eigentümer ist greifbar, das ist mehr als vorher. Und ich habe auch gedacht, dass die Situation jetzt besser wird“, sagt Weide. Doch als er vor Weihnachten an den Mietshäusern vorbeikommt, sieht er wieder riesige Müllberge. „Ich weiß, dass im Hochhaus in der Brandenburger gearbeitet wird und dass Wohnungen entrümpelt werden“, sagt Weide. Für den Sperrmüll auf dem Privatgrundstück kann er mit Mühe Verständnis aufbringen. Doch das hat seine Grenzen, beim Blick auf die Gehwege an der Berliner Straße direkt oberhalb der vier Mietshäuser türmt sich der Müll bis auf den Gehweg und darin befinden sich auch Essensreste.

Verstöße gegen die Entsorgungspflicht verfolgen

Weide greift zum Telefonhörer und ruft im Bürgerbüro der Stadt Bad Berleburg an. Dort habe er nur gehört, dass man dem neuen Besitzer doch eine Chance geben solle. Für Weide zu viel: „Da hört mein Verständnis auf. Denn das ist öffentlicher Raum!“ Der Stadtverordnete fragt offen: „Welche Chance bekomme ich?“ Und er kritisiert die gesetzten Prioritäten: Er selbst sei von der Stadt erst kürzlich angeschrieben worden, weil die Bepflanzung auf dem Grab seiner Schwiegermutter zu hoch sei. Solche Konsequenz wünscht sich der Kommunalpolitiker nun auch bei Verstößen gegen die Entsorgungspflicht beim Müll. Weide befürchtet nicht zum ersten Mal, dass sich die Situation rund um die Häuser negativ auswirkt: „Das wirkt auch auf die Nachbarn. Vor allem an Weihnachten, wenn Menschen zu Besuch kommen. Was kriegen die den für einen Eindruck?“, fragt Weide.

Seit Wochen türmen sich Hausmüll und Sperrmüll an den Mietshäusern in der Berliner Straße und der Brandenburger Straße in Bad Berleburg. Mieter und Nachbarn beschweren sich, aber es passiert nichts.
Seit Wochen türmen sich Hausmüll und Sperrmüll an den Mietshäusern in der Berliner Straße und der Brandenburger Straße in Bad Berleburg. Mieter und Nachbarn beschweren sich, aber es passiert nichts. © Berleburg | Lars-Peter Dickel

Wenn ich drei Mal den Schnee nicht räume, kommt sofort jemand vom Ordnungsamt. Aber wo sind die in diesem Fall?
Ulla Belz

„Für die Nachbarn ist das eine Katastrophe“, macht auch Bad Berleburgs Ortsvorsteherin Ulla Belz deutlich. Die CDU-Politikerin kennt das Problem ebenfalls: „Das ist ein Zustand, bei dem mir die Worte fehlen.“ Belz kennt die Müllsituation auch aus den jährlichen Aufräumaktionen der Bevölkerung: „Ich bin seit Jahren mit der Stadt im Gespräch, weil der Müll häufig den Bahndamm heruntergeworfen wird. Da musste ein Kleinlaster geholt werden, weil die Säcke so voll waren, dass sie nicht mehr zu schleppen waren“, berichtet Belz. Und bei der Frage nach der Verantwortung stößt sie ins gleiche Horn wie Bernd Weide: „Wenn ich dreimal den Schnee nicht räume, kommt sofort jemand vom Ordnungsamt. Aber wo sind die in diesem Fall?“ Für Belz ist der Fall klar und der Immobilienbesitzer steht in der Pflicht: „Ich sage das klar heraus, es gibt Gesetze, die jeder befolgen muss!“ Von der Stadt Bad Berleburg wünscht sich die Ortsvorsteherin mit Blick auf die Mieter und auch die Nachbarschaft, dass „diese alles tut, damit der Müll geräumt wird“.

Die E-Mail-Anfrage der Stadt Bad Berleburg verläuft vorerst im Sand. Die Pressestelle der Verwaltung ist erst im Januar wieder besetzt. Dass dort beim Ordnungsamt und dem Bürgerbüro allerdings zwischen den Weihnachten und Neujahr niemand greifbar ist, dafür hat Belz Verständnis.

Auch Essensreste liegen am Gehweg bei den Mietshäusern in der Berliner Straße in Bad Berleburg.
Auch Essensreste liegen am Gehweg bei den Mietshäusern in der Berliner Straße in Bad Berleburg. © WP | Lars-Peter Dickel