Bad Berleburg. „Man sieht Tiere, die man nicht sehen möchte“, so ein Mieter der Mehrfamilienhäuser. Und das ist nicht das Einzige, was ihm sauer aufstößt.
Mit der Nachricht hat Thorsten Freiberger nicht gerechnet: Schon wieder droht den Mietern in der Berliner Straße 47/49 in Bad Berleburg, dass sie weder warmes Wasser noch Heizung haben werden, da der Eigentümer die Rechnungen des Energieversorgers nicht bezahlt. Ein wiederkehrendes Problem, wie die Redaktion erst kürzlich berichtet hatte.
Erst vor wenigen Wochen konnten die Mieter der Wohnungen in der Berliner Straße 47/49 wieder aufatmen. Nachdem die Heizungsanlage in dem Wohnblock acht Wochen lang ausfiel, hatte die Stadt Bad Berleburg sich darum gekümmert, dass wieder warmes Wasser fließt. Anders als im Block Nr. 61 war keine unbezahlte Stromrechnung des Immobilienbesitzers – der Immobiliengesellschaft Plan B Capital GmbH aus Limburg an der Lahn – das Problem, sondern ein Defekt an der Anlage. Der wurde behoben. Das warme Wasser fließt – noch.
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Denn am Montag, 17. Juli, fand Freiberger einen schockierenden Aushang. „Da der Eigentümer seiner Zahlungsverpflichtungen nicht nachgekommen ist, sehen wir uns bedauerlicherweise gezwungen, die Wärmeversorgung und damit auch die Warmwasserbereitung der oben benannten Liegenschaft ab dem 31. Juli 2023 einzustellen“, teilt das zuständige Unternehmen Getec mit. Für Thorsten Freiberger und die übrigen Mieter ein Schlag in die Magengrube. „Wir wissen einfach nicht mehr, was wir noch machen sollen“, sagt Freiberger. Der Eigentümer sei schon lange nicht mehr telefonisch erreichbar.
Offene Forderung im sechsstelligen Bereich
Wie schwierig die Kontaktaufnahme mit der Immobiliengesellschaft ist, weiß auch Stefan Hofmeister, Pressesprecher der G+E Getec Holding GmbH. Bereits seit 2020 bleiben die Zahlungen der Plan B Privat Capital GmbH aus. „Aus diesem Grund sieht sich Getec gezwungen, die Wärmeversorgung inklusive der Warmwasseraufbereitung zum 31. Juli 2023 einzustellen.“ Die offenen Forderungen belaufen sich mittlerweile auf einen hohen sechsstelligen Betrag. „Wir haben in enger Abstimmung mit der Stadt Bad Berleburg, die ähnlichen Herausforderungen ausgesetzt ist, das weitere Vorgehen besprochen. Getec hat mehrfach intensiv versucht, mit dem Eigentümer eine Lösung zu finden. Leider blieben unsere Bemühungen erfolglos.“ Die Einstellung der Wärmeversorgung sei äußerst betrüblich, „aber wir sind gezwungen diese Maßnahmen zu ergreifen“, so Hofmeister. „Wir sind weiterhin offen für eine Lösung sind. Wir hoffen, dass die Plan B Privat Capital GmbH ihre Zahlungsverpflichtungen zeitnah erfüllen wird, um eine Wiederaufnahme der Wärmeversorgung zu ermöglichen.“
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Damit dies so schnell wie möglich geschieht, macht sich die Stadt Bad Berleburg weiterhin für die Bewohner des Wohnblocks stark. „Wir nehmen die Sorgen der Bewohner sehr ernst. Deshalb befinden wir uns weiterhin im regelmäßigen Austausch sowohl mit dem Eigentümer, als auch mit dem Wärmeversorger, um gemeinsam eine mittel- und langfristige Lösung zu finden“, teilt die Abteilung Sicherheit und Ordnung auf Nachfrage der Redaktion mit. „Dabei stehen derzeit verschiedene Ansätze im Raum, die wir im Sinne der Bewohnerinnen und Bewohner gemeinsam abwägen“, so die Abteilung Sicherheit und Ordnung im Rathaus.
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Dabei ist das Problem mit der Heizung längst nicht das einzige Problem, mit dem die Mieter der Mehrfamilienhäuser zu kämpfen haben. „Was mir sauer aufstößt ist, dass sich niemand um die Grünflächen kümmert“, so Freiberger. „Seitdem dieser Vermieter da ist, passiert hier gar nichts mehr“, ärgert er sich. Ein Zustand der auch Andrei Puscasu verärgert. „Seit Wochen wurde das Gras nicht mehr gemäht, in die Anlagen wird kein Cent investiert.“ Vier Jahre war er als Hausmeister für die vier Häuser in der Berliner Straße und zwei weitere in der Brandenburger Straße zuständig. „Ich hatte einen Arbeitsvertrag, aber seit vier Monaten habe ich kein Geld bekommen“, berichtet er. Er selbst hatte die Arbeiten zuvor mit seinen eigenen Geräten gemacht. Damit ist nun Schluss. „Ich habe alle meine Maschinen verkauft. Ich mache hier nichts mehr“, so Puscasu, der selbst in einem der Häuser wohnt. „Ich wünsche mir, dass hier endlich etwas passiert, damit die Anlage nicht weiter verkommt.“
Müllberge sind seit Monaten Thema
Eine Anlage, die seit Monaten unter anderem aufgrund des Mülls in der Diskussion steht. „Hier unten im ersten Block geht es noch“, berichtet Freiberger. „Je weiter man hinaufgeht, desto schlimmer wird es.“ Gerade im Sommer eine unschöne Situation. „Dann sieht man dort Tiere, die man eigentlich nicht sehen möchte.“ Eine ausrangierte Matratze mitten auf dem Bürgersteig, Berge an Altpapier, leere Farbbehälter und weiteren Abfall, der bereits seit Tagen dort liegt: Ein Problem, dass Informationen zufolge beim Eigentümer liegt. Denn: Mit der Müllentsorgung sei ein Unternehmen beauftragt worden, das allerdings auf die Begleichung offener Rechnungen warte.
Damit die Situation nicht aus dem Ruder läuft, kontrollieren Mitarbeitender der Stadt die betroffenen Stellen regelmäßig. „Gehen darüber hinaus Meldungen von Anwohnenden ein, so kontrollieren wir die betroffenen Stellen gesondert. Im Bedarfsfall werden dann Maßnahmen ergriffen und die Abfuhr wird entsprechend beauftragt“, berichtet die Abteilung Sicherheit und Ordnung der Stadt Bad Berleburg. „Die Kosten für die Abfuhr werden dem Eigentümer in Rechnung gestellt. Der Eigentümer arbeitet derzeit an einer Lösungsmöglichkeit, die dann mit uns abgestimmt werden soll.“
Hoffen auf eine Lösung
Eine Lösung, die sich auch die Mieter der betroffenen Wohnhauskomplexe und die Anwohner des Viertels wünschen. „Es ist keinem Viertel zuträglich, wenn es eine Art Brennpunkt gibt und das ist halt eben das, was entstehen kann, wenn eine Vermüllung stattfindet“, sagt Rouven Soyka, Vorsitzender des Bad Berleburger SPD-Ortsvereins und Anlieger der Berliner Straße. Grundsätzlich sei das Berliner Viertel ein guter Wohnort. „Wir haben hier gepflegte Reihenhäuser und freundliche Menschen – das ist hier alles super“, sagt er. „Man grüßt sich, es ist ruhig.“ Das einzige Problem: „Wenn man hinten die Runde am Kindergarten vorbeifährt, um beispielsweise Altglas wegzubringen, merkt man, dass es dort leider zunehmend verwahrlost“, sagt Soyka. „Leider fühlt sich niemand hier zuständig, für ein bisschen Ordnung zu sorgen.“
Ein Problem, dass auch Bernd Weide, SPD-Stadtverordneter im Rat und Anlieger in der Bernauer Straße, kennt. „Hier muss dringend etwas passieren – nicht nur im Hinblick auf die Müllentsorgung. Die Häuser müssten dringend saniert werden. Sind wir doch mal ganz ehrlich: Wer unter den vorhandenen Bedingungen hier in diese Häuser einzieht, der macht es nur, weil er keine Alternative hat. “ Er selbst lebt gern in dem Viertel – in sehr lebendiges Viertel mit Menschen aller Generationen. „Ich habe hier schon viele nette Menschen kennengelernt.“ Dennoch: „So, wie es jetzt ist, kann es nicht bleiben.“
Die Plan B Capital GmbH konnte die Redaktion auch nach mehreren Versuchen telefonisch nicht erreichen, um sie mit den Vorwürfen zu konfrontieren.