Birkefehl. Der 28-jährige Florian Dreisbach Birkefehl hat sich selbstständig gemacht und verrät, warum er sich nichts anderes als Metzger vorstellen kann.
„Ich will nichts anderes und ich könnte auch nichts anderes machen“, sagt der 28-jährige Metzgermeister Florian Dreisbach aus Birkefehl. Er hat das Handwerk nicht nur von der Pike auf gelernt er war immer dabei, wenn sein Vater geschlachtet und Wurst gemacht hat. „Ich bin damit groß geworden.“ Deswegen kennt der junge Birkefehler auch noch die traditionelle Arbeit eines Hausschlachters, die selbst im ländlichen Wittgenstein fast in Vergessenheit geraten ist.
Sein Vater hatte mit der Hofmetzgerei Dreisbach noch bis zu 120 Schweine im Jahr geschlachtet. Das klingt im Vergleich zu großen Schlachtbetrieben heute nach wenig, ist aber viel, wenn man bedenkt, dass Hausschlachtung ein Saisongeschäft für den späten Herbst und Winter war – für die kalten Monate. Und ein Schwein zu schlachten war Arbeit für zwei Tage. Übrigens nicht nur für den Metzger, sondern für fast alle im Haushalt.
Der Metzger auf Hausbesuch
„Mein Vater hat seine Messer und Geräte eingepackt und ist zu den Kunden auf den Hof gefahren“, erinnert sich der Sohn. Dann musste das Wasser schon gekocht werden, bevor das Schwein mit einem Bolzenschuss betäubt wurde. Direkt danach wurde das Tier mit dem Messerstich gezielt getötet und es musste entbluten. „Die Hausfrauen mussten das Blut in Wannen auffangen und mit der Steilseite des Löffels kräftig rühren, damit es nicht gerinnt.“ Das Blut war und ist später wichtige Zutat für Blutwurst.
Anschließend wird das Schwein im Blechtrog gebrüht und die Borsten mit Kratzmessern und Flämmen entfernt. Ist das erledigt werden die Tiere meist auf einer schräg gestellten Leiter hochgezogen und ausgenommen. Innereien wie Leber, Lunge, Herz und Därme werden für die späterer Weiterverarbeitung entnommen. Anschließend wird das Tier gespalten. Und dann war der erste Arbeitstag für den Metzger vorbei. Das Tier solle erst einmal auskühlen, bevor am zweiten Tag das Zerlegen und das Wurstkochen folgen. Aus den Edelstücken, die meist am Rücken und den Hinterbeinen liegen, werden Filets, Braten und Rouladenfleisch. Die andere Stücke sind wichtig für die verschiedenen Wurstsorten, Rote Wurst, Bratwurst, Schwartemagen, Leber- und Blutwurst.
Rückblick: Früher hatten viele Haushalte noch eigene Schweine
Im Vergleich zu früher hat sich in zweierlei Hinsicht viel geändert: „Früher hatten viele Haushalte in Wittgenstein ein oder zwei Schweine. Die wurden dann mit Küchenabfällen gefüttert, oder es wurden ‘Saudoffeln’ gekocht und mit Mehl verfüttert“, weiß Florian Dreisbach. Und geschlachtet wurde im Winter draußen. In der Waschküche standen dann meistens schon die Wurstkessel bereit.
Das hat sich massiv verändert. Aber auch der 28-Jährige hat noch eine Handvoll Kunden für Hausschlachtungen. Die meisten aber kommen mit ihren Tieren heute zu ihm in die Birkefehler Straße. „Das hat sich einfach so entwickelt, weil wir einfach besser ausgestattet sind“, verweist der Metzgermeister auf Hygiene-Standards und spezielle Lehrgänge zum Schlachten, also dem Töten der Tiere nach den aktuellen Tierschutzgesetzen.
Etwas anderes aber macht dem Metzger aus Leidenschaft mehr Sorgen: „Damals wurde generell mehr von den Tiere verwertet“, weiß Dreisbach. Die Därme wurden aufwendig gesäubert, um Wurst darin abzufüllen. Auch manches Stück Fleisch kommt heute in die Wurst, dass früher eigens zubereitet wurde. Und die Häute wurden vermarktet. „Die Bullenhaut zum Beispiel war wichtig für den Hausmetzger, die konnte er für 150 Mark verkaufen. Heute muss ich die Felle teuer entsorgen, weil sie keiner haben will.“ Die Knochen sind ein Problem, obwohl man daraus kräftige Brühen machen kann und sie anschließend noch den Hühnern zum Picken in den Pferch werfen kann.
Bedenkliche Entwicklung
Für den Birkefehler ist das eine bedenkliche Entwicklung. Das liegt auch daran, weil er mit seiner Schwester Lisa Dreisbach selbst noch Landwirtschaft betreibt und die Rinder, die er schlachtet und verkauft, selbst züchtet. „Wir haben so 35 bis 40 Limousin-Rinder“, berichtet er. Tier zu töten, ohne möglichst viel davon zu verwerten, findet er falsch. Einen Grund vermutet Florian Dreisbach darin, dass immer mehr Menschen immer weniger selbst kochen oder zubereiten können. Ein Rinderbraten sei eben nicht schnell gemacht.
Aber auch den umgekehrten Trend nimmt der 28-Jährige wahr: Es gibt immer mehr Menschen, die bereit sind, für gute, regionale Lebensmittel mehr Geld auszugeben und beispielsweise weniger aber dafür qualitativ hochwertigeres Fleisch zu kaufen. Allerdings ist Metzger sein auch ein Saisongeschäft. Nicht nur weil nach wie vor die Herbst- und Wintermonate die wichtigsten Schlachtmonate sind, sondern weil gerade zu den Feiertagen sehr viel Nachfrage besteht. Im Sommer ist es dann klar Wetterabhängig: „Scheint die Sonne, wollen alle Bratwurst und Grillfleisch haben.“
Saisongeschäft mit Wurst und Fleisch
Mit diesen Schwankungen muss der junge selbstständige Handwerker leben: „Man bekommt ein Gefühl dafür, wie viel man vorhalten muss. Und Rind als Frischfleisch gibt es bei uns nur auf Vorbestellung“, sagt er. Dreisbach verarbeitet seine Rinder in der letzten September und der ersten Novemberwoche und schnürt 15 Kilo schwere Pakete, in denen sich Braten aber auch Suppenfleisch befindet.
Das Geschäft mit Wurst und Fleisch läuft so gut, dass er jetzt noch familiäre Hilfe braucht und seine Mutter in der Hofmetzgerei mitarbeitet. Florian Dreisbach bereut seinen Schritt ins Handwerk nicht. „In der Schule wollte man mir das ausreden und hat geraten, geh doch in die Industrie. Aber ich wollte nie etwas anderes machen.“
Die Serie: Back to the Roots
In unserer Sommerserie „Back to the Roots“ zeigen wir Ihnen Handwerke, Techniken und Methoden, mit denen man viele Dinge – wie früher – selbst machen kann.
Manche Dinge sind althergebracht, andere moderner. Vielleicht finden Sie dabei etwas, das Sie selbst demnächst mal ausprobieren wollen. Einige Folgen sind bereits erschienen:
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